Sachsen-Anhalt will härtere Strafen für Extremisten

von 15. Dezember 2011

(dpa) Sachsen-Anhalts Landesregierung will sich über den Bundesrat für schärfere Strafen für politisch motivierte Straftäter einsetzen. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und Justizministerin Angela Kolb (SPD) warben am Donnerstag im Landtag in Magdeburg, eine Initiative des Landes aus dem Jahr 2007 neu aufzugreifen. Damit soll auch erreicht werden, dass Richter bei der Untersuchung von Straftaten genauer auf die Motive der Angeklagten achten müssen.

Eine Initiative Sachsen-Anhalts gemeinsam mit Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2007 hatte zwar die Zustimmung des Bundesrates bekommen. Nach der Bundestagswahl 2009 kam das Vorhaben aber im Bundestag zum Erliegen, wie das Justizministerium erläuterte. Vor allem die FDP, aber auch Teile der SPD seien gegen die Initiative gewesen. «Aus meiner Sicht sollte hierzu ein neuer Versuch unternommen werden», sagte Stahlknecht nun in einer Regierungserklärung zum Rechtsextremismus.

Kolb sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Regierung werde einen neuen Versuch starten, eine Gesetzesänderung über den Bundesrat auf den Weg zu bringen. Von vielen Opfern werde immer wieder beklagt, dass in Prozessen die Motive der Täter nicht ausreichend untersucht würden. Es gebe zwar Juristen, die eine genaue Untersuchung schon heute für vorgeschrieben hielten. Mit einer Gesetzesinitiative solle dies aber klarer gefasst werden.

Zudem sei es richtig, Taten härter zu bestrafen, wenn ein Mensch ausschließlich wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Minderheit angegriffen werde. Eine Wirtshausschlägerei sei etwas anderes als ein rassistischer Übergriff. «Mir ist es wichtig, dass die Motivation des Täters stärker berücksichtigt wird», sagte Kolb.

In Sachsen-Anhalt waren nach der Aufdeckung der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle in den vergangenen Wochen neun Tötungsdelikte neu daraufhin untersucht worden, ob es Hinweise auf rechtsextreme Motive gegeben habe. Diese Untersuchung habe aber keine neuen Erkenntnisse gebracht, bestätigte die Sprecherin des Innenministeriums, Anke Reppin, einen Bericht der «Mitteldeutschen Zeitung» (Donnerstag). Es sei nicht jede Straftat eines Rechtsextremisten auch mit einer rechtsextremistischen Motivlage gleichzusetzen. Erschwert worden sei die Untersuchung zum Teil aber auch, weil Unterlagen aus früheren Verfahren bereits den Vorschriften entsprechend vernichtet worden sind.

Stahlknecht zeigte sich in der Regierungserklärung zuversichtlich, dass die rechtlichen Hürden für ein Verbot der rechtsextremen NPD überwunden werden könnten. «Lassen Sie uns der NPD den Schleier der Verfassungstreue nehmen und ein Verbotsverfahren vorbereiten und betreiben.» Stahlknecht hatte noch vor Aufdeckung der Zwickauer Neonazi-Terrorgruppe eine neue Prüfung eines NPD-Verbotsverfahrens auf den Weg gebracht. Inzwischen wurde auf Initiative Stahlknechts eine bundesweite Arbeitsgruppe eingerichtet.

«Wenn Parteien eklatant verfassungsmäßig verankerte Grundrechte leugnen, missachten oder ihre Missachtung in Kauf nehmen, dann gehören sie nach meiner Meinung verboten», sagte Stahlknecht in seiner ersten Regierungserklärung. «Und aus diesem Grund gehört die NPD aus meiner Sicht verboten.» Zugleich drückte Stahlknecht den Angehörigen der Terroropfer der Zwickauer Gruppe sein Mitgefühl aus.