Moritzburg stellt Jahresprogramm vor

von 22. Januar 2012

“In roten Schuhen tanzt die Sonne sich zu Tod am Rand der Nacht” erklang es am Samstagnachmittag zwischen den Werken Einar Schleefs in der Moritzburg in Halle (Saale). Das Kunstmuseum hatte zu seinem Neujahrsempfang eingeladen und präsentierte dabei schon mal eine Kostprobe einer szenischen Lesung der Sprechbuehne zu expressionistischer Lyrik. Entwickelt wurde das Projekt für die Ausstellung „Wort wird Bild. Illustrationen der Brücke-Künstler“ im Bereich der Sammlung Hermann Gerlinger. Premiere ist am 22. April um 17 Uhr in der Moritzburg.

Doch zunächst wagte Stiftungs-Direktorin Katja Schneider einen Rückblick.”Glücklicherweise” sei es ruhiger geworden, sagte sie. Das war ja am Anfang des Jahres noch nicht so. Da wurde die Haushaltsführung bemängelt, es gab Diskussionen um Baumängel und Vorwürfe der undurchsichtigen Aktenführung. “Wir sind auf einem guten, nicht einfachen Weg”, so Schneider. Trotz aller Belastungen durch den Bau und einhergehenden Mängeln habe man ein gutes Ausstellungsprogramm geboten. Seit Dezember seien nun die Brandschutznachbesserungen erfolgen. Auch der Erschließungsturm sei fertig, habe eine Aluminiumhaut bekommen, “so dass keine Feuchtigkeit mehr eindringen kann.” Außerdem seien nun im Jahr 2012 weitere Sanierungsmaßnahmen möglich, weil die Stiftung Mittel aus dem Nachtragshaushalt des Landes bekommen habe.

Einer der Höhepunkte des ausgeklungenen Ausstellungsjahres war für Katja Schneider die Schau „Glanz der Macht“, die den kaiserlichen Prunk der Wiener Kunstkammer in die Moritzburg brachte. Doch auch die Wiederentdeckung eines lange vergessenen Architekturwettbewerbs mit Plänen des Bauhausmeisters Walter Gropius, der Halle mit einer „Stadtkrone“ vervollkommnen wollte, habe das Ausstellungsprogramm bereichert. Provokativ kam „Mysterium Leib“ der flämischen Bildhauerin Berlinde De Bruyckere daher. Und gewissermaßen einen Tabubruch gab es in der Schau zu „Fränzi und Marcella“, den beiden Lieblingsmodellen der „Brücke“-Maler. Und natürlich stand an seinem 10. Todestag auch Einar Schleef im Mittelpunkt. Mit „Einar Schleef. Ich bin ein anderer in mir“ wurden die Lebensorte des Künstlers in den Blick genommen. Außerdem wurde 60 Jahre Grafisches Kabinett der Moritzburg gefeiert.

Den “Ausstellungsreigen” 2012 eröffnen wird “Wort wird Bild. Illustrationen der Brücke-Künstler”. Erstmals werden in dieser Schau die faszinierenden Illustrationen der Brücke-Maler zu Dichtung und Literatur in einer Zusammenschau gewürdigt. 80 Werke sind dabei zu sehen. Daneben werden in diesem Jahr zwei weitere Präsentationen aus der Sammlung Hermann Gerlinger gezeigt. Sie sind den Werken Ernst Ludwig Kirchners und Erich Heckels gewidmet. Daneben wird der zweite Band des Brücke-Almanachs veröffentlicht.

Auch mit den neuen Nachbarn, der Leopoldina, ist eine engere Zusammenarbeit geplant. Das geht los mit der Schau “Antlitz der Wissenschaft”. Aus dem beachtlichen Archivfundus der Nationalen Akademie der Wissenschaften mit 1.400 Gelehrtenporträts aus drei Jahrhunderten werden 250 Beispiele gezeigt, darunter solch namhafte Wissenschaftler wie Marie Curie, Albert Einstein, Justus von Liebig und Friedrich Hoffmann, dem Erfinder der Hoffmannstropfen.

