Halle will Gutachten gegen Umweltzone

von 12. August 2010

Zum Beginn des kommenden Jahres droht der Stadt Halle eine Umweltzone, mit der Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß aus der Innenstadt herausgehalten werden sollen. So sehen es Forderungen des Landesamtes für Umweltschutz (LAU) vor (HalleForum.de berichtete).

Nun will die Stadt mit einem Gegengutachten ermitteln, ob die vom LAU getätigten Aussagen zur Umweltbelastung, Verkehrsströmen und der möglichen Wirkung der Umweltzone stimmen. Darüber informierte Umweltamtsleiterin Kerstin Ruhl-Herpertz am Donnerstag im Umweltausschuss. “Unsere Gespräche mit dem Amt verliefen kooperativ. Aber am Ende stehen wir immer an dem Punkt, ob man den Aussagen Glauben schenkt”, so Ruhl-Herpertz. Die Stadt selbst habe nicht die Kapazitäten, dies nachzuprüfen. Deshalb hole man nun fachgutachterlichen Rat ein. 10.000 Euro bekommt das beauftragte Büro dafür, Ergebnisse sollen Anfang September vorliegen. Nach Angaben von Ruhl-Herpertz erhoffe man sich durch das Gutachten, dass breiter auf die Thematik geschaut wird.

Im Mittelpunkt steht dabei die Paracelsusstraße, die täglich von 53.000 Fahrzeugen genutzt wird und deren Schadstoffgrenzwerte nur eingehalten werden können, wenn der Verkehr um 20.000 Fahrzeuge sinkt. Das Gutachten soll nun untersuchen, ob der Verkehr in der Paracelsusstraße überhaupt die Hauptursache für die Belastung mit dem Umweltgift Stickstoffdioxid (NO2) ist. Auch soll untersucht werden, ob der Messstandort richtig gewählt ist. Auch will man ermitteln, ob das LAU die alternativen Maßnahmen der Stadt ausreichend abgewogen hat. “Am Ende steht dann ein Ergebnis, ob die Forderung nach der Umweltzone qualifiziert ist”, sagte Ruhl-Herpertz. Mehrere Stadträte kritisierten, dass Geld für ein neues Gutachten ausgegeben werden soll. Es werden wohl kaum andere Ergebnisse zu Tage treten als ohnehin schon bekannt. “Ich glaube nicht, dass sich das Landesamt von dem Gutachten beeindrucken lässt”, argumentierte Rüdiger Fikentscher (SPD). Oliver Paulsen (Grüne) schlug vor, die Stadt solle lieber an alternativen Maßnahmen arbeiten als ein neues Gutachten erstellen zu lassen. Und auch Swen Knöchel (Linke) hielt das Gutachten für überflüssig. “Warum setzt die Stadt ihre komplette Energie darauf, die Umweltzone zu verhindern? Wäre es nicht sinnvoller zu versuchen mit einem Maßnahmeplan mehr zu erwirken als auf Konfrontation zu setzen”, fragte Knöchel, der der Verwaltung “Windmühlenkämpfe“ vorwarf. Einzig Andreas Scholtyssek (CDU) konnte sich mit dem Gutachten anfreunden, basieren seinen Worten zufolge die Zahlen des LAU doch auch nur auf Modellrechnungen.

Planungsdezernent Thomas Pohlack verteidigte noch einmal das Gutachten, mit dem man die “Sinnhaftigkeit der Umweltzone” prüfen wolle. Die Zone sei kontraproduktiv. Sie torpediere die seit Jahren laufende ökologische Verkehrsplanung der Stadt. Diese habe zum Ziel, verkehrsberuhigte Wohnviertel zu schaffen und den Verkehr auf großen Trassen zu bündeln. Komme die Umweltzone, hätte dies auch wirtschaftliche Auswirkungen. Über die Kammern habe man die Signale bekommen, dass in dem Fall zahlreiche Betriebe Halle verlassen wollen. Das wollen die Stadträte untermauert wissen. Es müsse ja vergleichbare Zahlen aus anderen Städten geben.

Und am Ende, so hofft Pohlack, steht vielleicht ein Ergebnis, dass die Umweltzone nichts bringt. Dann nämlich hätte man für den Klageweg etwas in der Hand und sei damit anderen Städten voraus, die bereits mit ihren Klagen gegen die Umweltzone scheiterten. Am Ende wird wohl Halle auch nur dieser Weg übrig bleiben. Denn die groß in einem Pressegespräch angekündigten Alternativemaßnahmen laufen ins Leere. Für ein Jobticket zum Beispiel gebe es kaum Interesse, so Pohlack.