IHK kritisiert Tariftreuegesetz der Landesregierung

von 2. Juli 2011

Drei Monate ist die neue Landesregierung von Sachsen-Anhalt mit Ministerpräsident Reiner Haseloff im Amt. Doch das Urteil der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) zur Neuauflage der schwarz-roten Koalition fällt gespalten aus.

„Einerseits hat die Landtagswahl im März zwar – zumindest parteipolitisch – Stabilität gebracht. So ist die fortgesetzte Große Koalition sicher nicht das schlechteste der denkbaren Ergebnisse“, so IHK-Präsidentin Carola Schaar. „Andererseits jedoch bietet die Koalitionsvereinbarung trotz manch guter Ansätze durchaus auch einigen Anlass zur Skepsis und Kritik. Insgesamt sehe ich schon die Gefahr, dass die Sozialpolitik zu stark in die Wirtschaftspolitik hineinregiert“, mahnte Schaar anlässlich der IHK-Vollversammlung in Bitterfeld-Wolfen.

Begrüßenswert am Koalitionsvertrag seien der Wille zur Haushaltskonsolidierung und das Bekenntnis zum Bürokratieabbau. Jedoch fänden sich „viele Passagen, die man äußerst kritisch sehen muss“, hob die IHK-Präsidentin hervor. So dürfe die Lohnpolitik weder zur Sozialpolitik umgedeutet noch – zu Lasten der Unternehmen – zum „Zankapfel“ der Parteipolitik werden. Carola Schaar: „Auf dem Umweg über das Vergaberecht wollen die Koalitionspartner bestimmte Mindeststandards wie Tariftreue und Umweltfreundlichkeit durchsetzen. Solche sachfremden Vergabekriterien führen erfahrungsgemäß zu einer Verschwendung öffentlicher Mittel und zu einer Verzerrung des Wettbewerbs.“ Auch der Förderung sogenannter „Cluster“ und der geplanten Konzentration der Fördermittel auf solche Bereiche, „die die Politik für innovativ hält“, steht die IHK skeptisch gegenüber. „Der Markt kann es besser. Investitionsentscheidungen kann man getrost den Unternehmen überlassen“, wandte sich Schaar an die Politik. Eine geplante Energieagentur bezeichnete die Präsidentin als „alte Bekannte“. Bereits in den 90er Jahren hätte diese Institution in Sachsen-Anhalt keine lange Halbwertszeit gehabt. Derzeit seien Aufgabe, Finanzierung und Einbindung einer solchen Einrichtung noch völlig offen, so Schaar. „Die IHK ist anerkannter KfW-Partner und sehr erfolgreich in der Energieberatung. Gern bieten wir unsere Kenntnisse und Erfahrungen an.“ Der IHK-Vollversammlung gehören 73 Unternehmer aus dem Süden Sachsen-Anhalts an. Sie vertreten ehrenamtlich die Interessen der circa 54.000 Mitgliedsunternehmen.
In Sachsen-Anhalt soll die Vergabe von Fördermitteln von der Tariftreue der Unternehmer und der Einhaltung von Sozialstandards abhängig gemacht werden.