Ab Ostern wird im gotischen Gewölbe das restaurierte Epitaph des halleschen Arztes Laurentius Hoffmann zu sehen sein, ein Vorfahre Friedrich Hoffmanns. Bis 1885 war das Grabmal in der Ulrichskirche zu sehen und ist seit dem im Fundus der Moritzburg. Eine Spende des Fördervereins der Moritzburg hat die Sanierung des Epitaphs ermöglicht.

Ein Höhepunkt des Jahres soll eine Ausstellung mit frühen Werken des deutschen Malergiganten Georg Baselitz aus einer hochkarätigen Privatsammlung werden. Gezeigt wird sie im Sommer. Laut Katja Schneider komme Baselitz möglicherweise sogar selbst zur Eröffnung. Ab Herbst klingt das Ausstellungsjahr in der Moritzburg mit einem multimedialen Kunstprojekt des Filmemachers Harald Bergmann zu Friedrich Hölderlin aus. Dabei wird eine Edition aus vier Hölderlin-Filmen gezeigt, “auch was einst dem Schnitt zum Opfer fiel”, so Schneider.

Geschmunzelt werden darf in der Schau „van gockel und cha gallus“, „kikiriki, kikiriko“ und andere parodien zur modernen kunst des Kunsthistorikers Andreas Hünecke. Hünecke wird übrigens im April Ehrendoktor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Am 22. Juni gibt es eine Aktion zum Jubiläum 10 Jahre Kulturstiftung des Bundes. Ulrike Grossarth präsentiert dabei “The moving Observer“. Auch der 50. Todestag von Carl Völker wird eine Rolle spielen. Außerdem zeigt die Moritzburg eine Schau zu 800 Jahren Anhalt mit kostbaren Medaillen und Talern aus dem Fundus der Stadt Bernburg.

Mit zur Stiftung Moritzburg gehört auch die Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg eröffnet. Große Sorgen habe man sich in letzter Zeit um die Galerie gemacht, gestand Schneider ein. Schließlich hat der Landkreis Harz seinen Zuschuss drastisch abgesenkt. Die Saison wird nach umfangreichen Baumaßnahmen Anfang April 2012 mit einer Feininger-Präsentation eröffnet. Diese würdigt die Sammlung des Bauhaus-Schülers Hermann Klumpp zu seinem 110. Geburtstag und 25. Todestag unter neuen Gesichtspunkten. Im Sommer werden Lithografien und Radierungen zu sehen sein.

Doch neben dem umfangreichen Ausstellungsprogramm hat die Moritzburg noch weitere Pläne. Unter anderem soll die Crodel-Halle saniert werden. Doch fehlen dafür noch die Gelder. Die Moritzburg will hier Platz für das Kunsthandwerk schaffen. Begonnen wird unter dem Titel “moderne digital” mit der Digitalisierung der Bestände, zunächst mit der Klassischen Moderne von 1900 bis 1930. Katja Schneider warb auch dafür, dass es weiterhin notwendig sei, durch Ankäufe den Bestand zu erweitern. Der Förderkreis erwarb kürzlich 12 Studioglasobjekte. Doch die Sammlung internationaler Künstler ist noch weit größer. “Die Moritzburg strebt den kompletten Ankauf der Sammlung an”, so Katja Schneider.

“Das Museum braucht Paten und Unterstützer”, sagte Angela Dolgner vom Förderverein. Immerhin 40.000 Euro an Spenden konnte der Verein im letzten Jahr auftreiben. Der Glasankauf war das bisher größte Projekt. Ehrgeizig ist aber auch die Restaurierung des Barockzimmers.

Das komplette Ausstellungsprogramm für 2012 finden Sie auf Seite 2:

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05.02. – 03.06. 2012
Wort wird Bild. Illustrationen der „Brücke“-Maler
mit Werken der Sammlung Hermann Gerlinger und Leihgaben
Eröffnung Sa 04.02., 15 Uhr
Die gestalterische Auseinandersetzung mit Literatur und Dichtung spielte in der deutschen Kunst des Expressionismus eine herausragende Rolle. Die Brücke-Maler Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff und Pechstein leisteten dazu einen wesentlichen Beitrag.

