Die sieben Jahre in Halle waren die schönsten

von 14. November 2011

Am 13. November vor dreißig Jahren starb Gerhard Marcks – einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Im Jahre 1925 kam der Meister der Bauhaustöpferei nach Halle (Saale), um an der hiesigen Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein die Bildhauerklasse zu leiten. Als er später die Leitung der Schule übernahm, führte er das Werk seines Vorgängers Paul Thiersch fort, welches die Kunstgewerbeschule zu einer der führenden Kunst- und Handwerkerschulen der Zeit weltweit werden ließ. Als hallesche Werke des Bildhauers allseits bekannt sind die Plastiken Kuh und Pferd an der Giebichensteinbrücke.

Im Rahmen der Aktion „Bildung im Vorübergehen“ wird die Bürgerstiftung am Donnerstag, 17. November 2011, um 11 Uhr, in der Gerhard-Marcks-Straße/Ecke Richard-Horn-Straße Zusatzschilder anbringen, die an das Wirken erinnern. Es spricht Ingeborg von Lips, Initiatorin des Projektes „Bildung im Vorübergehen“. Die Schilder wurden gespendet von Geraldine Michalke.

Einzelheiten zu Gerhard Marcks auf Seite 2:
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18. Februar 1889–13. November 1981
„Ich möchte beinah sagen, die 7 Jahre Halle waren die schönsten of my life.“
(Gerhard Marcks an Felix Weise am 26.9.1933)
Am 18. Februar 1889 wurde Gerhard Marcks als Sohn einer Kaufmannsfamilie in Berlin geboren. Von 1899 bis 1907 besuchte er das Humanistische Gymnasium in Berlin. Auf Anregung seines Bruders Dietrich begann Marcks autodidaktisch eine künstlerische Laufbahn. So entstanden ab 1907 erste Tierstudien im Berliner Zoo, Landschaftszeichnungen und erste plastische Arbeiten in Bronze und Porzellan. Bis 1912 arbeitete er in einer Ateliergemeinschaft mit dem Bildhauer Richard Scheibe, lernte Georg Kolbe, den Tierbildhauer August Gaul und Walter Gropius kennen. Die Werke August Rodins schätzte der junge Bildhauer sehr. Bereits 1908 beteiligte sich Marcks erstmalig an einer Ausstellung der Berliner Sezession, drei Jahre später stellte er Porzellane auf der Großen Berliner Kunstausstellung aus. Vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg kehrte Marcks bereits 1916 als Schwerkranker heim. Im Jahre 1918 berief Bruno Paul ihn an die Staatliche Kunstgewerbeschule in Berlin. Im darauf folgenden April zog ihn Walter Gropius an das Staatliche Bauhaus Weimar. Hier gründete Marcks 1920 die Bauhaustöpferei in Dornburg und leitete diese bis zur Auflösung des Weimarer Bauhauses 1925. In dieser Zeit entstand eine Freundschaft zu Lyonel Feininger, der ihn zum Holzschnitt anregte.

1925 wurde Gerhard Marcks von Paul Thiersch zum Leiter der Bildhauerklasse an die Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein Halle berufen. Nachdem Thiersch Halle 1928 verlassen hatte, übernahm Marcks die Leitung der Schule. Von seinen halleschen Werken sind u. a. die Figuren von Pferd und Kuh an der Giebichensteinbrücke erhalten, welche das städtische und das ländliche Leben symbolisieren, sowie die Büsten Luthers und Melanchthons im Löwengebäude. Studienreisen führten Marcks 1925–27 nach Italien. Die Verleihung des Villa-Romana-Preises des Deutschen Künstlerbundes 1928 ermöglichte ihm eine mehrwöchige Reise nach Griechenland, wo besonders die archaische Kunst seinen plastischen Stil beeinflusste.

Nachdem sich Marcks für eine entlassene jüdische Kollegin eingesetzt hatte, wurde auch der ehemalige Bauhäusler 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Lehramt entfernt. Seine Werke wurden 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt, Marcks erhielt Ausstellungsverbot, Arbeiten in der Galerie Buchholz in Berlin wurden beschlagnahmt. Trotz drohenden Arbeitsverbotes entschloss sich der Künstler in Deutschland zu bleiben. Er zog sich auf seinen Sommersitz in Niehagen auf dem Darß zurück, arbeitete in Berlin in einem neu eingerichteten Atelier und reiste mit einem Stipendium nach Rom. Die in dieser Zeit entstandenen Portraits und Plastiken zeigen eine innere Zurückgezogenheit, Marcks setzt die Schönheit der Kunst gegen die Grausamkeit der Zeit. 1943 wurden Wohnung und Atelier durch einen Bombeneinschlag zerstört. Auch ein Großteil der halleschen Arbeiten wurde Opfer des Krieges.

Nach dem Krieg übernahm Gerhard Marcks zunächst eine Professur an der Hamburger Kunstschule, zahlreiche monumentale Denk- und Mahnmale entstanden. Ab 1950 arbeitete er als freischaffender Künstler in Köln. Weitere Studienreisen führten ihn in die USA (1950), nach Afrika (1955), Mexiko (1963) und Jugoslawien (1964). Gemeinsam mit der Stadt Bremen, für die er 1951 mit den Bremer Stadtmusikanten sein bekanntestes Werk schuf, und dem Bremer Kunstverein gründete er 1969 die Gerhard-Marcks-Stiftung zur Bewahrung seines künstlerischen Erbes. Am 13. November 1981 starb Gerhard Marcks in Burgbrohl (Eifel).

Der Künstler war seit 1914 verheiratet mit Maria Schmidtlein, aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, ein Sohn fiel im Zweiten Weltkrieg. Ein veröffentlichter reger Briefwechsel gibt Aufschluss über das reiche Werk und bewegte Leben des Bildhauers. Er erhielt zahlreiche Kunstpreise, neben weiteren Auszeichnungen wurde Gerhard Marcks zum Ehrenmitglied der Akademie der Künste in Nürnberg und der Academy of Letters in New York ernannt.

„… Plastik, das ist Architektur, Proportionen, Anwendung der geringsten nötigen Mittel. Dann kann die Fantasie des Beschauers Leben sehn, keinen Bericht, sondern ein Gedicht.“
(Gerhard Marcks an Christian Höpfner, 6.9.1981)

Quellen:
Internetseite des Gerhard-Marcks-Hauses in Bremen: http://www.marcks.de/
Raimund Hoffmann: Gerhard Marcks. Berlin 1982.
Katja Schneider: Burg Giebichenstein. Die Kunstgewerbeschule unter Leitung von Paul Thiersch und
Gerhard Marcks 1915 bis 1933. Weinheim 1988.
Jens Semrau (Hrsg.): Durchs dunkle Deutschland. Gerhard Marcks – Briefwechsel 1933 bis 1980. Leipzig 1995.