100 Demonstranten an der Flamme der Revolution

von 2. Februar 2016

Es ist ruhig, es ist friedlich an diesem 1. Februar 2016. Ein Plakat ist zu sehen: „Nein zur NATO, nein zum Krieg“. Etwas mehr als 100 Menschen stehen da auf dem Platz, sagt eine junge Polizistin auf Nachfrage. Nach dem Schreiherbst auf dem Marktplatz, wo Gegendemonstranten ein Wettrüsten der Tontechnik ausgelöst hatten, herrscht diesmal gähnende Leere auf der Gegenseite. Leipzig ist, wie eine Aufruf bei Facebook zeigt, zum Hauptkampfplatz für „No Halgida“ geworden, denn dort soll die totale Niederlage von Legida herbeigeführt werden, nachdem diese zuletzt auch durch den Schulterschluss mit Pegida in Dresden Stärke demonstriert und zahlreiche Menschen angezogen hatte. Mit welcher Heftigkeit die Auseinandersetzungen in Halles Nachbarstadt seit Wochen geführt werden, zeigte vor allem in Connewitz, wo erst „Linke“, zuletzt „Rechte“ randalierten. Auch die „Brigade Halle“, die seit Herbst 2015 wiederholt bei der Montagsdemo in Halle auftauchte und sich als „Bürgerwehr“ versteht, soll bei den Krawallen in Leipzig dabei gesehen sein.

Die Redner und Rednerinnen dieses Abends sprechen zu den immer wieder behandelten Themen Rolle des Staates und der Medien, Betrug an den Bürgern und Einwanderungspolitik. Donatus betont, die Leute mögen endlich die Fernseher abschalten und sich den Einflüssen des Systems, das sich grundlegend ändern muss, entziehen. Liebich reitet das Flüchtlingsthema am heftigsten, unter anderem indem er erklärt, dass der Zuzug der Fremden inzwischen 50 Milliarden Euro kosten würde und damit erheblich mehr, als bisher behauptet. Aus aktuellem Anlass gibt es schließlich drei Redebeiträge zu den Wahlen. Geppert, Donatus und Liebich empfehlen unisono, zur Wahl zu gehen. Allerdings bringt jeder von ihnen eine andere Begründung dafür. Geppert sagt, dass jeder Nichtwähler den anderen das Feld überlässt. In Hinblick auf die Wahl der AfD gibt er zu Bedenken, dass deren Wahl die (linke) Opposition schwächt und damit die CDU stärkt, so dass sich nichts ändert. Den Wunsch, den etablierten Parteien, insbesondere der Regierung, die Stimme entziehen zu wollen und daher zur AfD zu tendieren, damit aber gerade das Gegenteil zu bewirken, stellte Geppert als Dilemma dar. Donatus erklärte, dass alle Menschen ohne Parteienpräferenz zur Wahl gehen und ihre Stimme ungültig machen sollten. Denn nur diese Stimmen würden sichtbar und wären ein klares Zeichen gegen das System. Liebich formulierte nur einen Wunsch: Möglichst viele Parlamentarier, also alle jetzt im Landtag von Sachsen-Anhalt sitzenden Politiker, mögen ihre Stimmen verlieren. Damit das geschehe, sollten alle nicht etablierten Parteien gewählt werden. Liebich empfiehlt gar die seiner langjährigen politischen Tätigkeit diametral entgegenstehende MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) zur Wahl. Was er nicht verrät: Die MLPD steht diesmal gar nicht zur Wahl. Über die AfD sagt Liebich, dass die sich, wenn sie einmal gewählt sind, wie alle anderen auch, an die fetten Diäten gewöhnen würden. Die „richtige“ Wahl ist demnach nur ein erster Schritt, das Endziel aber der Sturz des Systems.

Als die Leipziger Internet-Zeitung (L-IZ) gegen 19.36 Uhr die Vereinigung von Legida und AfD „feiert“, weil ein AfD-Mann auf der Legida-Bühne spricht, nähert sich die Veranstaltung in Halle ihrem Ende. Es geht noch darum, dass so viel Polizei da ist zum Schutz der Demo in Halle. Grund dafür ist das bisherige Auftreten der Gegendemonstranten, so Liebich. Der kleine Mann, der für seine markigen Statements immer wieder Beifall bekommt, ist auch heute bemüht, am lautesten, am aufrührerischsten und vor allem als Letzter zu sprechen. Wie schon bei vorangegangenen Demos ist er auch in eigener Sache unterwegs und liefert Neues zur selbstgewählten Märtyrerrolle. An einer Betonmauer neben dem Fahnenmonument haben seine Gegner in Schwarz ihre Hassbotschaft „Liebich verrecke“ gesprüht. Eine Steilvorlage. Der verbal Angegriffene lädt zum Gruppenfoto vor dem Spruch ein. Jemand trägt die Scheinwerfer, die bis dahin die Redner-Arena beleuchteten, herüber, um der Szenerie das nötige Licht zu geben. So endet Halles Montagsdemo an diesem ungewöhnlich milden 1. Februar 2016 gegen 20 Uhr. Am Montag in einer Woche um 18 Uhr wird man sich wieder hier treffen in Halles Innenstadt.

Leipziger Internet Zeitung über Legida am 1. Februar 2016

http://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2016/02/legida-liveticker-1-februar-kein-ende-der-gewalt-sicht-124860

Leipziger Internet Zeitung: Legida-Liveticker am 1. Februar: AfD und Legida endlich mal vereint + Video [&] Livestream [&]ndash; L-IZ.de

www.l-iz.de

Das Erich-Zeigner-Haus und „Leipzig nimmt Platz“ haben Klage beim Verwaltungsgericht Leipzig eingereicht. Das bestätigte „No Legida“-Aktivist und Grünen-Landesvorsitzender Jürgen Kasek auf Anfrage. Das Gericht muss nun darüber entscheiden, ob es Gegenprotest auf fast dem kompletten Innenstadtring zulässt und eine geplante Mahnwache auf dem Dittrichring wie geplant stattfinden darf.

Das Netz gegen Nazis erwähnt Sven Liebich im Jahresrückblick 2015

http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/jahresr%C3%BCckblick-2015-sachsen-anhalt-10802

MLPD – wer ist das eigentlich?

https://www.mlpd.de/