1907 entstanden mit Kirchners Lithographien zum Drama Sakuntala des indischen Dichters Kalisada und Heckels Holzstöcken zu Oskar Wildes Die Ballade zum Zuchthaus zu Reading erste beachtliche Illustrationen. Sie zeigen eine neue, eigenständige Umsetzung von Text in Bildsprache, die sich später zu souveränen, oft autobiografisch bedingten Interpretationen der literarischen Stoffe entwickelt. Zu den Höhepunkten zählen Kirchners Holzschnitte zu Adelbert von Chamissos Novelle „Peter Schlemihls wunderbare Geschichte“ und seine Entwürfe zu Georg Heyms nachgelassenen Gedichten Umbra Vitae, von denen die Originale aus Kirchners Besitz mit seinen Druckanweisungen erhalten sind.

Die Sammlung Hermann Gerlinger bietet einen ausgezeichneten Fundus für die Darstellung dieses Themas, bereichert um bedeutende Leihgaben aus der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen und dem Brücke Museum in Berlin sowie aus Privatbesitz.

ab 05. 04. 2012 im Gotischen Gewölbe
Tod ist süßer Gewinn
Das restaurierte Epitaph des halleschen Arztes Laurentius Hoffmann
Laurentius Hoffmann, ein Vorfahre des Erfinders der berühmten Hoffmannstropfen, des halleschen Mediziners Friedrich Hoffmann, wurde 1582 in Halle geboren und starb als Leibarzt des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen 1630 in Dresden. Der hoch gebildete und weit gereiste Doktor der Philosophie, Medizin und Chirurgie ließ im Jahr seines Todes, bereits kränkelnd, ein Epitaph anfertigen, das bisher dem Bildhauer Franz Julius Döteber, in der neueren Forschung jedoch Georg Kriebel zugeschrieben wird, die beide am Taufstein in der Thomaskirche in Leipzig tätig waren.

Bis zur Restaurierung der Ulrichkirche im Jahr 1885 befand sich das aus schwarzem Marmor und weißem Alabaster gefertigte Epitaph an der südlichen Wand im Chor, von wo es unter Verlust der architektonischen Teile und der Stifterfiguren entfernt wurde. Erhalten blieben elf eindrucksvolle Figuren und zwei Reliefs, die anschließend in den Denkmalkeller der Moritzburg gelangten und später in die Sammlung des Museums aufgenommen wurden. Durch eine großzügige Spende von Dr. Johanna Leistner konnten diese beeindruckenden Arbeiten der mitteldeutschen Barockkunst restauriert werden.

11.04. – 06.05.2012
andreas hü(h)neke
„van gockel und cha gallus“, „kikiriki, kikiriko“
und andere parodien zur modernen kunst
Parodien sind in der Literatur ein gängiges, wenn auch nicht sehr oft geübtes Genre. In der bildenden Kunst gibt es dagegen zwar Adaptionen fremder Werke aber so gut wie keine Parodien mit ihrer charakteristischen Mischung aus Verehrung und Spott. Der Kunsthistoriker Andreas Hüneke hat aus einem Wechselspiel von Bild und Text (Titel und technischen Angaben) eine Möglichkeit entwickelt, diesen Charakter der Parodie auch in der bildenden Kunst zu verwirklichen.

