Ein Tag im Stadtrat von Halle (Saale) – September 2010

von 29. September 2010

Das Getuschel war schon vor der Sitzung groß. Innendezernent Bernd Wiegand kam mit seiner geschassten Assistentin Sabine Ernst. Doch auch Referentin Ulrike Rohne war zur Ratssitzung gekommen, nahm – so wie alle Referenten – hinter „ihrem“ Beigeordneten Platz. Doch Wiegand eröffnete ihr erstmal, dass sie nicht zu seinem Dezernat gehöre. Am Ende saß sie doch die ganze Zeit in der Reihe hinter Wiegand, auch wenn der Innendezernent eine Zusammenarbeit mit ihr ablehnt.

Die eigentliche Stadtratssitzung begann am Mittwochnachmittag im Stadthaus aber mit der Bürgerfragestunde. Als Erstes meldete sich Regina Leiser zu Wort. Sie beklagte sich über die Parkplatzsituation in der Kefersteinstraße. Hier möge die Verwaltung bitte für mehr Parkmöglichkeiten sorgen. Außerdem beklagte sie eine diesbezüglich seit Monaten ausstehende Antwort durch das Fachressort.

Maik Naumann appellierte an den Erhalt des Sommerbades Ammendorf. Er forderte eine Bürgerversammlung zur Zukunft und bot ehrenamtliche Tätigkeiten beim Wiederaufbau des Bades an. „Wir sind immer bemüht, Belange breit zu diskutieren“, sagte Oberbürgermeisterin Szabados. „Aber irgendwann müssen Entscheidungen getroffen werden.“ Es sei angesichts der finanziellen Situation der Stadt nicht tragbar, das Bad zu erhalten oder zu sanieren. „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, so Szabados.

Klaus Hensel beklagte die Situation bei Hort-Plätzen für Förderschüler. Den für die Eltern ist es schwer, Hortplätze für ihre Kinder zu erhalten. „Dabei gibt es einen gesetzlichen Anspruch“, so Hensel. Allein an der Jägerplatz-Schule gebe es zehn bis zwölf Eltern, die ihre Kinder in den Hort schicken würden. Diese wüssten aber nicht, an welchen Ansprechpartner sie sich wenden sollen. Laut Sozialdezernent Tobias Kogge ist das Jugendamt zuständig.

Herr Kautius beklagte den Kauf des Landratsamtes. Die Stadt werfe dem Saalekreis nun Geld hinterher, beklagte er. Oberbürgermeisterin Szabados verteidigte den Kauf. Laut Kautius sei der Saalekreis gar nicht Eigentümer, das Gelände sei ihm in der DDR nur übertragen worden, die dort ansässige Bank habe man geschlossen. Kautius schlug deshalb vor, dort wieder eine Bank einzurichten. Finanzdezernent Egbert Geier verwies auf den Einigungsvertrag – hier seien die von Behörden genutzten Einrichtungen an diese übertragen worden.

Einen ganzen Fragenkatalog an seltsamen Ausführungen hatte Frau Schreiber mitgebracht. So werde ihr Mann von der Nachbarin schlecht gemacht, ihre Telefonnummer sei wegen Missbrauchs des Notrufs gesperrt …. OB Szabados sagte eine schriftliche Antwort zu.

Vor dem Einstieg in die Tagesordnung wurde die neue Seniorenbeauftragte Kerstin Riethmüller vorgestellt. „Viel zu tun“, werde sie haben, schließlich sei ein Drittel aller Hallenser älter als 60, so Riethmüller. „Wir wollen Halle zu einer lebenswerten Stadt machen in der es sich lohnt, alt zu werden.“ Glückwünsche kamen von Norwin Dorn vom Seniorenbeirat.

Damit geht es an die Beschlussvorlage. 42 Räte sind anwesend. Die Sitzung wird durch Hendrik Lange geleitet, weil Harald Bartl derzeit im Ausland weilt.

