Sachsen-Anhalts Chemiebranche investiert kräftig

von 22. Januar 2012

(dpa) Die chemische Industrie in Sachsen-Anhalt ist auf Wachstumskurs und baut kräftig aus. Wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab, werden in diesem Jahr viele Vorhaben auf den Weg gebracht oder schon abgeschlossen. Die Projekte reichen von Ausbau oder Modernisierung vorhandener Anlagen bis zum millionenschweren Neubau. Je nach Bedarf entstehen neue Jobs, wobei Großinvestitionen, die Hunderte neuen Arbeitsplätze mit sich brächten, nicht in Sicht sind. Nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (Nordostchemie) hat die Branche in Sachsen-Anhalt rund 15 400 Beschäftigte und 2011 einen Umsatz von etwa 7,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Wichtig für die Chemie ist die Strom- und Wärmeversorgung. Am Industriestandort Zeitz (Burgenlandkreis) soll dazu in diesem Jahr mit dem Bau eines rund 130 Millionen Euro teuren Gas- und Dampfkraftwerks begonnen werden. Zudem wird ein Teil einer Bioraffinerie fertig (Investition insgesamt: 13 Millionen Euro), und es beginnt der Bau einer Anlage zur Kunststoffaufbereitung (15 Millionen Euro), wie die Standortgesellschaft mitteilte. «Mit den geplanten Ansiedlungen, die ab 2012 begonnen werden, sind etwa 100 neue Arbeitsplätze zu erwarten», sagte Wolfgang Bauer, Geschäftsführer der Infra-Zeitz Servicegesellschaft mbH. Am Standort gibt es rund 50 Firmen mit zusammen etwa 1200 Beschäftigten.

Mehrere Dutzend neue Arbeitsplätze sollen den Angaben zufolge Investitionen in Firmen in Leuna bringen – zum Beispiel beim Faserproduzenten Domo oder der Firma Leuna-Harze. Der Geschäftsführer der Standortgesellschaft Infraleuna GmbH, Andreas Hiltermann, sieht die Entwicklung positiv, «weil ansässige Unternehmen sowie Neuansiedler Investitionsvorhaben derzeit realisieren oder diese angekündigt haben.»

Leuna ist mit 1300 Hektar den Angaben zufolge der flächenmäßig größte Chemiestandort in Sachsen-Anhalt und auch in Deutschland. Rund 100 Firmen mit zusammen etwa 9000 Mitarbeitern sind hier ansässig, der französische Mineralölkonzern Total (Paris) betreibt hier eine Raffinerie. Rund sechs Milliarden Euro wurden laut Hiltermann seit der Wende investiert.

Auch im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen investieren Unternehmen. Weitere Verträge mit neuen Investoren seien unterzeichnet, die 2012 mit Bauvorhaben beginnen werden, sagte der Geschäftsführer der P-D Chemiepark Bitterfeld Wolfen GmbH, Matthias Gabriel. Unter Hinweis auf vereinbarte Vertraulichkeit machte er keine weiteren Angaben.

Gabriel zufolge wurden 2011 auf dem Areal rund zehn Investitionsprojekte von Firmen umgesetzt oder begonnen, etwa von Bayer und Lanxess. Dahinter standen Investitionen in Höhe eines zusammen «dreistelligen Millionenbetrages». «Diese Entwicklung wird sich auch 2012 fortsetzen», sagte Gabriel. Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen gibt es den Angaben zufolge 360 Firmen mit zusammen 12 000 Beschäftigten.

Etwa 60 Einzelvorhaben stehen auf dem Gelände der SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH (Landkreis Wittenberg) mit einem Investitionsumfang von 31 Millionen Euro an, wie ein Unternehmenssprecher mitteilte. «Alle Maßnahmen sollen 2012 fertiggestellt werden», sagte er. Zudem entstehe in der Nähe des Werkes ein großer Gewächshauskomplex. Die Firma mit rund 820 Mitarbeitern produziert nach eigenen Angaben pro Jahr rund 4,8 Millionen Tonnen Ammoniak und Harnstoff, der etwa in der Landwirtschaft als Dünger verwendet wird. Zudem gehört zum Unternehmen in Piesteritz ein Industriepark mit 30 Firmen und 1500 Beschäftigten.

Mit dem Strukturwandel der Chemie in Ostdeutschland haben sich an großen Standorten in Sachsen-Anhalt viele Firmen anstelle einstiger Großkombinate angesiedelt. Der US-Konzern Dow Chemical (Midland/Michigan) etwa hat als Sitz für seine ostdeutsche Tochter Dow Olefinverbund GmbH Schkopau gewählt und das Areal des früheren Buna-Werkes («Plaste und Elaste aus Schkopau») wie andere Investoren mit Hilfe von Steuermitteln umgekrempelt und modernisiert.