Es ist kein verunglückter Versuch, die Malweise der Originale zu imitieren. Vielmehr wird in Achtung vor der unerreichbaren Meisterschaft der ursprünglichen Schöpfer an einige Merkmale erinnert, von denen ihre Bilder bestimmt sind. Die Gemälde nehmen charakteristische Motive des jeweiligen Vorbilds auf und verfremden sie, indem sie mit einem Wortspiel, das meist an den Künstlernamen anknüpft, in eine ironische Beziehung treten. So begibt sich der Betrachter auf eine amüsante Reise durch die Kunst des 20. Jahrhunderts

24. 04. – 08. 07.2012
Das Antlitz der Wissenschaft. Gelehrtenportraits aus drei Jahrhunderten.
Eine Ausstellung der Leopoldina und der Stiftung Moritzburg anlässlich der Einweihung
des neuen Hauptsitzes der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Halle
Die 1652 in Schweinfurt gegründete Leopoldina ist die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Akademie der Welt. Seit 1878 residiert sie in Halle an der Saale. Zum 360. Gründungsjubiläum bezieht die Leopoldina als nunmehr Nationale Akademie der Wissenschaften ihren neuen Hauptsitz am Jägerberg in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stiftung Moritzburg. Aus diesem Anlass haben das Kunstmuseum und das Archiv der Leopoldina eine Ausstellung zu Gelehrtenporträts erarbeitet. Aus 1.400 historischen Mitgliederporträts der Leopoldina, die sich in Bildmatrikeln erhalten haben, werden 300 Beispiele ausgewählt, um die stilgeschichtlichen Wandlungen der Selbstrepräsentation des Gelehrtenstandes, aber auch den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Bildauffassung und Bildtechnik sichtbar zu machen. Die Ausstellung zeigt in einer Auswahl, darunter so prominente Wissenschaftlern wie z.B. Justus von Liebig, Niels Bohr, Marie Curie, Werner Heisenberg und Albert Einstein, wie sich das „Antlitz der Wissenschaft“ über die Jahrhunderte vom stark konventionellen Gestaltungsschema bis zum persönlichen Ausdruck eines privaten Fotos verändert, auch wenn durch alle Epochen formale Referenzen erhalten bleiben. Originale, Objekte, Dokumente, Repliken und Projektionen machen diese Entwicklung anschaulich.

Fr 22.06.2012
Ulrike Grossarth.
The moving observer. Aktion zum Jubiläum 10 Jahre Kulturstiftung des Bundes
In der Aktion „the moving observer/ der bewegte Beobachter“ tritt Ulrike Grossarth selbst sprechend in einen Dialog mit projizierten Figuren. Parallel dazu gibt es zwei Mitwirkende, die in „Schüttung und Nachbau“ in konzentriertem, aber nicht vorbestimmten Handeln verschiedene Gegenstände bewegen und ordnen.

„Ich bin davon überzeugt“, äußert die Künstlerin, „dass nur durch Handeln, also durch Vorgänge, die mit dem Körper verbunden sind, evolutionäres Potential, Erweiterung des Bewusstseins und eine andere Sicht der Dinge entstehen kann. Neue Erkenntnisweisen müssen sich mit dem Körper verbinden lassen, sonst werden sie zu Ideologien.“

Ulrike Grossarth untersucht im Rahmen ihres permanenten Projektes „public exercises“ exemplarische Handlungen, in dem sie gestaltendes Handeln zu den freien und schöpferischen Quellen zurückzuführen sucht. Einem erweiterten Kunstbegriff im Sinne von Joseph Beuys folgend, experimentiert sie in ihren Aktionen „aus einem Tun, das sich seiner Bezüge und Bedingungen bewusst ist, und das Vorgänge veranlasst, deren Ende ungewiss und unabsehbar sind“.

24.06. – 23.09.2012
Ernst Ludwig Kirchner. Ein gezeichnetes Leben.
Sammlung Hermann Gerlinger
Eröffnung Sa 23.06., 15 Uhr
Kirchner zeichnet wie andere Menschen schreiben«, äußerte der Künstler einmal über sich selbst. Ernst Ludwig Kirchners Kunst entsprang in hohem Maß dem selbst Erlebten und entwickelte sich aus dem persönlichen Umfeld, auf das er unmittelbar regierte. So hielt er Straßen und Architektur in Dresden und Berlin fest, zeichnete immer wieder seine Freundinnen und Modelle, ebenso wie die Kokotten des großstädtischen Nachtlebens oder später die Schweizer Bauern und die Alpenlandschaft an seinem Wohnort Davos.