Eigentlich wollte die Stadtverwaltung auf dieser Sitzung auch schon den Nachtragshaushalt vom Stadtrat bestätigen lassen – dieser sieht Kürzungen von rund 20 Millionen Euro gegenüber dem im Frühjahr verabschiedeten Haushalt vor. Außerdem soll es laut Konsolidierungskonzept bis 2014 weitere Einsparungen von 32 Millionen Euro geben. Doch die Stadträte sehen noch Beratungsbedarf, vor allem wegen angekündigter Kürzungen im Sozial- und Sportbereich. Deshalb konnte der Nachtragshaushalt nicht wie von der Verwaltung gewünscht in dieser Sitzung beschlossen werden. Der Beschlusspunkt wurde von der Tagesordnung abgesetzt, auch wenn ihn die Verwaltung zunächst drauflassen wollte. „Wir haben im Finanzausschuss und im Hauptausschuss eindeutige Beschlüsse gefällt“, sagte der Linke Fraktionsvorsitzende Bodo Meerheim. „Ich empfehle dringend, den Punkt auf der Tagesordnung zu lassen“, so Finanzdezernent Egbert Geier. „Sonst könnten Restriktionen durch das Landesverwaltungsamt drohen.“ In Gesprächen mit den Fraktionsvorsitzenden hätte man sich auf eine verkürzte Verfahrensweise geeinigt, meinte Geier. Nur so sei die Anordnung der Kommunalaufsicht einzuhalten, bis zum 30. September den Haushalt vorzulegen. Der Rat votierte einstimmig dafür, die Vorlage abzusetzen. Erst im Oktober wird nun der Haushalt – nach den Beratungen in den Ausschüssen – wieder Thema sein. „Das war keine gute Entscheidung“, sagte Oberbürgermeisterin Szabados hinterher. „Wir müssen nun dem Landesverwaltungsamt sagen, warum es noch keinen Beschluss gibt.“ Das Stadtoberhaupt bat um eine zügige Behandlung in den Ausschüssen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Bönisch gab der Verwaltung Schuld am Scheitern. Diese sei bislang nicht durch konstruktives Verhalten aufgefallen.

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht überall in Deutschland eine Neuorganisation der Betreuung von Langzeitarbeitslosen nötig. Bislang betreiben Stadt und Agentur für Arbeit die ARGE in Halle-Neustadt als gemeinsame GmbH. Künftig will Halle aber die Betreuung in eigene Trägerschaft übernehmen, will sich als sogenannte „Optionskommune“ bewerben. Doch die Verwaltung zog die Vorlage zurück – in den Ausschüssen wurde deutlich, dass es keine Zustimmung der Räte geben wird.

Abgesetzt wurde zudem die Aufhebung des Schließungsbeschlusses des Neustädter Friedhofs. Dieser wird erst im Oktober behandelt. Diese Bitte äußerte Antragsteller Andreas Schachtschneider, der Rate folgte dem.

Anschließend wurden noch die nichtöffentlichen Beschlüsse aus der letzten Sitzung präsentiert, wie die Vergabe des Unerschrockenen Wortes, der Vergabe der Straßenbeleuchtung an die Stadtwerke und den Zuschlag an die Firma System Strobel zur Lieferung von 6 Krankenwagen im Wert von 584.000 Euro.

Jahresabschluss 2009 der GWG
Um Millionensummen ging es aber auch gleich in der ersten Beschlussvorlage. Der Jahresabschluss der GWG Gesellschaft für Wohn- und Gewerbeimmobilien Halle-Neustadt mbH stand an. Bei einer Bilanz von 345,2 Millionen Euro hat die GWG einen Gewinn von 7,65 Millionen Euro erwirtschaften. 5,1 Millionen Euro davon fließen nun in die Stadtkasse, um den Schuldenberg von Halle abzubauen. Weitere gut 2 Millionen Euro werden als Gewinn auf das kommende Jahr vorgetragen, der Rest des Jahresüberschusses geht in die satzungsgemäße Rücklage. Außerdem wurden Geschäftsführerin Jana Kozyk und der Aufsichtsrat entlastet.

