Kein Grund zum Feiern

von 20. Februar 2015

Nach einem Arbeitsleben, werden sie bereits nach wenigen Monaten zum Bittsteller degradiert und in Maßnahmen, deren Sinnhaftigkeit allein in der Beschönigung der Statistik liegt, eingewiesen. Den „Kunden“ des Jobcenters ist sicher nicht zum Feiern zumute sein.

So feiert das Jobcenter sein trauriges Jubiläum ohne seine 34.000 „Kunden“, von denen 9.400 Kinder unter 15 Jahren sind – ein Drittel aller halleschen Kinder. Von den verbleibenden 25.000 Leistungsempfängern des Jobcenters sind im Übrigen nur 10.500 arbeitslos gemeldet, was heißt, dass mehr als die Hälfte aller erwachsenen Betroffenen arbeiten und zum Jobcenter gehen müssen. Sie sind arm trotz Arbeit.

Hier liegt der eigentliche Skandal der HARTZ-Reformen. Sie dienten der Etablierung eines Niedriglohnsektors in Deutschland. Mit Milliarden Steuergeldern wird durch die Jobcenter der Niedriglohnsektor in Deutschland und damit die Gewinne von Unternehmen subventioniert.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass als „Festrednerin“ die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Frau Schaar gewonnen wurde. Sie wird als Verbandsvertreterin der besonderen Art nie müde, soziale Standards als „Bürokratiemonster“ zu bezeichnen und den nach jahrelangem Kampf eingeführten Mindestlohn als Unternehmerfeindlich zu brandmarken.

Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Institution Jobcenter sind die vergangenen 10 Jahre keine Erfolgsgeschichte, was die hohe Zahl der befristet Beschäftigten und die Personalfluktuation belegen. Vor allem aber die Skandale um die vom Dienst suspendierte vormalige Geschäftsführerin des halleschen Jobcenters sollte alle Beteiligten nachdenklich machen, ob der geplante Festakt tatsächlich dem Anlass angemessen ist.

Ich fordere Oberbürgermeister Bernd Wiegand und den Geschäftsführer der Regionaldirektion Kay Senius auf, die Veranstaltung zu überdenken und abzusagen.

Swen Knöchel

Stadtvorsitzender