Kirchner als besessener Zeichner, davon künden nicht nur die zahllosen Skizzenbücher, die sich allein in seinem Nachlass erhalten haben, sondern auch etwa 10.000 Zeichnungen, Aquarelle und Pastelle, die durchaus autonomen Bildcharakter haben und als eine Art visuelles Tagebuch gesehen werden können. Mit Werken aus der Sammlung Hermann Gerlinger wird Kirchners „gezeichnetes Leben“ in seiner verblüffenden, stilistischen Vielfalt über alle Schaffensphasen repräsentativ gewürdigt.

22.07. – 07.10. 2012
Georg Baselitz. Romantiker kaputt
Zeichnungen, Grafik, Gemälde aus der Sammlung GAG
Eröffnung Sa 21.07., 15 Uhr
Baselitz, 1938 als Georg Kern im sächsischen Deutschbaselitz geboren, gehört längst zu den Giganten der deutschen Gegenwartskunst. Die Ausstellung zeigt Werke aus einer bedeutenden deutschen Privatsammlung, die den Werdegang des Künstlers mit Konzentration auf wesentliche Einzelwerke und Werkgruppen seit Mitte der 1960er Jahre bis in die jüngste Gegenwart sammelnd begleitet. Die ausgestellten Arbeiten verdeutlichen, wie sehr sich bereits der junge Baselitz einer radikalen Befragung nach der eigenen Identität als Maler unterzog. Im Ringen um das eigene Selbstverständnis stellt Baselitz das traditionelle Tafelbild schließlich im Wortsinn auf den Kopf. Dies führt zur konsequenten Absage an tradierte künstlerische Werte wie technische Fertigkeit, Motiv oder Komposition.

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt im frühen Werk von Baselitz, das mit der Gestalt des „Neuen Typs“, den „Helden“ oder den „Hirten“, die Vehemenz, Rigorosität und Kontinuität eines Künstlers sichtbar macht, für den die Auseinandersetzung mit dem Bild zur existentiellen Notwendigkeit wird, zu einem Kampfplatz um Identität, um die Wirklichkeit und um die Kunst.

07.10. 2012 – 13.01. 2013
Erich Heckel. Von der Zeichnung zum Aquarell
Sammlung Hermann Gerlinger
Eröffnung Sa 06.10., 15 Uhr
Während der Jahre des Bestehens der „Brücke“ hatte sich Erich Heckel eine einzigartige Sicherheit in der schnellen Erfassung des Wesentlichen erworben. Dies äußerte sich in den Zeichnungen wie in den Aquarellen, die gleichermaßen durch Präzision wie Spontaneität beeindrucken. Gerade das Aquarell bewog den Künstler immer wieder zum Experimentieren. Im Spätwerk gewann die Grafik für Heckel zunehmend an Bedeutung, denn der Künstler schuf Werke, die in ihrem Abstraktionsgrad und in der Verfestigung der Einzelform zu ornamentalen Zeichen gerinnen.

Das weite Spektrum der Sammlung Gerlinger bietet die Chance zu einem konzentrierten Überblick über das grafische Werk angefangen mit den expressionistischen Bildfindungen der „Brücke“-Zeit während der Arbeitsaufenthalte an den Moritzburger Teichen, über die Stadt- und Meerlandschaften der 1920er Jahre bis hin zu Zirkusdarstellungen, Stilleben sowie Berglandschaften der späteren Schaffensjahre.

21.10. 2012 – 06.01. 2013
Hölderlin-Edition.
Ein multimediales Kunstprojekt des Filmemachers Harald Bergmann
Eröffnung Sa 20.10., 15 Uhr
Der Filmemacher Harald Bergmann hat zwischen 1992 und 2003 vier Filme gedreht, die sich mit Leben und Werk Friedrich Hölderlins (1770 bis 1843 ) auseinander setzen, der als einer der bedeutendsten Poeten deutscher Sprache gilt. Bergmann konzentriert sich dabei auf das Spätwerk, also auf die Zeit nach 1806, als Hölderlin bereits unter seiner psychischen Krankheit und der ihr folgenden Isolation leidet.