Jahresabschluss 2009 der Mitteldeutsches Multimediazentrum Halle GmbH
Das MMZ bleibt weiterhin für die Saalestadt ein Kostenfaktor. Auch im letzten Jahr hat das Gründerhaus wieder einen Verlust eingefahren. Bei einer Bilanz von 31 Millionen Euro stehen am Ende 500.000 Euro Verlust im letzten Jahr. Der Stadtrat stimmte dem Jahresabschluss zu, entlastete Aufsichtsrat und Geschäftsführung. Es gab einige wenige Enthaltungen.

Jahresabschluss 2009 der ARGE SGB II Halle GmbH
Ebenfalls zugestimmt wurde dem ARGE-Jahresabschluss. Bilanz: 310.428,18 Euro.

Feststellung Jahresabschluss 2009 der Stadtmarketing Halle (Saale) GmbH
Einen Verlust von 34.804,45 Euro hat das Stadtmarketing im letzten Jahr gemacht. Die roten Zahlen werden aus dem Gewinn des letzten Jahres bestritten. Der Rat stimmte dem Jahresabschluss zu, entlastete zudem Chef Stefan Voß.

Feststellung Jahresabschluss 2009 der Zoologischer Garten Halle GmbH
Rote Zahlen hat im letzten Jahr auch der Zoo gemacht, vor allem durch Abschreibungen auf die Reil-Villa. Bei einer Bilanzsumme von 34.915.305,33 Euro betrug der Jahresfehlbetrag 1.859.197,29 Euro. Der Verlust wird mit der Kapitalrücklage verrechnet. Der Stadtrat stimmte bei wenigen Enthaltungen dem Jahresabschluss zu, ebenso der Entlastung von Geschäftsführer Jacob.

Wirtschaftsplan 2011 Kindertagesstätten der Stadt Halle
Mit 25,8 Millionen Euro soll die Stadt Halle im kommenden Jahr ihren Kita-Eigenbetrieb unterstützen. Die Erlöse aus Elternbeiträgen liegen laut Wirtschaftsplan bei gut 3,7 Millionen Euro. Einheitlich gab der Rat seine Zustimmung.

Besetzung von Aufsichtsgremien (Beirat) der Bäder Halle GmbH
Die städtischen Bäder sind an die Stadtwerke übertragen worden. Damit aber die Politik trotzdem noch Einflussmöglichkeiten hat, wird nun ein Beirat gegründet. In diesem werden Ute Haupt (Linke), Werner Misch (CDU) und Karamba Diaby (SPD) mitarbeiten. Dem stimmte der Stadtrat zu. Allerdings gab es noch etwas Kritik von Tom Wolter (MitBürger). Seine Fraktion ist im Beirat nicht vertreten. „Wir wollen, dass alle Fraktionen gleichermaßen vertreten sind, und nicht nur die drei großen.“ Oberbürgermeisterin Szabados entgegnete, da müsse er sich bei der nächsten Wahl anstrengen und bessere Wahlergebnisse holen.

Ergänzung der Geschäftsordnung für den Stadtrat und seine Ausschüsse
Es ist etwas kryptisch formuliert, hat aber einige Auswirkungen: denn künftig sollen alle Medien die Sitzungen aufzeichnen dürfen. Nur wenn ein Viertel aller Ratsmitglieder widerspricht, werden Tonaufnahmen untersagt. In der Vergangenheit hatte es vor allem durch Widersprüche von Stadtrat Werner Misch Diskussionen um die Thematik gegeben. Er war es auch, der sich nun in der Sitzung gegen die Vorlage äußerte. Misch führte dabei die negative Bekenntnisfreiheit ins Feld. Wenn seine Wortbeiträge aufgrund seines Widerspruchs zesniert würden, führe dies zur Stigmatisierung. Mehrheitlich wurde der Änderung zugestimmt, es gab aber auch Nein-Stimmen und Enthaltungen aus CDU und FDP.

