Baustart für Solarforschungszentrum

von 1. Oktober 2010

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Auf einen Spaten musste Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados am Freitagvormittag verzichten. “Die Baugruben lassen wir lieber durch Baufahrzeuge ausheben. Das geht schneller”, meinte Jörg Bagdahn, der für den Bereich Zuverlässigkeit und Technologien am Fraunhofer CSP zuständig ist. Stattdessen wurde gleich der Grundstein für ein neues Solarforschungszentrum des Fraunhofer Institut gelegt. Und wie es sich für so ein Solarforschungszentrum gehört – natürlich mit einem Siliziumstein.

Das Wetter spielte passend zum festlichen Anlass auch mit, die Sonne schien. Ein wichtiger Punkt für Solarindustrie. Fraunhofer-Finanzvorstand Alfred Gossner machte deutlich, welchen Stellenwert das CSP hat. Von den 47,2 Millionen Euro, die in den Standort fließen, kommen 87,5 Prozent vom Land und der Europäischen Union mit Effre-Mitteln. Die Solarindustrie zur Boomindustrie zu machen sei ein langer und steiniger Weg gewesen.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff nannte die Grundsteinlegung einen “historischen Moment für die neue Leitindustrie des Landes.” Es sei die größte Investition in ein Forschungsinstitut in der laufenden Legislatur. Und dann spielte Haseloff noch auf den traditionellen Zwist Halle-Magdeburg an. Denn die zweitgrößte Investition des Landes im Automotive-Bereich sei in Magdeburg realisiert worden, mit “nur” 32 Millionen Euro. “Die Solarbranche ist nicht zu bremsen”, so Haseloff, “die erneuerbaren Energien werden sich durchsetzen.” Als gelungen bezeichnete Haseloff die Architektur – und musste damit natürlich auf Stuttgart 21 eingehen. Denn dort haben die Architekten Jonas und Meyer ebenfalls mitgeplant. “Es liegt also nicht an den Architekten”, meinte Haseloff. “Da ist politisch was falsch gemacht worden.” In Sachsen-Anhalt habe man hingegen den richtigen Riecher gehabt.

Laut Wilfried Kraus vom Bundesforschungsministerium verbessere das neue CSP die Wettbewerbschancen Deutschlands. Denn die Chinesen würden ebenso mit deutschen Maschinen arbeiten – allerdings mit den neueren Modellen. Nun gelte es, in Deutschland dieses Defizit wieder auszugleichen. Das Energiekonzept der Bundesregierung nannte er ehrgeizig. Trotz aller Kritik in der öffentlichen Diskussion um die Atomkraft werden vergessen, dass auch eine Umweltziele festgeschrieben worden. So solle 2050 90 Prozent weniger CO2 produziert werden, der Anteil der erneuerbaren Energien bei 80 Prozent liegen. Doch bis dahin gelte es eine Akzeptanz in der Bevölkerung auszubauen. Auch neue Stromnetze für eine bessere Verteilung seien notwendig. Kraus sprach von 100 Meter hohen Strommasten. “Auch dafür brauchen wir Akzeptanz.”

Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados erinnerte an die Geschichte des Geländes. “Vor 20 Jahren standen hier noch sowjetische Panzer. Wenn wir in die Heide wollten, mussten wir um das Gelände Drumherum laufen.” Deshalb könne man auf die Wiedervereinigung stolz sein. Denn was zum Beispiel am Weinberg Campus passiere sei ein Synonym dafür, was in den letzten 20 Jahren passiert sei. “Die Grundsteinlegung ist ein Anlass stolz zu sein”, so Szabados. Auch wenn das Hallensern selten über die Lippen komme. “Das höchste Lob in Halle ist zu sagen: das ist nicht ganz schlecht, aber ….” Die Architektur des Neubaus passe gut auf den Weinberg Campus, befand die Oberbürgermeisterin.

Eike Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), erinnerte an den schwierigen Weg für den Bau eines Fraunhofer-Instituts in Halle. Gerade aus Freiburg im Breisgau habe es Widerstände gegeben. Die dortigen Fraunhofer-Mitarbeiter hätten Angst gehabt, dass ihnen etwas weggenommen werde. “Davon hab ich bisher noch nichts gemerkt”, so Weber, dem der Standort Halle gut gelegen kommt. “Mein Vater kommt aus dem benachbarten Leipzig.” Kritik übte er in diesem Zusammenhang am Atomkompromiss der Bundesregierung. “Wir produzieren schon jetzt mehr Strom in Deutschland”, so Weber. Der alte Atomkompromiss sei ideal gewesen. “Ich verstehe nicht, dass die Bundesregierung jetzt eine neue Büchse der Pandora aufmacht.” Im kommenden Jahr steht eine Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) an. Hier warnte Weber davor, dass es kürzen in diesem bereich geben wird. “Ich sagen voraus, dass die Leistung des Atomkraftwerke dann dazu missbrauch wird, die grünen Energien abzubremsen.”

2006 sei laut Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, die Idee zum Bau eines Forschungszentrums gekommen. Die Entscheidung entfiel wegen der nahen Solarfabriken auf die Region. Eine erste Idee sei Bitterfeld gewesen. Doch Halle habe mit seiner Universität gepunktet.

Das Fraunhofer CSP soll im Frühjahr 2012 fertig sein. Dann werden 60 Mitarbeiter sowie 20 Doktoranten und 40 bezahlte Praktikanten hier arbeiten. Im Modultechnologiezentrum des Fraunhofer CSP sollen mit Hightech-Geräten wie dem Laminator neue Konzepte für die Solarindustrie entwickelt werden. Die Forscher werden mit neuen Technologien von der Kristallisation über die Waferherstellung bis zur Modulfertigung beschäftigt sein und sich an der Entwicklung neuer Materialien entlang der
Wertschöpfungskette beteiligen.

15,2 Millionen Euro fließen in die Gebäude, die nach Auskunft der Architekten erweiterbar sind. Weitere 32 Millionen Euro werden für die technische Erstausstattung ausgegeben, was bei den Rednern für Freude sorgte. “Wir lassen bisher unsere besten Köpfe mit veraltetem Material arbeiten”, so Wehrspohn mit Blick auf den Vorsprung der Chinesen.

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