OB-Forum zur Innenstadt

von 19. April 2012

Wie soll es weitergehen mit der halleschen Innenstadt? Das will die Citygemeinschaft von den Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl wissen. Susanne Kiegeland und Wolfgang Fleischer von der Citygemeinschaft moderieren die Veranstaltung im Maritim-Hotel Halle (Saale). Sechs Fragen wollen sie von den Kandidaten wissen. Sechs Minuten Zeit haben die Kandidaten dafür.  Im April 1997 wurde die Citygemeinschaft gegründet. “Wir sind ein Zusammenschluss verschiedener Innenstadt-Akteure”, so Fleischer, der über die Aufgaben berichtet wie die Organisation von verkaufsoffenen Sonntagen oder die Veranstaltung von Aktionen wie dem Lichterfest. [b]Los ging es mit einer gemeinsamen Frage an alle Kandidaten: “Ich möchte OB werden…”[/b] Bernhard Bönisch (CDU): „weil ich gern Chef der Verwaltung sein möchte, was bedeutet eine mächtige Position in der Stadt zu haben.“ Oliver Paulsen (Grüne): „weil ich denke, dass die Potentiale der Stadt zu wenig genutzt werden.“ Bernd Wiegand (Parteilos): „weil ich dringend für erforderlich halte, dass Halle einen unabhängigen Oberbürgermeister bekommt.“ Swen Knöchel (Linke): „es gibt nicht schöneres, als die Geschicke seiner Heimatstadt zu lenken.“ Christian Kunze (Piraten): „damit Menschen sich wieder mehr an der Wahl beteiligen und mehr Transparent in die Entscheidungen reinkommt, mehr Bürgerbeteiligung.“ Senius: „weil ich diese Stadt als meine Wahlheimat kennen und lieben gelernt habe und meine Berufs- und Lebenserfahrung einbringen möchte.“ [b]Die erste konkrete Frage geht an Swen Knöchel, was er als OB unternehmen will, um Halles Position als Oberzentrum zu sichern.[/b] “Wir müssen dazu kommen, die Region als Ganzes zu betrachten, als Herzstück der Region Mitteldeutschland.” Halle solle das Kriegsbeil mit dem Umland begraben, so Knöchel. Die Region Halle habe gegenüber Magdeburg die Nase vorn, allerdings müsse die Kooperation mit dem Umland dafür besser gestaltet werden.  Halle habe eine hervorragende Krankenhauslandschaft mit vielen Ärzten, dies sei ein Pluspunkt für die Stadt. So könne Halle als Nebenstandort für die ältere Bevölkerung ausgebaut werden. Gute Voraussetzungen habe Halle auch durch die Universitäts- und Forschungslandschaft. Es müsse aber besser gelingen, hier Verknüpfungen zu schaffen.  Auch Kultur und Kunst mache ein Oberzentrum aus, mache eine Stadt lebenswert. “Wir müssen alles, was sich hier im Raum Halle befindet, zu einem einheitlichen Konzept verbinden”, so Knöchel. Das bisherige Spartendenken behindere nur.  Handel sei ein wichtiger Teil des Zentrums Halle, so Knöchel. Die Forderung nach mehr Parkplätzen in der Innenstadt kann er nicht nachvollziehen. In Günthersdorf laufe man weiter vom Parkplatz zum Einkaufen als vom Hansering zum Markt.  Für die obere Leipziger Straße müsse man sich wieder ein Wohnquartier denken und sich verabschieden, dass es hier einen Einzelhandelsstandort gibt.  [b]Bernd Wiegand wird zum Einzelhandels- und Zentrenkonzept gefragt. So solle er erklären, wie er mit dem Konzept als OB umgehen will und wie er die Vielfalt der Marken stärken und weitere Premiummarken ansiedeln will. [/b] Wiegand sagte, Personen die die Stadt voranbringen wollen, dürfen nicht behindert werden. Es sei wichtig, die Innenstadt abzugrenzen, was auch wichtig sei für die Immobilienwirtschaft. Das Dienstleistungszentrum Wirtschaft in der Stadt soll gestärkt werden. Hier solle es einen konkreten Ansprechpartner geben, so dass sich Investoren und Unternehmer nicht durch den Behördendschungel kämpfen müssen.  