Zwischen Brückenschlag und Bölleranschlag

von 27. Oktober 2015

Am Montag, 26.10.2015, standen sich nun zwei etwa gleich starke Gruppen gegenüber. Wie schon am Montag zuvor stellte sich die Polizei zwischen die beiden „Lager“, diesmal kamen jedoch Absperrzäune hinzu, wie schon am 21. Oktober 2015 während der Kundgebung der AfD. Grund des Polizeiaufgebots war das Gewaltpotenzial auf Seiten der Montagsmahnwachen-Gegner, aus deren Reihen diesmal ein Feuerwerkskörper geworfen wurde, der eine Frau verletzte.

Die Gegendemonstranten störten die Redebeiträge der Montagsmahnwache permanent mit Sirenen und abgestimmten Sprechchören. Dabei spielte zumeist keine Rolle, wer sprach und worum es gerade ging. Persönliche verbale Attacken richteten sich allerdings gegen den Ex-Rechten Sven Liebich, wenn er ans Mikrophon trat. „Halt’s Maul“ und „Hau ab“ war da zu hören. Teilnehmer der „Friedensbewegung Halle“ wollen nun Anzeige erstatten wegen Körperverletztung nach dem Böllerwurf und gegen die Polizei, weil sie den ungestörten Ablauf der Mahnwache nicht garantierte. So sei die Gegendemo am Händel-Denkmal angemeldet gewesen, kam aber viel näher an die Mahnwache heran. Außerdem sei dem Aufruf der Gegendemo zu entnehmen gewesen, dass es ausschließlich darum ging, die Mahnwache lautstark zu stören, ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Die Gegenbewegung „No Halgida“ kommentierte auf ihrer Facebook-Seite den Ablauf der Veranstaltung auf Halles Marktplatz so: „Die Montagsnazis hetzen und verbreiten ihre menschenverachtenden Propaganda.“ Als treibende Kraft hinter „No Halgida“ gilt der unter anderem mit Foodsharing in Halle bekannt gewordene Marco Pellegrino.

Mehrere Sprecher der Mahnwache bemühten sich um eine Aussöhnung zwischen den Gruppen. Don Donatus erklärte, dass man sich nicht weiter spalten lassen sollte in Links und Rechts. Versammlungsleiter Frank Geppert sagte, dass er sich nicht immerzu rechtfertigen und Teilnehmer seiner für alle Menschen frei zugänglichen Demo entschuldigen will. Wer die „Brigade“ sein soll, wisse er gar nicht. Er verstehe sich als Mensch der Mitte, der mit allen rede. Anschläge gegen die Montagsdemo passiert leider immer wieder. Geppert selbst, der kein Hallenser ist, hatte bereits zerstochene Reifen. Mehrfach ging der Ruf an die Adresse der Gegendemonstraten, herüberzukommen und sich über Ansichten, Standpunkte und Inhalte zu verständigen. Tatsächlich kamen zwei Gegendemonstranten herüber und durften am Mikrophon reden. Einer von ihnen sagte, dass sich die Mahnwache über Anfeindungen nicht wundern muss, wenn von den Gegenseite aus Nazis zu sehen sind. So hatten am Montag vor einer Woche Mahnwachenteilnehmer eine schwarze Fahne des so genannten Nationalen Widerstandes, einer als rechtsextrem eingestuften Gruppierung, geschwungen. Diesmal waren Leute in der Kleidung der Marken Thor Steinar und Lonsdale zu sehen, die als beliebtes Erkennungsmerkmal der rechten Szene gelten. Der Gast von der Gegenseite sagte auch, dass im die Sicht gegen „die da oben“ und die USA als Hauptschuldige zu einfach ist. Darauf erhielt er die Entgegnung, dass er offenbar nicht richtig informiert ist. Die Friedensbewegung Halle befasse sich wesentlich umfangreicher sowohl mit dem zentralen Thema Frieden, als auch mit anderen brennenden Problemen. Als „Hausaufgabe“ bekam er auf, sich einmal zu belesen, wie es um die Souveränität Deutschlands steht. „Linke“ waren und sind auf der Mahnwache sowohl als Teilnehmer, als auch als Redner vertreten. Zu den prominenten Rednern der neuen Montagsdemo in Halle gehörte im Herbst 2014 der als links geltende Aktivist Pedram Shahyar, obwohl er in Hinblick auf seine „spalterische“ Wirkung auf Bürgerbewegungen umstritten ist.

Die Friedensbewegung Halle ließ während ihrer regulären Veranstaltung erneut verschiedene Meinungen zu, darunter die des Zuwanderers Reza Begi aus dem Iran, des Sängers Marcel Wojnarowicz (Wojna) vom Hip-Hop-Duo „Die Bandbreite“ aus Duisburg und des Freidenkers Hagen Grell. Begi erklärte nicht zuletzt in Richtung Gegendemo, wo wieder ein Transparent „refugees welcome“ zu sehen war, warum denn Flüchtlinge willkommen sind? Das sei doch absurd, da das ja auch die Akzeptanz der Fluchtursache einschließe. Er steht, so Begi, voll hinter Frank Geppert und seinem Engagement. „Wojna“, der in der Vergangenheit wegen seiner Auftritte bei verfeindeten politischen Lagern Kritik einstecken musste, positionierte sich ganz klar gegen Nazis. Natürlich war er auch als Sänger da und präsentierte unter anderem den bei den Mahnwachen besonders populären Song „Was ist los in diesem Land“. Die Frage des Liedes stellte auch ein weiterer Redner, der davon berichtete, dass Menschen mit Kündigung gedroht würde, wenn sie an der Mahnwache teilnehmen.

Friedensbewegung Halle

http://www.friedensbewegung-halle.de

Friedensbewegung Halle | Wer in der Demokratie schläft …

Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!

Weitere Informationen…

das Hip-Hop-Duo „Die Bandbreite“ im Netz

http://www.diebandbreite.de/

„Was ist los in diesem Land“ bei Youtube

https://www.youtube.com/watch?v=jbtxhDtFRsc

Pedram Shahyar im Internet

http://pedram-shahyar.org/

Foodsharing mit Marco Pellegrino

https://foodsharinghalle.wordpress.com/tag/marco-pellegrino/

Lonsdale bei Wikipedia als moderate Marke

https://de.wikipedia.org/wiki/Lonsdale_%28Unternehmen%29

Thor Steinar bei Wikipedia als allgemein geächtete Marke

https://de.wikipedia.org/wiki/Thor_Steinar

Montagsdemo in Halle – Live vor Ort (26.10.2015)

https://www.youtube.com/watch?v=v3l9dt1pd0E[&]feature=youtu.be