Bestellung einer stellvertretenden Protokollführerin
Weil es einen Personalwechsel in der Stadtverwaltung gab, muss ein Posten neu besetzt werden. Anja Schneider wurde nun mit Beschluss des Rates als stellvertretende Protokollführerin des Stadtrates bestellt.

1. Änderungssatzung zur Gebührensatzung für die Benutzung der Kindertageseinrichtungen der Stadt Halle (Saale)
Eine Lücke im Satzungstext muss geändert werden. Es geht um die Kostenübernahme der Kita-Gebühren bei Langzeitarbeitslosen, die sich zum Beispiel in Weiterbildungsmaßnahmen befinden. Hartz IV-Bezieher sind von den Gebühren befreit, aber nicht wenn sie in Maßnahmen sind – da muss die Arge die Leistungen zahlen. Der Satzungstext wurde entsprechend geändert.

Namensgebung für Neubau KT Reggio, Böllberger Weg
Im Rahmen des PPP-Projektes entsteht im Böllberger Weg eine neue Kindertagesstätte, nachdem der marode Vorgängerbau abgerissen wurde. Noch fehlt aber ein Name. Die Kita soll künftig „Welt-Entdecker“ heißen. Zwei Räte enthielten sich bei der Namensgebung, der Rest stimmte zu.

Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 133 "Erweiterung Gewerbegebiet Bruckdorf"
In Halle-Bruckdorf will ein Investor zwischen Halle-Messe und Einkaufszentrum einen Solarpark anlegen, darunter sollen Parkflächen entstehen. Um das Vorhaben zu ermöglichen, stimmte der Stadtrat dem Abwägungsbeschluss und dem Satzungsbeschluss zu.

Schließung des Sommerbades Ammendorf und Entwidmung als öffentliche Einrichtung
Das seit sechs Jahren geschlossene Sommerbad in Ammendorf wird nun endgültig ais öffentliche Einrichtung geschlossen, der Stadtrat stimmte der Entwidmung zu. „Die Bausubstanz des Sommerbades weist mittlerweile erhebliche Defizite auf. Eine Wiedereröffnung würde einen erheblichen Sanierungsaufwand erfordern, der aus dem städtischen Haushalt nicht zu generieren ist“, heißt es zur Begründung von der Stadtverwaltung. „Eine Weiternutzung als Freibad ist aus Sicht der Verwaltung daher nicht zu realisieren.“ Bis zum Verkauf sind durch die Stadt auch weiterhin jährlich 53.000 Euro für das Gelände zu zahlen. Die Schließung wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Es gab drei Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen von SPD und Linken.

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Stadtrat Halle (Saale) zur Verbesserung der Breitbandversorgung in einem repräsentativen Gebiet
In einigen halleschen Stadtteilen gibt es kein schnelles DSL-Internet. Wie kann die Breitbandversorgung verbessert werden? Die Linken schlagen dazu einen „Breitbandgipfel“ im vierten Quartal vor. Außerdem soll es testweise in einem ausgewählten Gebiet besondere Bemühungen geben. Die Grünen schlugen in den Beratungen die nördliche Innenstadt (also das Paulusviertel) als Testgebiet vor, dieser Antrag wurde abgelehnt. Mehrheitlich stimmten die Räte dem Ursprungsantrag der Linken zu. Hier gab es drei Enthaltungen. Im Rahmen der Diskussion nannte Oberbürgermeisterin Szabados den Grünen-Antrag kontraproduktiv. Man könne das Testgebiet nicht schon vor dem Breitbandgipfel festlegen. Laut Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann haben sich 2000 Hallenser an der Umfrage beteiligt, die meisten Rückmeldungen habe es aus der südlichen Innenstadt gegeben.

