ZDF dreht “Tatort” im Landesmuseum in Halle

von 5. Oktober 2009

"Tatort Eulau" lautet der Arbeitstitel der Folge für das ZDF-Wissenschaftsformat "TerraX". Die Dreharbeiten laufen noch bis Ende November, und am Montag war das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) Drehort. Doch das ehrwürdige Gebäude dient nicht, wie andere hallesche Strassenzüge, als bloße Kulisse für die Tätigkeit schlauer Ermittler.

Und die Protagonisten dieses Wissenschaftskrimis sind auch nicht alle Schauspieler. Auch keine Laiendarsteller, sondern sie sind es selbst, die Wissenschaftler, Grabunstechniker, Restauratoren und externen Experten. Die Tatzeit des tzu lösenden Falles liegt lange zurück, in der Jungsteinzeit. Vor 4500 Jahren wurden mehrere Familien in der Nähe des heutigen Eulau (Burgenlandkreis) auf grausame Weise ermordet.
Und so fällt die Aufklärungsarbeit auch in den Zuständigkeitsbereich des Landesmuseums Halle, wo die einstigen Opfer in eindrucksvoller Weise ausgestellt sind.

Die Erforschung der Gräber steht im Mittelpunkt des Films. Ausgangspunkt ist der Ort, wo die wo die 3 Frauen, 2 Männer und 8 Kinder einst liebevoll und z.T. in inniger Umarmung bestattet wurden. Vor wenigen Jahren wurden sie bei Grabungsarbeiten in einer Kiesgrube entdeckt: Eine Weltsensation, deren Erforschung international in den Hitlisten bedeutender wissenschaftlcher Leistungen geführt wird. Warum? Unter anderem weil weltweit zum ersten Mal durch DNA-Analyse der früheste Nachweis für die Existenz einer Kernfamilie erbracht werden konnte.

Doch nicht die Wissenschaftliche Sensation soll den Fall für ein breites Publikum so spannend machen, sondern der hohe emotionale Botschaft, die die Art der Bestattung vermittelt. Gewalt, Mord, aber auch Liebe und Fürsorge drückten sich in diesen Gräbern aus, erklärte Landesarchäologe Meller in der heutigen Pressekonferenz.

Zum Format des "Wissenschaftskrimi" gehört auch ein "Profiler" oder "Fallanalytiker", wie er in der nüchternen Kriminalistensprache der Gegenwart genannt wird. Um den Film "rund" zu machen, hat das ZDF daher das BKA angesprochen, ob man einen solchen nicht auch vor die Kamera bekommen könne. Erst nach längerem Zögern habe er zugestimmt, erklärte "Chefprofiler" Dr. Michael Baurmann heute auf der Pressekonferenz. "Wir arbeiten normalerweise nur auf der Grundlage umfassendster naturwissenschaftlichen Vorarbeiten", so Baurmann, der sich erst eine Rolle in einem Steinzeitfall kaum vorstellen machte: "aber im Fall Eulau ist eine Ausnahme: denn hier liegen solche umfassenden naturwissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse vor", erklärte er.
Landesarchäologe Meller, der in dem Film gemeinsam mit den Kollegen Dr. Norbert Ganselmeier (Ausgräber) und Hartmut v. Wieckowski (Restaurator) auftritt, war nach seinen Worten von seinem kriminalistischen Filmpartner, den er erst am Vortag beim Abendessen kennen gelernt hat, sichtlich begeistert: "Wir haben beschlossen, Herrn Baurmann in diesen und ähnlichen Fällen als Berater zukünftig hinzuzuiehen". Bereits von dem gestrigen Gespräch habe er etliche Anregungen und Fragen mitgenommen, erzählte Meller. "Kriminologen und Archäologen haben erstaunlich viele Berührungspunkte" stelle er immer wieder fest.

Das schwierige Spannungsfeld zwischen Realität, Dokumentarfilm, Fiktion und Zuschauerwünschen erläuterten Gerwin Dahm und Michael Gregor, die Produzenten und Regisseure des Films. Kurze, eindrucksvolle Filmausschnitte waren bereits zu sehen. Da man natürlich bei der eigentlichen Ausgrabung und Bergung des Fundes nicht habe dabei sein können, wurde dies nachgestellt – perfekter, dramatischer als in Realität. In den wesentlichen Dingen aber nicht falscher. Natürlich rückt zu einer archäologischen Bergung in der Regel kein Katastropheneinsatzzug des THW Merseburg aus, und gegraben wird auch nichts nachts. Aber die so erzeugten Bilder sind ein Zugeständnis an die Sehgewohnheiten des Publikums.

Und dass der Film sich auch für das ZDF wirtschaftlich lohnt wird, ist sich ZDF-Redakteur Klaus Heckenhahn sicher. Trotz der nicht unerheblichen Kosten von ca. 300.000,- Euro. Mit der hohen Qualität hoffe man sich, selbst der BBC Konkurrenz machen und den Film auch im europäischen Ausland erfolgreich verkaufen zu können.