Anerkennungsleistung für deutsche Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter

von 7. August 2017

Dazu Birgit Neumann-Becker: Ich begrüße sehr, dass endlich – 60 Jahre nach dem Ende der Zwangsarbeit deutscher Staatsangehöriger für ausländische Mächte – die Betroffenen eine Anerkennungsleistung erhalten. Diese Anerkennung ist keine Wiedergutmachung und keine Entschädigung. Sie ist aber ein sehr wichtiges Zeichen der Anerkennung der schweren Schicksale von Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern, die nach dem Ende des Krieges, weil sie Deutsche waren, über Jahre zur Zwangsarbeit herangezogen wurden.

Vor etwa zu 70 Jahren wurden auf Stalins Befehl hin Tausende nicht verurteilter Zivilpersonen aus sowjetischen Speziallagern auf Viehwaggons verladen und in wochenlangen Transporten nach Sibirien verbracht. Dort mussten sie in Arbeitslagern jahrelang Zwangsarbeit leisten. Über 5.000 Häftlinge wurden 1947 in den so genannten Pelzmüt-zentransporten in die Sowjetunion verschleppt. Aber auch schon vor Kriegsende nahm die vorrückende Rote Armee willkürlich Zivilisten fest. Diese Menschen wurden in sowjetische Zwangsarbeitslager deportiert.

Ähnliche Schicksale erlitten Familien, die auf der Flucht nicht rechtzeitig die Oder bzw. Neiße überqueren konnten und in polnischen Lagern wie Tost oder Potulice zu Zwangsarbeit verpflichtet worden waren. Die Menschen leisteten in den Lagern unter widrigsten Bedingungen Schwerstarbeit. Viele erlitten schwere Gesundheitsschäden, viele starben. Diejenigen, die später in der DDR lebten, konnten über ihre Erfahrungen nicht sprechen. Ihr Leid wurde nicht anerkannt.

Nach 1989 wurden auch viele Biografien ehemaliger DDR-Bürger, die dieses Schicksal erlitten hatten, dokumentiert. Bisher war eine Entschädigung nicht möglich. Lange Jahre kämpften die Opfer um Anerkennung. Am 06.07.2016 billigte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die „Richtlinie über eine Anerkennungsleistung für ehemalige deutsche Zwangsarbeiter“. Zivilpersonen, die aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit oder Volkszugehörigkeit kriegs – oder kriegsfolgenbedingt im Ausland zur Zwangsarbeit herangezogen wurden, können bis zum 31.12.2017 eine Ausgangsleistung in Höhe von 2500 € beantragen. Bis Ende Juni 2017 wurden ca. 25.000 Anträge gestellt. 63 % von Frauen, 90 % der Antragsteller sind älter als 80 Jahre. (Mehr unter goo.gl/sVktai)

Zuständig für die Anerkennungsleistung ist das Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Hamm (Uentroper Weg 2, 59071 Hamm, Tel: +49 (0)22899 358 9800, E-Mail: AdZ@bva.bund.de).

Voraussetzung ist, dass die Betroffenen wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit oder Volkszugehörigkeit zwischen dem 1.9.1939 und dem 1.4.1956 durch eine ausländische Macht zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden. Antragsberechtigt ist, wer als Zivilperson zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde. Auch Hinterbliebene können den Antrag stellen, wenn der Betroffene nach dem 27.11.2015 verstorben ist.

Antragsformulare sind auch über die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zu beziehen. Gern ist man dort auch beim Ausfüllen des Antrags behilflich. Die Antragsfrist endet am 31.12.2017.