Antrag der FDP-Stadtratsfraktion zur Behandlung aller Beraterverträge der Stadt Halle im Hauptausschuss
Immer wieder holt sich die Stadtverwaltung externen Sachverstand von Gutachtern ein. Und das kostet Geld. Die FDP will, dass der Stadtrat mitredet. „Die Stadt soll die Notwendigkeit begründen, warum sie Beraterverträge abschließt“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Gerry Kley. „In der Verwaltung gibt es genügend gut bezahlte Mitarbeiter.“ Bei Vereinen würde Geld gestrichen und sich schon wegen 200 Euro gestritten. „Bei den Beratern wird offenbar nicht gespart“, so Kley. Die Stadt lehnt den Antrag der Liberalen ab. Ab 15.000 Euro ist ohnehin der Vergabeausschuss und ab einem Wertumfang von 200.000 Euro der Stadtrat zuständig, argumentiert sie. Alle Beträge darunter lägen im Ermessen der Oberbürgermeisterin. Doch nur Grüne und FDP waren für den Antrag, der damit abgelehnt wurde.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur umweltverträglichen Beschaffung von Reinigungsmitteln
Halle soll umweltfreundlich putzen – so die Grünen. Auf Chemie soll möglichst verzichtet werden. Das hat der Stadtrat nicht zu entscheiden, sagt die Verwaltung. Denn dies greife in bestehende vertragliche Regelungen mit Dritten ein. Außerdem achte das ZGM schon auf Umweltfreundlichkeit. Das fand auch der Stadtrat, und beschloss den Antrag als erledigt zu betrachten. Zuvor hatte Oliver Paulsen von den Grünen noch einmal um Zustimmung geworben.

Antrag der Stadträtin Sabine Wolff (NEUES FORUM) zum Ausbau eines Blindenleitsystems
Bei künftigen Bauvorhaben soll die Stadt auch darauf achten, dass Orientierungshilfen für Blinde und Sehbehinderte errichtet werden. Das schlägt Sabine Wolff (Neues Forum) vor. Zudem soll ein Wegenetz für Blinde aufgebaut werden. Der Stadtrat stimmte zu, wenn auch mit einer Änderung. Statt „künftig“ ist nun von „weiterhin“ die Rede. „Der Antrag hätte sonst suggeriert, wir machen nichts“, sagte Oberbürgermeisterin Szabados. Robert Bonan (SPD) sagte, es sei wichtig das Bauverantwortliche auf die Belange von Behinderten achten. Und Antragstellerin Sabine Wolff wies darauf hin, dass oftmals Leitsysteme verstellt sind. Im Bahnhof beispielsweise würden Stühle auf dem Blindenleitsystem stehen.

6.6
Antrag des Stadtrates Bernhard Bönisch (CDU) zur Benennung einer Straße
Die Taubenstraße im Glauchaviertel soll in Heinrich-Pera-Straße umbenannt werden. Pfarrer Pera hat das hallesche Hospiz begründet, 1993 zunächst als Tageshospiz. 1996 begann die Arbeit als stationäre Einrichtung. In der Einrichtung soll todkranken Menschen das Sterben erleichtert werden. Schon zu DDR-Zeiten hat sich Pera intensiv mit der Thematik befasst. Er starb 2004 und soll nun auf diese Weise geehrt werden. Bei einigen Enthaltungen und Nein-Stimmen votierte der Stadtrat mehrheitlich für die Umbenennung. Zuvor gab es eine heftige Diskussion um Für und Wider. „Wir unterstützen zwar das Anliegen, eine Straße nach Pera zu benennen“, sagte der Grünen-Stadtrat Oliver Paulsen. Aber man könne keinen Namen aus dem Mittelalter streichen, das historische Erbe nicht aufgeben. Oberbürgermeisterin Szabados konnte eine Verbundenheit der Hallenser mit der Taubenstraße nicht erkennen. „Ich habe immer gedacht, der Name kommt von den Taubenvögeln“, so das Stadtoberhaupt. Dabei kommt es von Sackgasse – Taube Straße. Uwe Volkmar Köck (Linke) und Oliver Paulsen (Linke) schlugen statt der Taubenstraße vor, den Steg an der neuen Saaleklinik nach Pera zu benennen. Für Tom Wolter gehören Straßenumbenennungen zur Geschichte dazu. Sein Vorschlag: auf Tafeln die Entwicklung des Straßennamens darstellen. Einige Räte verwiesen auf mögliche Kosten, die durch die Umbenennung entstehen. Insgesamt 92 Anwohner sind betroffen. Sie bekommen einen Aufkleber auf ihren Ausweis mit der neuen Anschrift. Da fallen laut Bürgermeister Thomas Pohlack so gut wie keine Kosten an. Die neuen zwei Straßenschilder würden 200 Euro kosten. Und 1.500 Euro seien für die Umbenennung der Haltestelle vonnöten. Äußerst knapp (18 Ja, 19 Nein, 6 Enthaltungen) wurde ein Antrag der Grünen abgelehnt, die statt der Taubenstraße eine noch auszuwählende andere Straße im Stadtgebiet vorschlägt. Am Ende stimmten dann alle zu, die Taubenstraße in Heinrich-Pera-Straße umzubenennen. Es gab nur einige wenige Enthaltungen und Nein-Stimmen.

