Ein Konstrukteur moderner Rechtsgeschichte

von 12. März 2009

(tof) „Sie haben eine wichtige Arbeit für die Stabilität Ost- und Mitteleuropas geleistet. Das kann man nicht genug würdigen.“ Mit diesen Worten eröffnete Klaus Kinkel, ehemaliger Justiz- und Außenminister der Ära Kohl seinen Vortrag "Rechtstransfer und Rechtstransformation – zu den Aufgaben der Justizpolitik nach 1989" zu Ehren Prof. Dr. Walter Rollands, emeritiertes Mitglied der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Rolland war, bevor er 1992 als Professor an die Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität wechselte, jahrelang als hoher Beamter im Bundesjustizministerium tätig. Zuletzt leitete er von 1986 bis 1992 die Abteilung I – Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Internationales Verfahrensrecht. In diese Zeit fällt auch die Kinkels Schaffensphase als Bundesjustizminister.

Im Zeichen des Zusammenbruchs der Sowjetunion und den damit einhergehenden Transformationen politischer Systeme würdigte Kinkel die „ herausragenden Leistungen“ Rollands bei den Bestrebungen zur Reformierung und Implementierung eines modernen Rechtssystems und Justizwesens in den noch jungen Demokratien Mittel- und Osteuropas. Rolland, erster und bislang einziger Präsident der Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit e.V., habe seit 1992 die Kernprobleme des Rechtstransfer von sozialistisch-autoritären Systemen zu rechtsstaatlichen Demokratien maßgeblich mit geprägt. So haben bereits acht Länder in denen die IRZ-Stiftung tätig war, den Weg in die Europäische Union gefunden.

Neben den lobenden Worten für die bisher geleistete Arbeit der von ihm 1992 persönlich ins Leben gerufenen Stiftung, verwies der ehemalige Außen- und Justizminister auch auf die immer noch herrschenden Probleme in den osteuropäischen Demokratien. Russland, Georgien, Ukraine – oft liegen zwischen geschriebenem und angewandtem Recht gewaltige Unterschiede. Gerade in den letzten Jahren kam es zu massiven Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Es sei die Aufgabe des Auswärtigen Amtes und Justizministeriums in Kooperation mit der IRZ den fragilen Demokratien weiterhin unterstützend zur Seite zu stehen, damit das Fundament für eine rechtsstaatliche Ordnung auf lange Sicht manifestiert werden kann. Dafür müsse man von Seiten der Politik jedoch mehr finanzielle Mittel bereitstellen, denn mit einem Budget von ca. 1,3 Millionen für mehr als 30 Staaten ist der Handlungsspielraum der IRZ-Stiftung sehr begrenzt.

Zudem sollte der Blick auch über den europäischen Tellerrand hinausgehen. In Zeiten zunehmender Globalisierung und steigender internationaler Abhängigkeiten sollten auch Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika das deutsche Know-how in Anspruch nehmen können. Dabei ginge es nicht um einen plakativen Verkauf des deutschen Rechts, sondern eine den Gegebenheiten angepasste Beratung, denn eine Rechtstransformation bedeute ein Stück weit auch immer einen Gesellschaftswandel.

Trotz der vielen Baustellen, habe die Stiftung schon viel erreicht und besonders Walter Rolland „Gewaltiges geleistet“, so Kinkels Resümee. Neben Kinkel sprach unter anderem auch Barbara Oertel, Auslandsredakteurin der Berliner Tageszeitung. Sie berichtete über aktuelle Entwicklungen in der Gegend um Walter Rollands Geburtsort: "L'viv und die Ukraine heute – auf dem Wege nach Europa". Auf dem Programm standen zudem Vorträge des Regensburger Emeritus Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Henrich ("Entwicklungen des Familienrechts in Ost und West") und von Prof. Dr. Norbert Reich ("Rechtliche Transformationen in Mittel- und Osteuropa – neue Aufgaben für die Rechtswissenschaft und die Juristenausbildung?").
Kulturell und zum Abschluss des Kolloquiums passend wurde im Dekanat der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eine Ausstellung mit Bildern des Bautzener Fotografen Jürgen Matschie zu "Galizien und Bukowina" eröffnet.