Bergmanns Filme zu Hölderlin „erzählen“ kein Leben im Sinne einer Historienverfilmung, sondern nähern sich aus unterschiedlichsten multimedialen Perspektiven der Person und dem Werk. Mit Interviews, Montagen, Collagen, Nachspielszenen, Lesungen, Musik, animierten Schreibprozessen und gezeichneten Landschaften, einer szenischen Kunstwelt, und mit Ortsbegehungen an den authentischen Schauplätzen in Frankreich und der Schweiz gelang es Bergmann, ein einzigartiges Werk zu schaffen, das in der Kunstwelt ein großes Echo fand.

In der Ausstellung wird erstmals eine Edition der 4 Hölderlin-Filme gezeigt, in die auch das Material Eingang finden wird, das dem Schnitt und den Endfassungen zum Opfer fiel. Dieses Archiv ruft dazu auf, die Aktualität Hölderlins in den Diskursformen der Nachmoderne neu zu „lesen“, um so im Kontext einer musealen Präsentation einen völlig neuen Akzent für avancierte Begegnungsformen mit Kunst/Sprache/Bild/Geschichte zu setzen.

Ausstellungen der Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg
09.04. – 01.07.2012
„Ein Sinnbild höherer Wirklichkeit“.
Lyonel Feininger in der Sammlung Dr. Hermann Klumpp
Die Ausstellung, die von Januar bis April 2012 im Museum Spendhaus in Reutlingen in leicht veränderter Form zu sehen ist, ehrt den Quedlinburger Hermann Klumpp zu seinem 110. Geburtstag und 25. Todestag und präsentiert die Sammlung des Bauhaus-Schülers unter neuen Gesichtspunkten. Lyonel Feiningers Werke werden unter dem Aspekt ihrer künstlerischen Abstrahierung gewürdigt, ein Forschungsansatz, den Hermann Klumpp bereits 1932 in einer Publikation über Feininger, Klee und Kandinsky untersucht hatte. Hierbei ist Feiningers Idee von der „einfachsten Form“ von besonderer Bedeutung. Beispiele von Klee und Kandinsky, die sich in der Sammlung Klumpp befinden, werden unter dieser Fragestellung hinzugezogen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit ausgewählten Texten von Hermann Klumpp über Lyonel Feininger und weitere Künstler des Bauhauses, der dankenswerterweise vom Spendhaus Reutlingen finanziert wird.

15. 07 – 04. 11. 2012
Vom Karikaturisten zum Künstler. Lyonel Feiningers Radierungen und Lithografien
Eröffnung 14.07., 11 Uhr
Die Hinwendung Lyonel Feiningers zur Druckgrafik fällt in die turbulente Zeit seines künstlerischen Aufbruches nach 1905, als sich Feininger, befördert durch die Bekanntschaft mit seiner zweiten Frau Julia, von der kommerziellen Karikatur zu lösen begann. Nach ersten Drucken 1906 entstanden die meisten der insgesamt etwa 70 Radierungen und rund zehn frühen Lithografien um 1910. Nachdem Feininger ein Jahr später in Paris den Kubismus kennen gelernt hatte und fortan daraus seine eigene charakteristische Spielart entwickelt hatte, schuf der Künstler nur noch einige wenige Radierungen und Steindrucke. Erst in den 1950er-Jahren nahm Feininger für eine kleine Reihe von Arbeiten die Technik der Lithografie wieder auf. Feiningers Radierungen und Lithografien, die vielfach noch auf das gestalterische Repertoire der Karikaturen zurückgreifen, ohne Satirebilder zu sein, sind faszinierende Blätter eines virtuosen Zeichners, der sich im künstlerischen Umbruch befindet.

Zur Ausstellung erscheint das Werkverzeichnis der Radierungen und Lithografien aus der Sammlung Dr. Hermann Klumpp.