Staufachklappe als Demonstrator für Gewichtseinsparung mit Thermoplast-Sandwich-Technologie

Staufachklappe als Demonstrator für Gewichtseinsparung mit Thermoplast-Sandwich-Technologie
Bild links: © Fraunhofer IMWS und Bild rechts: © Daimler Truck AG
von 21. Februar 2024 0 Kommentare

Eine Staufachklappe für einen Lkw-Innenraum in Sandwich-Bauweise haben die Daimler Truck AG, die ElringKlinger AG, die ENGEL Austria GmbH, die ThermHex Waben GmbH, die Edevis GmbH und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in einem jetzt abgeschlossenen Projekt gefertigt. Die aus thermoplastischen Sandwich-Halbzeugen hergestellte Klappe demonstriert die enormen Potenziale zur Gewichtseinsparung mit der Thermoplast-Sandwich-Moulding-Technologie und deren Eignung sowohl für geformte Bauteile als auch für den Einsatz in der Großserie.

 

Der Einsatz von Faserverbundmaterialien und insbesondere die Sandwich-Bauweise bieten für Leichtbau-Anwendungen in Nutzfahrzeugen besonders große Potenziale. Solche Sandwichstrukturen bestehen aus hochsteifen und -festen Deckschichten und einem leichten Kern. Diese Kombination ermöglicht neben hoher Materialeffizienz auch eine sehr hohe gewichtsspezifische Biege- und Beulsteifigkeit. Die Sandwich-Architektur eignet sich deshalb auch für hochbelastbare Strukturbauteile etwa in Flugzeug- und Fahrzeuganwendungen. Sie macht ein Gewichtseinsparungspotenzial von bis zu 70 Prozent gegenüber monolithischen Strukturen möglich, bei einer Belastbarkeit der Bauteile, die (deutlich schwereren) metallischen Bauteilen entspricht oder diese gar übertrifft.

Eine Herausforderung ist bisher, dass sich diese Bauteile kaum in großserientauglichen Fertigungsprozessen herstellen lassen. Hier kann die Verwendung von thermoplastischen Faserverbund-Sandwichhalbzeugen die Lösung sein. Diese lassen sich effizient in kontinuierlichen Verfahren herstellen und in automatisierten Verarbeitungsprozessen zu Bauteilen verarbeiten. Was damit möglich ist, haben die Beteiligten im gemeinsamen Projekt »HyWaSand« gezeigt, das nun erfolgreich abgeschlossen wurde.

Als Demonstrator wurde eine Klappe für ein Staufach in einer Lkw-Kabine hergestellt. »Wir wollten nachweisen, dass die Sandwich-Bauweise mit kontinuierlich hergestellten thermoplastischen Sandwich-Halbzeugen für solche Anwendungen möglich ist. Das ist uns gemeinsam mit unseren Partnern gelungen«, sagt Dr.-Ing. Ralf Schlimper, der das Projekt am Fraunhofer IMWS geleitet hat.

Als besonders wertvoll auf dem Weg dahin erwies sich die am Institut entwickelte Thermoplastic-Sandwich-Moulding-Technologie. Diese basiert auf einem neuartigen Thermoformprozess und wurde gezielt für die vollautomatisierte Fertigung von endlosfaserverstärkten Sandwichbauteilen mit thermoplastischer Matrix in Großserie entwickelt. Dabei werden thermoplastische Sandwichhalbzeuge, bestehend aus einem thermoplastischen Wabenkern und Decklagen aus faserverstärkten thermoplastischen UD-Tape-Laminaten, in einem Infrarot-Ofen aufgeheizt und nach automatisiertem Transfer in das Formgebungswerkzeug 3D-thermogeformt und mittels Spritzgusses funktionalisiert.

»Die TS-Moulding-Technologie hat sich in unserem Projekt als sehr leistungsfähig erwiesen. Wir konnten zeigen, dass damit die effiziente Herstellung von 3D-geformten und funktionalisierten Leichtbauteilen in Sandwichbauweise im Spritzgusstakt möglich ist, also mit Zykluszeiten von etwa einer Minute. Das zeigt die Potenziale für weitere Anwendungsfelder, etwa den Karosseriebereich«, sagt Schlimper.

Die ThermHex Waben GmbH beschäftigte sich im Projekt vorrangig mit der Entwicklung von hybriden Sandwichhalbzeugen mit kleiner Zellweite und funktionalen Polymer- und Metallfolien zur Verbesserung der Oberflächenqualität. Daneben wurde die Neuentwicklung von kontinuierlich gefertigten Sandwichhalbzeugen mit noch geringerem Materialeinsatz vorangetrieben. Im Zusammenspiel mit der dafür notwendigen serientauglichen Anpassung des Herstellungsprozesses konnte so eine weitere Kosten- und Gewichtsreduktion gegenüber den bisherigen eigenen Standardkonfigurationen sowie gegenüber nicht-recyclebaren Materialalternativen aus Verfahren des Reaction Injection Mouldings (RIM) realisiert werden. Auf Halbzeugebene lassen sich so 30 bis 45 Prozent des Gewichts bei gleicher Materialdicke einsparen oder bis zu 22 Prozent des Gewichts bei vergleichbarer mechanischer Performance und größerer Materialdicke. Diese verbesserte Ressourceneffizienz beim Materialeinsatz wirkt sich proportional ebenso positiv auf Materialkosten und CO2-Emissionen aus.

In Versuchsstrukturen konnte im Projekt nachgewiesen werden, dass sich aus thermoplastischen Halbzeugen in Sandwich-Bauweise auch Bauteile mit Class-A-Oberflächen fertigen lassen, die für die Automobilindustrie besondere Bedeutung haben. Auch für Metall-Kunststoff-Hybrid-Sandwichmaterialien wurden im Rahmen von »HyWaSand« Fortschritte erzielt, so gelang beispielsweise das Kaschieren von Versuchsstrukturen mit metallischen Deckschichten innerhalb des TS-Moulding-Prozesses.

»Hier gibt es noch offene Forschungsfragen, an denen wir weiter arbeiten wollen. Umso wertvoller ist, dass wir im Projekt große Fortschritte bei der Bereitstellung von virtuellen Engineering-Methoden für die Prozess- und Bauteilentwicklung erzielt und auch Versuchswerkzeuge für verschiedene gängige Designmerkmale der Bauteile entwickelt und erprobt haben. Auch die neuen Möglichkeiten zur Inline-Inspektion sowie für die passenden zerstörungsfreien Prüfmethoden zur Absicherung der Bauteilqualität versetzen uns in die Lage, die Technologie zügig noch näher an die Anwendung in verschiedenen kosten- und gewichtssensitiven Bereichen zu bringen«, sagt Schlimper.

»Wir untersuchen aktuell die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Kundenentwicklungsprojekte, um so den Eintritt in neue Marktsegmente zu ermöglichen«, sagt Matthias Biegerl, der das Projekt bei ElringKlinger geleitet hat. »Das Potenzial ist groß. Durch eine Fertigung der Bauteile in Großserie können kosteneffiziente Leichtbaustrukturen für Interieur- und Karosseriebauteile hergestellt werden.«

Der Demonstrator wird vom 5.-7. März 2024 auf der Kunststoff-Messe JEC World (Stand 6P108) in Paris zu sehen sein, auf den Ständen der ElringKlinger AG (Halle 6, K105), ENGEL Austria GmbH (Halle 5, L106) und ThermHex Waben GmbH (Halle 6, P108). Zudem stellen die Projektpartner das Bauteil und die Technologie bei der Composite Sandwich Conference am 24./25. April 2024 in Halle (Saale) vor.

         

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