Bislang seien die Verbände und Organisationen einzeln vorgegangen. Dies wolle er bündeln. Daneben sprach sich Wiegand für einen gebündelten Firmenservice und eine bessere Betreuung aus. Die Verwaltung müsse sich optimieren, damit Genehmigungen schneller erteilt werden. Das Stadtmarketing solle effektiver und zielgerichteter ausgerichtet werden. Die touristischen Angebote an der Saale will Wiegand ausbauen und gezielter bewerben.  Das Einzelhandelskonzept sei ein Papier, was derzeit nicht richtig lebt. Es bedürfe einer Präzisierung. Das Erreichen der Innenstadt sei ein wesentlicher Faktor, das Wirtschaftswachstum der Innenstadt voranzubringen. Parkmöglichkeiten und Verkehrszufahrten, sowie die Ausschilderungen und das Leitsystem sollen verbessert werden. In der Vergangenheit habe jeder in der Stadt seine Sache gemacht, aber nicht abgestimmt. Einheitliche Öffnungszeiten in der Innenstadt seien wichtig.  [b]Oliver Paulsen wird mit dem Thema Verkehrsentwicklungsplan konfrontiert. Er wird gefragt, was er zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Innenstadt tut. [/b] Die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr muss verbessert werden, Paulsen sprach sich für mehr Park & Ride-Plätze aus. Auf dem Markt brauche es zudem mehr Bänke, damit sich Fußgänger ausruhen können. Die Taktzeiten für die HAVAG müssen verbessert werden, um es attraktiv zu machen, mit dem ÖPNV in die Innenstadt zu fahren. Bei der Parkplatzfrage sei er skeptisch. Schon flächenmäßig könne man kaum weitere Parkplätze schaffen. Paulsen ging auch darauf ein, dass die bisherigen Parkhäuser nicht ausgelastet sind. Auch in der nördlichen Innenstadt an der Leopoldina brauche es kein weiteres Parkhaus. Es sei zuzumuten, im Händelhaus-Parkhaus zu parken. Die Wege bis zur Leopoldina seien nicht so weit. Paulsen regte die Einrichtung eines gemeinsamen Lieferservice aus sowie die Ticketerstattung von Fahrscheinen, um so Attraktivität zu schaffen.  Die autoarme oder autofreie Innenstadt sei eines seiner Ziele, so Paulsen. Dies mache Lebensqualität aus.  [b]Kay Senius wird gefragt, was er zur Erhöhung der Attraktivität des Marktes tun will.[/b] Der Markt sei, so Senius, einer der ansprechendsten Orte in der Stadt. Er könne aber durchaus schöner werden. Mehr Attraktivität gelinge mit mehr Grün, auch eine Verlegung der Straßenbahn an die Seite würde er sich wünschen, damit die Tram nicht mehr mitten über den Marktplatz fährt. Auch eine gezieltere Ansiedlung von Gastronomie sei nötig. Den täglichen Wochenmarkt will Senius erhalten. Vielleicht könne man aber eine thematische Gliederung ausbauen.  Von seiner lebhaften Seite zeige sich der Markt bei den Festen, wie dem Weihnachtsmarkt. Er würde sich aber durchaus einen früheren Beginn wünschen. Der Weihnachtsmarkt solle als Familienmarkt positioniert werden.  Das Salzfest knüpfe stark an die Marke Halle an. Halle lebe aber auch von den Stadtteilfesten.  Events gehören zu einem attraktiven Markt dazu. “Hier haben wir Potentiale, die wir ausbauen können.” Doch auch durch mehr Touristen werde der Markt interessanter. Halle böte sich als zentraler Ausgangspunkt für Exkursionen ins Umland an.  Einen Ideenwettbewerb zur Ausgestaltung des Marktplatzes würde er sich zudem wünschen.  [b]Zum Citymanagement wird Bernhard Bönisch gefragt. Dies werde derzeit vom Stadtmarketing nur teilweise geleistet, sagte Susanne Kiegeland. [/b] Das Citymanagement sei eine gemeinsame Aufgabestellung für Citygemeinschaft, Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung, sagte Bönisch. Diese drei Institutionen sollten den Citymanager gemeinsam finanzieren.  