Antibiotika-Verordnungen in Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich niedrig
Die Antibiotika-Verordnungen in Sachsen-Anhalt sind 2022 wieder leicht gestiegen, nachdem sie seit 2018 stetig gesunken waren. Das zeigt eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Dennoch gehört das Bundesland zu den Ländern mit den wenigsten Verordnungen je 1.000 Versicherte. Einen wichtigen Grund dafür sieht die AOK darin, dass Ärzte Antibiotika-Verschreibungen genauer abwägen. Dabei hilft der CRP-Schnelltest, den die Kasse seit 2018 für Ihre Versicherten bezahlt. Der Test zeigt Ärzten, ob eine Erkrankung von Bakterien verursacht wurde und Antibiotika überhaupt sinnvoll sind.
Im Jahr 2022 wurden in Sachsen-Anhalt insgesamt 680.000 Verordnungen von Antibiotika zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet. Der Abwärtstrend der letzten Jahre ist damit vorerst vorbei – 2020 wurden 610.000 Verordnungen abgerechnet, 2021 waren es 570.000. Dennoch liegen die Zahlen immer noch 11 Prozent unter dem Wert von 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie.
Durch CPR-Schnelltest bei 60 Prozent der Getesteten auf Antibiotika verzichtet
Grundsätzlich steht Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich aber gut da. Nach Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat das Bundesland mit 152 Antibiotika-Verordnungen je 1.000 GKV-Versicherte im Jahr 2022 den niedrigsten Wert.
„Nach der anhaltenden Diskussion um zu hohe Antibiotika-Verordnungen wägen Ärzte noch genauer ab, ob sie diese Mittel verordnen sollten. Nutzen sie für ihre Entscheidung einen CRP-Schnelltest, erhalten sie schnell Klarheit über die Ursache des Infekts. Nur mit ein paar Tropfen Blut erhält der Arzt in wenigen Minuten einen Hinweis, ob ein Infekt bakteriell verursacht ist. Die AOK Sachsen-Anhalt übernimmt für ihre Versicherten seit 2018 die Kosten des Tests“, sagt Kay Nitschke, Leiter ärztliche Versorgung bei der AOK Sachsen-Anhalt.
Rund 105.000 mal wurde der Schnelltest von März 2018 bis zum Ende des 2. Quartals Quartal 2023 von Haus- und Fachärzten bei Versicherten der AOK Sachsen-Anhalt eingesetzt. Im Ergebnis haben die Ärzte bei fast 60 Prozent der Getesteten, also in rund 63.000 Fällen, auf eine Antibiotika-Verordnung verzichtet. Das ist noch mal eine Steigerung zum ersten Jahr der Einführung: Ende 2018 lag der Wert noch bei rund 54 Prozent.
Nach Ansicht der AOK Sachsen-Anhalt verdeutlichen die Zahlen den Nutzen des Schnelltests. „Die Zahlen sprechen eine klare Sprache“, sagt Nitschke. „Das ist ein gutes Ergebnis – aber ist noch viel Luft nach oben. Der Test sollte möglichst noch häufiger eingesetzt werden. Denn rund 105.000 Schnelltests bei im gleichen Zeitraum über 1,4 Millionen Antibiotika-Verordnungen sind noch immer relativ wenig.“
Anteil von Reserveantibiotika sinkt, aber weiterhin zu häufig verordnet
Die AOK appelliert grundsätzlich an alle Ärzte, den CRP-Test häufiger einzusetzen, um auf diese Weise Antibiotika noch umsichtiger zu verschreiben. Denn insbesondere der Anteil der verordneten Reserveantibiotika ist nach wie vor zu hoch. Laut Zahlen des WIdO entfielen 2022 rund 50 Prozent der Antibiotikaverordnungen auf Reserveantibiotika und damit deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt mit 42 Prozent. Der Anteil liegt damit auf ähnlichem Niveau wie in den „Corona-Jahren“ 2020 und 2021.
Reserveantibiotika werden bei Infektionen mit Bakterien eingesetzt, die gegen die gängigen Antibiotika resistent sind. Sie sollten deshalb nur Mittel der zweiten Wahl darstellen. Seit 2013 sinken die Verordnungszahlen. „Trotz des grundsätzlich positiven Trends werden Reserveantibiotika mit einem Anteil von 50 Prozent immer noch zu oft verordnet. Je sorgloser sie verordnet werden, desto resistenter werden Bakterien gegen Antibiotika. Die einstigen Wunderwaffen gegen Infektionskrankheiten werden durch ihren starken Einsatz sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tierhaltung zunehmend stumpfer“, sagt Nitschke. Sie sollten deshalb den Leitlinien entsprechend nur im Bedarfsfall bei schweren bakteriellen Erkrankungen eingesetzt werden.
Neben dem CRP-Schnelltest soll sie auch eine Arbeitshilfe unterstützen, die von der AOK und dem aqua-Institut kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Der QISA-Band „Rationaler Antibiotikaeinsatz“ umfasst insgesamt zwölf Qualitätsindikatoren, mit denen Ärztinnen und Ärzte den rationalen Einsatz von Antibiotika in ihrer Praxis messen und bewerten können.
Hinweis
Laut der Auswertung des WIdO wurden im Jahr 2022 insgesamt 31 Millionen Verordnungen von Antibiotika im Wert von 733 Millionen Euro zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet. Das entspricht fast jeder 25. ambulanten Verordnung in der GKV. Der Anteil der Reserveantibiotika lag mit 42 Prozent weiter auf ähnlichem Niveau wie in den „Corona-Jahren“ 2020 und 2021 und etwa 5 Prozent unter dem Verordnungsanteil von 2019.
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