Bessere Opferentschädigung angemahnt

von 24. Oktober 2010

Am Samstag fand im Maritim-Hotel in Halle (Saale) die 12. Ordentliche Bundesdelegiertenversammlung des Weißen Ring e.V. statt. Der Verein kümmert sich um die Hilfe und die Entschädigung von Gewaltopfern. Statistiken zufolge gab es allein im letzten Jahr 600.000 Menschen, die Opfer von Gewalt wurden – wie Rohheitsdelikte, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, das Leben und die persönliche Freiheit.

Doch die meisten Opfer wissen gar nichts davon, dass ihnen eine Entschädigung zusteht. In 90 Prozent aller Fälle stellen die anspruchsberechtigten Opfer keinen Antrag. Gerade einmal 21.774 Anträge auf Opferentschädigung gab es im letzten Jahr. Der Weiße Ring fordert deshalb eine staatliche Informationspflicht über die gesetzlichen Regelungen. “Die Bilanz ist schlichtweg skandalös für das Selbstverständnis eines Rechts- und Sozialstaates und ein harter Schlag ins Gesicht der Bürger, die er vor kriminellen und gewalttätigen Übergriffen nicht schützen konnte”, so der Weiße-Ring-Sprecher Helmut K. Rüster. In das polizeiliche Anzeigeformular sollen, so die Forderung der Opferschützer, entsprechende Passagen eingefügt werden, in denen die Opfer auf ihre Entschädigungsrechte hingewiesen werden.

Doch auch eine Reform des aktuell gültigen Opferentschädigungsgesetzes mahnt der Weiße Ring an, gehen die Regelungen doch auf das Jahr 1976 zurück und bezogen sich eigentlich damals noch auf Kriegsopfer. Das weiß man auch beim Bund, wie Gitta Lampersbach, Ministerialdirektorin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, in ihrem Grußwort ausführte. Es sei keinesfalls ein Anliegen, bei Kriminalitätsopfern zu sparen. Lampersbach nannte die Einrichtung von Traumaambulanzen einen ersten richtigen Schritt. “Opferschutz, Opferhilfe und Fürsorge genauso wie Kriminalitätsprävention sind Aufgaben, die uns angehen und die jeden betreffen”, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer in seinem Grußwort. “Jeder an seinem Platz kann tätig werden und sei es nur dadurch, dass man ein guter Nachbar ist. Es kann vielen Menschen geholfen werden und manch eine Straftat vereitelt werden, wenn wir als Nachbarn schlicht mehr aufeinander Acht geben.”

Auf ihrer Versammlung wählten die Delegierten des Weißen Ring mit Nordrhein-Westfalens Ex-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) eine neue Bundesvorsitzende. Sie wird Nachfolgerin von Reinhard Böttcher, der nach fünf Jahren aus Altersgründen aus dem Amt schied.