Ehrung für früheren Kommunalpolitiker

von 6. Mai 2011

Auch in diesem Monat wird im Rahmen des Projekts “Bildung im Vorübergehen” der Bürgerstiftung wieder an den Namensgeber einer Straße erinnert. Diesmal geht es um das verdienstvolle Wirken des Kommunalpolitikers und Oberbürgermeisters der Stadt Halle (Saale), Carl August Wilhelm Bertram. Einen Tag nach seinem 133. Geburtstag werden am 12. Mai um 11 Uhr in der Bertramstraße Zusatzschilder angebracht, die an sein Wirken erinnern sollen. Gespendet wurden die Schilder von Irene Staeves, einer Nachfahrin Bertrams, sowie Ulrike Schwetschke. Der Landschaftsarchitekt Wolfgang Aldag wird kurz zu Leben und Werk Bertrams einführen.

Die Bürgerstiftung will auf diese Weise historische Straßennahmen wieder in den Mittelpunkt rücken. Schließlich sind viele Straßen in Halle nach Persönlichkeiten benannt, die wichtig in der Stadtgeschichte waren, die man heute jedoch kaum noch kennt. Schilderpate kann jeder werden, monatlich wird eine Straße mit Zusatzschildern versehen.

Am 11. Mai 1788 wurde der verdienstvolle Kommunalpolitiker Carl August Wilhelm Bertram in Halle in dem stattlichen Haus Kleine Ulrichstraße Nr. 1010 (heute Nr. 17) als Sohn des Mediziners August Wilhelm Bertram geboren. Sein Vater hatte Anfang 1788 ein Ordinariat an der Medizinischen Fakultät erhalten und war vom Rat der Stadt zum Stadtphysikus berufen worden, starb allerdings unerwartet noch vor der Geburt seines Sohnes. Der begnadete Junge besuchte das Stadtgymnasium und nahm später das Studium der Rechte an der Halleschen Universität auf. Nach der Einnahme der Stadt Halle durch napoleonische Truppen und die Schließung der Universität begab sich Bertram nach Weimar, wo er im Bertuchschen Institut arbeitete. Im September 1808 kehrte er nach Halle zurück und trat als Beamter in die Unterpräfektur Halle des Königreichs Westfalen ein. Dies war der Beginn einer Karriere, die ihn schließlich an die Spitze der städtischen Verwaltung führen sollte. Bertram gehörte zu einem Kreis hallescher Patrioten und musste deshalb eine mehrwöchige Untersuchungshaft erdulden. Trotzdem wurde er am 20. März 1813 zum Maire des Kantons Dieskau ernannt und blieb auch in dieser Stellung als Kreisamtmann, als Halle und der Saalkreis nach dem Untergang des Königreichs Westfalen wieder zu Preußen kamen. Im Jahre 1817 erfolgte die Eingemeindung Glauchas und des Neumarktes nach Halle, so dass für die jetzige „Gesamtstadt“ analog der Städteordnung von 1808 ein neuer Magistrat gebildet werden musste. Der Gemeinderat wählte Bertram am 23. Juni 1818 zum besoldeten Stadtrat, und nur wenige Tage später nahm er seine Tätigkeit im Magistratskollegium auf, an dessen Spitze Oberbürgermeister Streiber stand. Er verwaltete hier die schwierigen Ressorts des Militär- und Kommunalwesens und wurde Ende des Jahres zum Direktor der eben eingerichteten Aichungskommission ernannt.

Große Verdienste erwarb sich Bertram als Dirigent und Rendant des städtischen Hospitals St. Cyriaci in Glaucha, zu dem er am 1. März 1825 gewählt worden war. Mit großer Energie und Tatkraft leitete er den Neubau des Hospitals, für den am 26. März 1825 die Grundsteinlegung stattfand, und der schon am 1. Oktober bezogen werden konnte. Stadtrat Bertram entwarf ein neues Regulativ für das Hospital, das über 30 ganze und zehn halbe Freistellen sowie zehn Kaufstellen verfügte. Nachdem 1831 endlich eine neue revidierte Städteordnung für Preußen Gültigkeit erlangt hatte und im Oktober dieses Jahres die ersten Stadtverordnetenwahlen stattgefunden hatten, wählte die Stadtverordnetenversammlung Bertram erneut zum Stadtrat. Seit dem 24. August 1832 fungierte er als erster Stadtrat, verwaltete nach der Pensionierung von Oberbürgermeister Mellin dessen Amt von August bis Dezember 1837, um dann unter dem neuen Oberbürgermeister Schröner die Bürgermeisterstelle zu übernehmen. Als Schröner im Herbst 1842 nach Berlin ging, wählten die Stadtverordneten Bertram am 27. November zum neuen Oberbürgermeister, eine Wahl, die vom preußischen König erst im Februar 1843 gebilligt wurde. In den folgenden zwölf Jahren musste Bertram eine Fülle kompliziertester Aufgaben anpacken, entwickelte sich Halle doch, eben zur Eisenbahnstation geworden, rasch zum Mittelpunkt eines Wirtschaftsbezirks, in dem die Braunkohle und ihre Verwertung zunehmend an Bedeutung gewann.

Maschinenfabriken, Zuckersiedereien und andere Unternehmen entstanden, die vielen Arbeitskräften Lohn und Arbeit versprachen. Dieser Prozess vollzog sich krisenhaft und führte schon damals zu sozialen Auseinandersetzungen, die in der Revolution 1848/49 manifest wurden. Bertram erkannte die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung und förderte sie tatkräftig. So war er neben Ludwig Wucherer entscheidend an der Gründung der „Handelskammer der Stadt Halle und der Saaleörter“ im Oktober 1844 beteiligt. Bertram erhielt das allgemeine Vertrauen für eine zweite zwölfjährige Amtsperiode, die am 7. Februar 1855 begann. Wegen rasch zunehmender Kränklichkeit musste er jedoch schon am 19. September 1855 seine Stelle niederlegen. Er lebte nun zurückgezogen in seinem Geburtshaus, betreut von seiner Frau Sophie (geb. Schwetschke), die ihm vier Kinder geboren hatte.
Oberbürgermeister Bertram starb am 11. August 1868 und fand auf dem Stadtgottesacker seine letzte Ruhestätte.

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