Ein Citymanager könnte in Halle auch darauf achten, wie der ruhende Verkehr gestaltet werden kann. Zu viele Dauerparker stünden beispielsweise in den Straßen rund um den Markt. Doch auch um die Gestaltung von Festen sollte sich ein solcher Citymanager kümmern.  [b]Christian Kunze wird gefragt, mit welchen Konzepten Baulücken beseitigt und Leerstand behoben werden kann. [/b] Schnittpunkt zwischen oberem und unterem Boulevard sei der Leipziger Turm. Er bringt ins Gespräch, hier die querende Straße unterirdisch zu führen. Er wisse aber nicht genau, ob dies der einzige Grund sei, warum sich kaum Einzelhandel am oberen Boulevard ansiedele. Möglicherweise liege es an den Mietkosten. Um Leben reinzubringen, wären günstige Mieten eine Möglichkeit. So werde die Attraktivität des Riebeckplatzes beispielsweise nicht gesteigert, wenn es dort ein Casino gebe. Nun äußert sich Kunze zu den Freiflächen der ehemaligen Riebeckhochhäuser. Hier wolle er nach Interessenten für die Flächen suchen. Den Bau von Parkplätzen hält er hier nicht für sinnvoll.  Jetzt geht es um Baulücken. Die Einrichtung von Kindergartenplätzen hält er an dieser Stelle für sinnvoll. Er stecke aber nicht in der Materie, um sich detailliert zu diesem Thema zu äußern. Einen weiteren Supermarkt an der Spitze halte er nicht für sinnvoll. [b]Jetzt ist das Publikum dran.[/b] Konstanze Born vom Juweliergeschäft Weiß fragt, warum beim Marktumbau die Begrünung nicht mit bedacht wurde. Bernhard Bönisch macht die frühere Stadtplanerin Merk verantwortlich, die wohl einen grauen Markt gewollt habe und die steinerne Kulisse toll fand. Konrad Schulz ist Hauseigentümer in der oberen Leipziger Straße und fragt Herrn Paulsen zu einer Belebung der oberen Leipziger Straße und wie die Achse vom Markt zum Bahnhof fußgängerfreundlicher gestaltet werden kann.  In Halle sei zu wenig Kaufkraft vorhanden, dass die obere Leipziger Straße genauso belebt werde wie der südliche Teil, meint Paulsen. Allerdings seien nach und nach kleinere Maßnahmen möglich und nötig, die Attraktivität zu steigern. Dies könnte auch eine Aufgabe des Citymanagers sein. Daneben regte Paulsen die Schaffung von mehr Außengastronomie oder die Umwidmung von Ladenflächen zu Büroflächen an.  Konstanze Born fragt Herrn Wiegand, wie er den Hallmarkt beleben will.  Nur 18 Veranstaltungen im Jahr dürfen im Bereich Markt und Hallmarkt stattfinden, so Wiegand. Allerdings bringe der Edeka-Markt eine stärkere Belebung. Im Zusammenspiel mit dem oberen Markt solle man auf dem Hallmarkt verstärkt auf Spezialmärkte setzen. Man müsse aber immer auch den Obermarkt betrachten.  Axel Prescher vom Hauptbahnhof warnt davor, dass der Riebeckplatz und der obere Boulevard weiter verkommt. Dies sei für Touristen kein schönes Bild. Genervt sei er beispielsweise von der Wildplakatierung. Er fragt Herrn Wiegand nach möglichen Maßnahmen. Wiegand erläutert, dass sich die Wildplakatiererei schon verringert habe. Der Webervermarkter Stroer und das Ordnungsamt würden nicht genehmigte Plakatierungen verfolgen. Baurechtlich über eine Gestaltungssatzung sieht Wiegand für die Zukunft aber Möglichkeiten, hier einzugreifen. Diese wolle er als OB initiieren.  Wolfgang Schmidt fragt Herrn Knöchel nach der weiteren Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel in der Peripherie wie dem Hermes-Gelände.  