Jugendliche dürfen in Sachsen-Anhalt nach Vollendung des 16. Lebensjahres auf kommunaler Ebene und nach dem 18. Lebensjahr auf Landesebene wählen. Es bedarf allerdings keiner genauen Betrachtung, um zu erkennen, dass diese Methode wenig mit objektiver Einschätzung politischer Kenntnisse von Jugendlichen zu tun hat. Denn diese hängen neben der individuellen kognitiven Entwicklung auch von persönlichen Interessen des Einzelnen ab und lassen sich nicht durch eine Altersgrenze generalisieren.
Die Menschen in Deutschland werden im Schnitt immer älter. Gleichzeitig ist ein großer Teil der jungen Generation von allen Wahlen ausgeschlossen. Daher hat die jüngere Hälfte unserer Gesellschaft einen doppelten Nachteil in unserer Demokratie. Das Wahlalter für Landtagswahlen zu senken, ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Überall werden junge Menschen gefordert: Sie sollen immer schneller und qualifizierter ihre Ausbildung beenden, früher Verantwortung für ihr eignes Leben übernehmen. Aber wenn es darum geht, ihnen auch Rechte zuzusprechen, wird es plötzlich überall ganz still. Betrachtet man dann noch die geforderte Absenkung des Wahlalters in Zusammenhang mit dem demografischen Wandel, wird schnell klar, dass aufgrund des steigenden Durchschnittsalters der Wahlberechtigten Jugendliche immer weiter aus dem Blickfeld der Politik verschwinden. Dies führt in der Folge dazu, dass die Jugendliche, von den Auswirkungen der politischen Entscheidungen am längsten betroffen sind, diese nicht selbst mitbestimmen können. Wahlprogramme sind an den Wählern ausgerichtet Jugendpolitik kommt aufgrund der fehlenden Wahlberechtigung zu kurz! Hier braucht es dringend ein jugendpolitisches Umdenken!
Jugendliche haben in der jüngsten Vergangenheit durch bspw. occupy-Bewegung und Anti-AKW deutlich gezeigt, dass sie politisch interessiert sind und dass ihnen ihre Zukunft und somit ihre Chancen sehr wichtig sind. Junge Menschen handeln heutzutage aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen viel verantwortungsbewusster und engagieren sich gesellschaftspolitisch.
Jugendliche unter 18 Jahren sind sehr wohl in der Lage, eine weitreichende Entscheidung zu treffen. Aktuelle Studien wie die Shell-Jugendstudie sind darüber hinaus der Ansicht, dass bereits 12-Jährige über die notwendige kognitive Reife verfügen würden, um an Wahlen teilnehmen zu können. Am Alter lässt sich die Informations- oder Urteilsfähigkeit eines Menschen nicht messen. Es gibt Menschen in jeder Altersklasse, die sich kaum bis gar nicht für Politik interessieren und es gibt eben solche, die bestens informiert sind. Trotzdem wird niemand auf die Idee kommen, gleichgültigen, erwachsenen Bürgern das Wahlrecht zu entziehen.
Internationale Abkommen tragen dem Rechnung und legen u. a. fest, dass alle Menschen gleich an Rechten sind (Art. 1 UNMRK), Kinder- und Jugendliche in sie betreffende Angelegenheit zu beteiligen sind (Art. 12 UNKRK) und jeder Mensch ein Recht auf die Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes hat (Art. 21 UNMRK). Eine Wahlberechtigung an Altersgrenzen zu koppeln, ist mit diesen Maximen offensichtlich nicht vereinbar. Viel mehr kommt es darauf an, allen Menschen einen Zugang zu politischen Themen und Willensbildungsprozessen zu eröffnen, der an ihrem Horizont ansetzt.
Es ist nicht korrekt, das politische Desinteresse Jugendlicher nur dahingehend auszulegen, dass Jugendliche nicht in der Lage seien, an politischen Entscheidungsprozessen zu partizipieren. Kinder und Jugendliche werden im Verlauf ihrer Entwicklung schlichtweg zu wenig oder falsch darauf vorbereitet, sich zu beteiligen, ihre eigene Meinung zu artikulieren und auch durchzusetzen. Viele Jugendliche fühlen sich von politischen Strukturen ausgeschlossen, nicht ernst genommen. Sie zu durchschauen, weil sie mit Gremienarbeit, Antragstellung oder Ratssitzungen nicht vertraut sind, fällt ihnen mitunter schwer. Hier müssen die Verantwortlichen (Politiker, Lehrer, Eltern, Erzieher etc.) ansetzen und neue Wege beschreiten. Gebraucht werden moderne und transparente Partizipationsinstrumente und -methoden, mit denen Jugendliche etwas anfangen können. Hier haben die Jugendverbände mit Partizipation, Mitbestimmung und Basisdemokratie unabhängig vom Alter der jungen Menschen ein Alleinstellungsmerkmal, an welchem Politik und Verwaltung sich ein Beispiel nehmen können.
Es kann daher nur der richtige Weg sein, Jugendlichen schon so früh wie möglich die Fähigkeit anzuerkennen, mitbestimmen zu dürfen – denn politische Entscheidungen betreffen alle Menschen.
Wann in Sachsen-Anhalt das Wahlalter gesenkt wird, muss die Landespolitik entscheiden. Wir fordern, jungen Menschen unter 18 Jahren bereits bei der nächsten Landtagswahl eine Stimme zu geben. Die Bundesländer Brandenburg und Bremen gehen vorbildlich voran und haben bereits das Wahlalter für die Landtagswahlen von 18 Jahren auf 16 Jahre herabgesetzt.
Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. ist der Zusammenschluss von 23 landesweit tätigen Jugendverbänden, 3 Dachverbänden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendverbände der kreisfreien Städte und Landkreise. Er vertritt die Interessen der Kinder und Jugendlichen sowie seiner Mitglieder gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt und der Öffentlichkeit. Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. ist Träger der Landeszentralstelle juleica.