Nachtragshaushalt: Rotstift wird angesetzt

von 5. September 2010

In Halle (Saale) regiert ab sofort der Rotstift. Im Nachtragshaushalt, den das Landesverwaltungsamt für die Haushaltsgenehmigung gefordert hat, sind nun Einsparungen von 20,9 Millionen Euro gegenüber der vor vier Monaten verabschiedeten Fassung enthalten. Das Defizit soll damit in diesem Jahr von mehr als 50 auf 30 Millionen Euro gesenkt werden.

Den größten Posten macht dabei die Wohnungswirtschaft aus. Die beiden städtischen Wohnungsunternehmen GWG und HWG sollen nun 15,9 statt 4 Millionen Euro an die Stadt abführen. Der Zuschuss der Stadt an die HAVAG in Höhe von 6,4 Millionen Euro fällt weg, das Geld müssen stattdessen die Stadtwerke aus Mehreinnahmen generieren. Bei der Schülerbeförderung erwartet die Stadt in diesem Jahr geringere Ausgaben von 932.000 Euro. Grund ist die Umstellung der Zahlungsweise. Einen einmaligen Spareffekt von 400.000 Euro schafft die Stadt durch die geringere Abfallgebühren.

Allerdings wird auch bei den Vereinen und Verbänden gekürzt. Im Sport-, Kultur-, Jugend-, Sozial- und Gleichstellungsbereich wird ein Sparpotential von 300.000 Euro gesehen. Um mehr als ein Drittel werden die Leistungen der Wohlfahrtspflege zusammengestrichen, auf 161.500 Euro. Mit 8.900 Euro fällt die Kürzung im Jugendhilfebereich noch moderat aus. Sportvereine bekommen gut 130.000 Euro weniger in diesem Jahr als der noch vor vier Monaten beschlossene Haushalt aussagte. Gut 900.000 Euro fließen nun noch in diesem Bereich. Um 100.000 Euro wird auch der Zuschuss an den Eigenbetrieb für Arbeit (EfA) gekürzt.

Einsparungen von gut 2 Millionen Euro soll es auch bei der Sanierung des Druckereigebäudes für das Stadtmuseum, dem Kommunalen Bildungszentrum mit Stadtbibliothek, Berufsschule und Volkshochschule sowie dem Neubau der Kita „Reggio“ geben. Hier sind Abstriche bei den Bauleistungen vorgesehen. So wird bei der Druckerei noch nicht das komplette Gebäude ausgebaut. Aus- und Fortbildung sowie Beratungskosten in Höhe von 40.000 Euro werden im Finanzdezernat eingespart. Um 100.000 Euro solle nie Sachausgaben im Wirtschaftsdezernat gekürzt werden. Rückzahlungen aus Jahresüberschüssen erwartet die Stadt im Kita-Bereich (154.200 Euro) und bei der BeteiligungsManagementAnstalt (BMA) (114.800 Euro).

Auch in den kommenden Jahren geht das Sparprogramm weiter. 32 Millionen Euro sollen mit dem Konsolidierungskonzept bis 2012 eingespart werden. Dabei drohen mehr Blitzer, höhere Steuern und Abgaben, weniger Fördermittel, Schließung von Einrichtungen. Hier finden Sie Details zum Konsolidierungskonzept.

Bodo Meerheim (Linke), Vorsitzender des Finanzausschusses, erwartet keinen schnellen Beschluss. Viel mehr geht er davon aus, dass die von der Verwaltung vorgeschlagenen Kürzungen (Zitat: “Blut- und Tränenliste”) noch einmal in den Fachausschüssen beraten werden müssen. Einen detaillierten Einblick in die Zahlen konnte Meerheim noch nicht nehmen. Samstagmorgen hätte ihn ein Zeitungsredakteur mit den auf HalleForum.de veröffentlichten Zahlen konfrontiert. Zu diesem Zeitpunkt habe er selbst noch gar nicht die Zahlen gekannt. Diese seien erst am Samstag mit der Post gekommen, so Meerheim. Seine Fraktion wolle nun am Montag die Zahlen beraten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Bönisch rechnet ebenfalls mit längeren Diskussionen und will wie die Linken erstmals am Montag parteiintern über die Zahlen reden. Wie Meerheim war auch Bönisch von Zeitungsredakteuren auf den Halleforum-Artikel angesprochen worden, konnte aber ebenfalls nicht antworten. “Samstag kam ein dicker Umschlag von der Stadt, den hatte ich noch gar nicht geöffnet”, sagte er. Auch die anderen Fraktionen – FDP, MitBürger und Grüne – konnten sich mit dem ihnen am Samstag zugestellten Zahlenmaterial noch nicht befassen. Nach einem ersten Blick auf den Bericht im Halleforum sieht man teilweise vor allem die Sportpläne im Sport- und Sozialbereich kritisch. In einem Social Network kommentierte ein Stadtrat die Pläne: "Die Stadt Halle will sparen – mir scheint mehr, die OB hat darüber ihren Verstand verloren."