Knöchel sagte, er glaube nicht, dass ein Einkaufszentrum auf dem Hermes-Areal die Markthändler signifikant treffe. Für Anwohner des Paulusviertels sei es aber attraktiv, könne daneben von Fahrten nach Peißen abbringen.  Kay Senius wird nach den geplanten Factory Outlet Centern in Brehna und Wiedemar gefragt. Er sieht darin Risiken. Outlet Center hätten einen Konsumentzugseffekt auf die Region. Er verstehe gut, dass der lokale Einzelhandel Risiken sieht.  Detlef Großwendt hat seit 1977 sein Geschäft in der Großen Ulrichstraße. Viele Einzelhandelsgeschäfte habe er seit der Wende erlebt. Er will von Bernhard Bönisch wissen, was er in dieser Richtung vorhabe.  Der Marktplatz und die Umgebung müssten attraktiv gestaltet werden. Hier sei die Stadt auf einem guten Weg. Halle habe lange genug Erfahrung gesammelt mit Konzepten, die nicht funktioniert hätten, so Bönisch.  Reinhard Cornelius geht darauf ein, dass der hallesche Markt einer der größten überhaupt sei. Dies sei für viele Touristen attraktiv. Er will von den Kandidaten wissen, welche Vision sie für die Stadt haben. Er wolle einen Stadtvater haben der sagt, er stehe für diese Stadt. Er lebe seit 1966 in der Stadt und wolle endlich einen OB, der etwas Tolles für die Stadt macht. Dafür erntet er Applaus. Kay Senius sieht die Entwicklung im Kontext mit der Region. Durch die vielen Potentialen sehe er Halle in mehreren Rollen: attraktive Wohnstadt, prosperierender und gut entwickelter Wissenschaftsstandort, auch in Zeiten sinkender Haushaltmittel sehe er Halle als kulturellen Leuchtpunkt.  Christian Kunze will mehr Bürgerbeteiligung. Die Menschen sollen sagen, was sie stört. So könne man auch die Wahlbeteiligung erhöhen und das Klima verbessern. Leipziger seien stolz auf ihre Stadt, Hallenser eher zurückhaltend. Um die Attraktivität der Stadt zu steigern, müsse dies auch in den Köpfen der Menschen drin sein.  Swen Knöchel sagte, eine gute Verwaltung könne die Stadt voranbringen. Großes Problem sei, dass für den Bürger derzeit nicht erkennbar ist, wie Halle verwaltet wird. Dies müsse für den Bürger transparenter werden.  Bernd Wiegand will die Stadt vital, leistungsstark und selbstbewusst gestalten. Er wolle, dass alle gemeinsam die Stadt stärker nach Außen vertreten. Oliver Paulsen sagte, es gebe einen großen Berg an Problemen in der Stadt, die nicht angegangen wurden. Er wolle dafür sorgen, dass sich viele daran beteiligen, die Stadt nach vorn zu bringen.  Bernhard Bönisch sagte, er wolle nicht der sein, der große Schlagzeilen produziert. Er wolle stattdessen Vertrauen aufbauen zwischen Verwaltung und Bürger, “dass Verwaltung sich als Dienstleister für den Bürger sieht.” Die Verwaltung solle nach Außen selbstbewusst und nach Innen kooperativ agieren.  Herr Franz, Jurist, geht auf die Haushaltslage der Stadt ein. “Was ist so schlimm an einem Zwangsverwalter, und könnte es eine kommunale Insolvenz geben?” “Das entspricht nicht meinem Weltbild”, so Knöchel. Eine Kommune könne man nicht einfach so abwickeln, zu einer Kommune gehören auch Bürger. Eine Zwangsverwaltung direkt gebe es gar nicht, sondern einen Beauftragten des Landes. Problem sei, dass Halle so viele gesetzliche Aufgaben übertragen bekommen hat, dass sie kaum noch Luft zum Atmen habe. Es gebe Wege mit dem Land zu reden. Derzeit seien Landes- und Bundesaufgaben nur unzureichend ausfinanziert. Die Einnahmen müssten aber auch deutlich verbessert, die Wirtschaft gestärkt werden. Darauf wolle er sich konzentrieren, nicht über Zwangsverwaltung und Insolvenz nachdenken.