Prüfung der Einrichtung eines Fußgängerüberweges an der Straßenbahnhaltestelle Spechtweg
Einrichtungen der Universität und ein Wohngebiet liegen in unmittelbarer Nähe der Haltestelle. Doch für Fußgänger sei es nicht immer einfach, über die Straße zu kommen, finden die Linken. Sie wollen hier einen Fußgängerüberweg. Die Verwaltung will prüfen. Der Antrag kam in den Planungsausschuss

Neuordnung der Parkplätze am Kurt-Wabbel-Stadion
Derzeit wird an der Kantstraße das neue Stadion gebaut. In diesem Zusammenhang solle die Stadtverwaltung doch das Parkregime im gesamten Viertel überarbeiten, so die Linken. Auch dieser Antrag wird im Planungsausschuss beraten. Gerry Kley (FDP) bemängelte in diesem Zusammenhang, dass die VIP-Parkplätze direkt am Stadion sind, die Behindertenparkplätze aber weit weg. Und auch Thomas Felke (SPD) übte Kritik – Behinderte müssten auf dem kürzesten Weg ins Stadion kommen. Laut Planungsdezernent Thomas Pohlack machen die Behindertenstellplätze neben dem Funktionsgebäude keinen Sinn, weil die Rollstuhlfahrer ohnehin über das Marathontor ins Stadion kommen und sie direkt am Stadion auch Kabelstränge queren müssten. Deshalb die jetzige Variante.

Anbringung einer stationären Geschwindigkeitsmeßanlage an der Kreuzung Dölauer Straße / Schwuchtstraße
Viele Kinder überqueren die Dölauer Straße, es gab in diesem Jahr hier schon einen tödlichen Unfall. Deshalb soll doch bitte ein stationärer Blitzer angebracht werden, schlägt die SPD vor. Das hat die Verwaltung nach eigenen Angaben schon geprüft. Weil es sich um keinen Unfallschwerpunkt handelt die die Geschwindigkeitsübertretungen nur im Bagatellbereich lagen, sei laut Innendezernent Bernd Wiegand eine feste Blitzanlage rechtlich nicht möglich. Allerdings hat man die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert und hofft so auf mehr Sicherheit. Im Planungs- und im Ordnungsausschuss wird nun über den Antrag beraten. Dabei sei der Stadtrat gar nicht zuständig, sagte CDU-Stadtrat Werner Misch. „Das ist übertragener Wirkungskreis. Da hat der Stadtrat nichts mitzureden.“

Änderung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Saaletal"
Die SPD denkt an die Angler und will, dass diese auch im Landschaftsschutzgebiet ihre Autos abstellen dürfen. Doch der Stadtrat hat gar nicht das Recht, an der Verordnung etwas zu ändern, sagt die Stadtverwaltung – weil diese auf einem Landesgesetz beruht. Der Antrag wurde in den Umwelt- und Planungsausschuss verwiesen. Gerry Kley äußerte den Vorschlag, doch mit Einfahrtgenehmigungen zu hantieren.

