(ens) Der Stadtverband von Bündnis 90 / Die Grünen hat am Mittwochabend einstimmig das Programm für die Kommunalwahl 2009 verabschiedet. Laut Oliver Paulsen, Vorsitzender der halleschen Bündnisgrünen, habe dabei der Spagat “zwischen dem was wir wollen und dem was realistisch ist” überwunden werden müssen. Herausgekommen sei dabei kein “großer Wünsch-dir-was-Haufen”, sondern ein realistisches Programm, das vor allem auf dem ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich fußt.
Unter dem Motto “Leben – Lernen – Teilhaben” setzen die Grünen den Bereich Bildung ganz nach vorn in ihr Wahlprogramm. “Wir wollen eine intelligente Bildungspolitik machen”, so Paulsen. Wichtig sei es, die maroden Schulen instand zu setzen. In ihrem Wahlprogramm regen die Grünen deshalb eine Grundsanierung der halleschen Schulen durch das Konjunkturpaket II der Bundesregierung an. Bildung fängt für die Partei bereits im Kindergarten an. Ganztagsbetreuung für alle Kinder und ein gebührenfreier Kindergarten sind für die Grünen ganz große Ziele. Neu in Halle wäre ein Bildungsbüro. Hier sollen die Kompetenzen der verschiedenen Partner in der Kinder- und Jugendarbeiten gebündelt werden. Das Bildungsbüro solle aber kein neues bürokratischen Monstrum werden. Stattdessen sollen hier künftig die Mitarbeiter der verschiedenen Verwaltungsteile wie Kinder- oder Jugendbüro an einem Ort gebündelt zusammenarbeiten.
In Kapitel II geht es um die “Grüne Lebensqualität”. Eingestellt werden soll in der Stadt ein Energieberater, der nach Einsparmöglichkeiten in der Verwaltung beim Energieverbrauch suchen soll. Städtische Dachflächen sollen für die Nutzung durch Solaranlagen zur Verfügung stehen. Daneben setzen sich die Grünen für ein Nachtflugverbot zwischen 0 und 5 Uhr am Flughafen Leipzig-Halle ein. Der Fluglärm solle durch den Einsatz von “Continous Descent Apraoch” verringert werden. Hier landen die Großmaschinen wie im Segelflug und sind dadurch wesentlich leiser. Erstellt werden soll ein Konzept für die Versorgung von Halle mit Mobilfunk. Statt weniger großer Sendeanlagen mit starker Leistung sollen viel mehr kleinere Anlagen mit geringerer Leistungen aber engeren Abständen installiert werden. Dadurch lasse sich die Feldstärke im Umfeld der Antennen deutliche reduzieren, so Grünen-Stadtrat Dietmar Weihrich.
“Auto – Rad – Fuß” ist der Platz in Kapitel III gewidmet. Hier fordern die Grünen eine “Grüne Welle” für die Straßenbahn, die Vorrangschaltungen sollen auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden. Auch der Teufelskreis der immer weiter sinkenden Zuschüsse müsse durchbrochen werden. “Die Zuschüsse dürfen nicht weiter sinken”, heißt es dazu im Wahlprogramm. Daneben solle es wieder möglich sein, Fahrräder kostenlos mit in die Straßenbahn zu nehmen. Auf Durchgangsstraßen fordern die Grünen zur Lärmreduzierung nachts Geschwindigkeitsbegrenzungen. Daneben solle die Anzahl der Tempo-30-Zonen ausgedehnt werden. Einen großen Punkt nimmt auch der Fahrradverkehr ein. Unter anderem stellen die Grünen die Forderung nach einem durchgängigen Radwegenetz auf. Politessen sollen zudem verstärkt darauf achten, dass Autos keine Radwege zuparken. Für heftigen Streit sorgten in diesem Zusammenhang die Radkontrollen auf der oberen Leipziger Straße und der Vorschlag, die Kontrolleure hier abzuziehen und für die zuvor genannten Falschparker einzusetzen. Und so sprachen einige Teilnehmer von schikanösen und unverhältnismäßigen Kontrollen, andere wiederum plädierten gar für eine Ausweitung der Kontrollen, um “wild gewordene” Radfahrer zu Verantwortung ziehen zu können. Gefördert werden soll in Halle auf der Fußgängerverkehr. Notwendig sind dazu ein Fußwegekonzept und die Schaffung weiterer Fußgängerüberwege. Die Kleine Ulrichstraße sollte zudem in eine Fußgängerzone umgewandelt werden.
Das Thema “Stadt gestalten” unter Kapitel IV beschäftigt sich unter anderem mit dem Stadtumbau. Rückbau von Häusern am Stadtrand und die Ablehnung neuer Gewerbegebiete und Einkaufszentren am Stadtrand sind dabei einige für die Grünen wichtige Themen. Daneben werden mehr innerstädtische Spielflächen gefordert. Außerdem müsse dafür gesorgt werden, dass es wieder eine gesunde Durchmischung von Wohnen, Arbeiten und Einkaufen gibt. Die ebenfalls unter diesem Punkt stehende Schließung des Neustädter Friedhofs war einer der Streitpunkte des Abends. Im Wahlprogramm spricht man sich für den Erhalt aus, doch das wurde nur mit einer knappen Mehrheit so beschlossen. Mehrere Parteimitglieder sahen den Bedarf an Friedhöfen gedeckt, während Dietmar Weihrich noch einmal für den Erhalt warb. “Jedes Kuhdorf hat einen Friedhof.” Halle-Neustadt mit seinen 50.000 Einwohnern brauche deshalb auch einen Friedhof.
Den Studenten ist das Kapitel V ”Universitätsstadt Halle” gewidmet. Dabei wird unter anderem die Abschaffung der Zweiwohnsitzsteuer gefordert. Die aktuelle Satzung hatte ein Gericht für rechtswidrig erklärt, allerdings sucht man in der Stadtverwaltung nach neuen Ideen. Das wollen die Grünen nun verhindern. Diskussionen kamen am späten Abend zum Bau des Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrums auf. Mehrere Mitglieder legten noch einmal ihre Gründe für den Standort Spitze dar. Doch die Entscheidung Emil-Abderhalden-Straße ist gefallen. Im Zuge dessen müssen aber Lösungen für die Steintorkreuzung gefunden werden, heißt es im Wahlprogramm.
Weitere Punkte sind die mögliche Liquidation des Hafens Halle, der seit Jahren rote Zahlen schreibt, die Übernahme der Eissporthalle in städtische Trägerschaft, die Gründung eines Solarfonds, Eingemeindungen, die energetische Sanierung von städtischen Gebäuden zur Haushaltskonsolidierung und die Ablehnung des Verkaufs städtischer Unternehmen wie der Stadtwerke. Ihre Kandidatenliste für die Kommunalwahl am 7. Juni stellen die Grünen in zwei Wochen auf.