Nur zum Abstauben ?

von 10. Juni 2009

„Schwarz auf weiß – Zur Literatur in Sachsen-Anhalt“ lautete der viel versprechende Titel der Podiumsdiskussion, zu der die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt geladen hatte. Überraschend zahlreich war das Publikum in das Museumscafe der Moritzburg in Halle (Saale) geströmt. Doch um Literatur ging es kaum – sondern um Sinn und Zweck der regionalen Literaturförderung.

Als Moderator hatte man sich Michael Hametner aufs Podium geholt. Literatur aus Sachsen-Anhalt sei ja gar nicht als Literatur aus Sachsen-Anhalt identifizierbar, raunte Hametner ins Mikrofon, als befände er sich auf einer Life-Schaltung zur Buchmesse. Prosa aus dem Lande spiele überregional kaum eine Rolle, die Lyrik ginge gerade so, und Sachsen und Thüringen stünden besser da. Und gleich noch etwas: Große Talente kämen ohne Literaturförderung aus, und nur die Talentlosen fordern die Förderung.

Mit der Frage, was denn den Podiumsteilnehmern in der Förderlandschaft fehle, wandte er sich an Kai Agthe, Dozent für Literaturwissenschaft an der MLU und natürlich Autor. Es fehlte ihm eigentlich nichts, und im übrigen habe das Land eine hervorragende Lyrikerin, Juliane Liebert zum Beispiel. Es ginge darum, jungen Schriftstellern ein Podium zu geben.

Auch Andre Schinkel, Autor und Herausgeber der Literaturzeitschrift „Ort der Augen“ fehlte eigentlich nicht viel. Leider aber werde die geförderte Literatur in der Öffentlichkeit kaum wahr genommen, und die jeweiligen Regionalzeitungen hielten sich in der Berichterstattung zurück. Auch Dr. Ute Pott, Vorsitzende des Literaturrats Sachsen-Anhalt, fehlt es an öffentlicher Wahrnehmung, doch an der Förderung hat sie ebenfalls nichts auszusetzen, fehle es doch an der „Freude über das Erreichte“ ( Juliane Liebert zum Beispiel).

Der Literaturrat wurde 2006 am Kultusministerium des Landes gegründet, um das Ministerium bei Fragen der Literaturförderung zu beraten. So gibt es für ausgewählte junge Autoren, für die aber keine Altersbegrenzung gilt, eine Stipendienförderung für das erste und zweite Buch. Für das erste Buch gibt es auch einen Druckkostenzuschuss.
Zuständig für die Förderung der Literatur ist jedoch nicht nur das Kultusministerium, sondern auch die Kunststiftung des Landes.

Roman Pliske, Leiter des Mitteldeutschen Verlags Halle, war die Darstellung seiner Vorredner zu harmonisch, und den Namen Juliane Liebert kann er offenbar nicht mehr hören. „Die ist doch ein Produkt der Förderpolitik“. Ihm fehlen erstens Leser, die die Bücher auch kaufen. Zweitens fehle es in Mitteldeutschland an Verlagen mit Wirtschaftskraft, drittens fehle es an Autoren, Juliane Liebert würde doch ohnehin bald das Land verlassen, da wette er drei Pferde drauf, und viertens engagierte Menschen, die die Sache der Literatur in die Hand nehmen.

Christian Eger, Kulturredakteur der „Mitteldeutschen Zeitung“, fehlt wiederum der Durchblick. In seiner Berichterstattung habe er schon mal die verschiedenen Förderinstitutionen und deren Zuständigkeiten durcheinander gebracht. Er wünscht sich da eine einzige, auch für Außenstehende identifizierbare Institution. Er bemängelt, dass die Pflege des literarischen Erbes, beispielsweise von Nachlässen, kaum gefördert werde.

Simone Trieder, Landesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftsteller und ebenfalls Autorin, kann in wortreichen Beiträgen nicht so recht vermitteln, was ihr fehlt. Ihr Anliegen war aber festzustellen, dass es noch mehr hervorragende Autoren im Lande gebe als nur Juliane Liebert.

Und so ging es weiter, um für Externe kaum verständliche Emotionalitäten zwischen den Verbänden und ihren Funktionären, und um eine literarische „Schallmauer“ zwischen Halle und Magdeburg war die Rede.
Michael Hametner schlug vor, eine einheitliche Marke „Literatur aus Sachsen-Anhalt“ einzurichten. Roman Pliske findet diese Idee richtig blöd. Das Regionale sei ja nun wirklich kein Qualitätskriterium, das könne ja richtig peinlich werden.

Und was sonst noch alles fehlt, sprechen die Diskutanten auf dem Podium nun noch an, unterstützt auch von Vorschlägen aus dem Publikum. Ein zentrales „Literaturbüro“. Und der Buchhandel. Und es könne ja nicht sein, dass aufwändig geförderte Bücher einfach im Buchladen liegen bleiben und bereits nach zwei Jahren an den Verlag zurück geschickt würden.
Und Pliske fordert Kontinuität und Qualität: nicht nur das erste und zweite Buch, sondern auch das letzte Buch eines Autors müsse förderungswürdig sein.

Wer sich weniger für Literaturförderung interessiert, sondern auf deren Ergebnisse gespannt ist, muss noch bis zum Herbst warten. Die diesjährigen Landesliteraturtage Sachsen-Anhalt finden zwischen dem 24. und 30 Oktober in Haldensleben statt.