Engagement des Landes als Mitgesellschafter des MMZ
55 Firmen sitzen im Mitteldeutschen Multimediazentrum. Die SPD schlägt vor, dass sich doch das Land an diesem Gründerzentrum beteiligen möge. „Denn Halle betreibt das MMZ für ganz Sachsen-Anhalt“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Johannes Krause. Besser nicht, meinte die Stadtverwaltung. Das habe man nämlich schon geprüft. „Im Ergebnis wurde deutlich, dass eine Beteiligung des Landes an der MMZ-Gesellschaft aus förderrechtlichen und fördertaktischen Gründen nicht angezeigt ist.“ Trotzdem wird nun erst einmal im Wirtschaftsausschuss über die Idee geredet. Vielleicht lässt sich ja doch noch eine Möglichkeit finden.

Reinigung von Wegen in halleschen Parks
Auf halleschen Parkwegen ist im Winter oftmals kein Durchkommen, weil viel Schnee liegt. Die Stadtverwaltung solle doch zumindest auf den wichtigsten Wegen, so die SPD in ihrem Antrag. Die Hauptwege der Parks reinige man auch im Winter. Mehr sei aber personell und finanziell nicht drin, sagte die Stadtverwaltung. Jetzt wird der Antrag im Ordnungs- und Finanzaussschuss beraten. Aber zuvor übte Gerry Kley (FDP) Kritik: selbst Nebenstraßen und Radwege seien im Winter nicht geräumt gewesen. „ich wäre dankbar wenn die normalen Straßen geräumt wären. Aber wird reden hier über Parkwege“, schimpfte Kley.

Erstellung eines Schuldenberichts
Wieviele Schulden hat Halle wirklich? Die FDP will es genau wissen. Im 2 Jahres-Rhythmus solle die Stadt nun einen Schuldenbericht aufstellen, fordern die Liberalen. Dabei sollen auch PPP-Projekte und städtische Beteiligungen aufgeführt werden. Mehrheitlich stimmte der Rat zu.

Erstellung eines Berichts auf Einhaltung der Gefahrenabwehrverordnung
Wie oft muss das Ordnungsamt zu Trinkerstandorten? In wie vielen Fällen wurde eingegriffen? Die FDP will einen genauen Bericht und zeigt sich verwundert, dass nach 152 Anzeigen im Jahr 2008 es nur noch drei im vergangenen Jahr gab. Großen Handlungsbedarf sieht Gerry Kley vor allem in der oberen Leipziger Straße. Der Antrag wird nun im Ordnungs- und Umweltausschuss beraten. Oberbürgermeisterin Szabados verwies den Antrag dorthin.

Verbesserung der halleschen Wirtschaftsförderung
Unzufrieden ist die FDP mit der halleschen Wirtschaftsförderung. Sie will deshalb eine Befragung der Kammern, was verbessert werden muss – zum Beispiel welche Erfahrungen es mit Behörden gibt, wie hoch die Belastungen durch Steuern und Gebühren sind und wie man die städtische Infrastruktur einschätzt. Gerry Kley schlug eine Befragung unter 200 halleschen Wirtschaftsunternehmen vor. Darüber wird nun im Wirtschaftsausschuss beraten.

Auswirkungen der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke auf realisierte und geplante Investitionen der Stadtwerke Halle GmbH
Die Bundesregierung hat die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerke beschlossen. SPD und Grüne auch in Halle sind dagegen und wollen nun mit ihrem Antrag Stadtverwaltung und Landesregierung auffordern, sich für eine zukunftsfähige und dezentrale Energieversorgung einzusetzen und gegen die Laufzeitverlängerung Klage zu erheben. Auch solle eine Schadensersatzklage geprüft werden. Schließlich hätte die Laufzeitverlängerung Auswirkungen auf geplante Projekte der Stadtwerke. Die CDU beteiligte sich nicht an der Abstimmung, die FDP war gegen die Resolution und die Mitbürger enthielten sich. Ansonsten sprachen sich alle Stadträte gegen die Laufzeitverlängerung aus. In der Diskussion ging es aber teilweise haarig zu, da fielen gegenseitige Vorwürfe wie Heuchelei und Farce. Grünen-Stadtrat Dietmar Weihrich sprach zunächst von der Risikotechnologie Atomkraft und der ungeklärten Frage der Endlagerung. Daneben wirke sich die Laufzeitverlängerung negativ vor allem auf die EVH aus. „Die großen Oligopole werden bevorteilt“, so Weihrich. Er befürchtet, dass die Gewinne der Stadtwerke sinken. Tom Wolter (MitBürger) warf Grünen und SPD „Symbolpolitik“ vor. Der Antrag komme zu spät. Die SPD sei zudem Teil der Landesregierung – bemängelte er mit Blick auf den Beschlusspunkt, sich mit der Resolution an die Landesregierung wenden zu wollen. Und die angedrohte Verfassungsklage nannte er gar einen polemischen Punkt. SPD-Fraktionschef Krause erklärte hingegen, der Antrag komme genau zum richtigen Zeitpunkt. Den kommunalen Unternehmen würden nachweislich Nachteile entstehen. „Der Stadtrat macht Bundestagspolitik“, schimpfte FDP-Fraktionschef Kley. SPD und Grüne würden Schaufensterpolitik betreiben. Solar- und Windenergie seien nicht Grundlastfähig. Der Antrag sei „Heuchelei“ meinte Bernhard Bönisch von der CDU. „Demnächst diskutieren wir wohl noch die Millenniumsziele der UN und die AIDS-Problematik in Afrika“, so Bönisch. Die Antragsteller würden bewusst Schärfe in den Stadtrat bringen.

Bau eines städtebaulich und wissenschaftspolitisch markanten geistes- und sozialwissenschaftlichen Zentrums
Die Kosten für den neuen Campus der Martin-Luther-Universität in der Emil-Abderhalden-Straße klettern. Deshalb plant das Land Abstriche. Unter anderem soll die Bibliothek kleiner ausfallen. Dagegen sind die Grünen, fordern eine vollständige und denkmalschutzgerechte Ausführung. Bernhard Bönisch sieht die Gefahr, dass das GSZ möglicherweise gar nicht mehr gebaut wird. Der Planungsausschuss wird beraten. Zunächst war sich Lisa Krausbeck (Grüne) nicht so ganz sicher, in welchem Ausschuss der Antrag gut aufgehoben ist. „Vielleicht hat jemand einen guten Vorschlag“, fragte sie. „Sportausschuss“ hallte es scherzhaft aus der CDU-Fraktion herüber.

Durchführung eines Kolloquiums bezüglich der Ehrung von Bürgerinnen und Bürgern
Eine Gedenktafel für Graf Luckner hat es gezeigt, ebenso wie die Debatte um die Emil-Abderhalden-Straße: einige Personen der Stadtgeschichte führen zu kontroversen Diskussionen. MitBürger und Neues Forum fordern nun ein Kolloquium zur „Ehrung von Bürgerinnen und Bürgern im Spannungsfeld zwischen städtischer Erinnerungskultur und aktueller Geschichtsforschung“ gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und unter Mitwirkung von ausgewiesenen Experten. Im Anschluss soll ein Kriterienkatalog erstellt werden, anhand dessen künftig Ehrungen in der Stadt – zum Beispiel in Form von Straßennamen – durchgeführt werden können. In den Kulturausschuss wurde der Antrag verwiesen. Oberbürgermeisterin Szabados sagte, eigentlich hätte die Stadt schon längst selbst auf diese Idee kommen können.