Lebenswerke: Neues Theater und DDR-Bibliothek

von 2. Juni 2016

Schon als Kind las Sodann gern und viel. Mit einer Werkzeugmacher-Lehre begann sein Berufsleben. Doch das begabte Arbeiterkind wollte mehr, besuchte die Arbeiter- und Bauernfakultät (ABF) und begann ein Jura-Studium, was ihm aber offenbar zu trocken war, denn er wechselte 1959 auf die Theaterhochschule Leipzig und kam Halle an der Saale damit schon verdammt nahe. Dort leitete er das Kabarett “Rat der Spötter” und wurde ein Dorn im Auge des Staates. „Staatsfeindliche Hetze“ brachten Sodann 1961 hinter Gitter. 1962 kam er auf Bewährung wieder frei und 1963 konnte er sein Theaterstudium an alter Stelle fortsetzen.

Sein Bühnendebüt hatte Sodann 1964 in Berlin bei Helene Weigel, die große Schauspielerin, Intendantin und Witwe des großen Bertolt Brecht. So fand er sich in eben jenem Lager kritischer Linker wieder, das Obrigkeiten und Angepassten im Osten wie im Westen quer im Magen lag. Von Berlin ging es weiter an die Theaterbühnen nach Erfurt, Karl-Marx-Stadt und Magdeburg. Schließlich lud man Sodann sogar nach Moskau ein. Der Mann hatte inzwischen einen Namen, als Schauspieler, Regisseur und Direktor.

Im März 1980 begann er in Halle als Direktor des Landestheaters. Doch schon bald fand er sich auf seiner großen Baustelle, dem Neuen Theater, seinem Lebenswerk, wieder. Er packte mit an, trieb an und schonte niemanden. Sodann werkelte auf zwei historisch bedeutsamen Grundstücken. 1891 waren dort die Kaisersäle entstanden. 1919 eröffnete am Ort ein Kino und hatte zu seinen besten Zeiten mehr als 900 Plätze. Die CT-Lichtspiele wurden in der DDR zum Kino der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft (DSF). Nach wiederholten Sanierungen schloss das Kino 1980. Privat fand Sodann in den aufregenden Jahren des Theaterausbaus am Hansering 10 seine private Bleibe.

Streitbar war er, streitbar blieb er. Marx, Engels und Jesus konnten bei ihm gut nebeneinander stehen. Mit der SED konnte er sich anlegen und für die Linkspartei als Bundespräsidentenkandidat antreten. Politiker war er nie. Er blieb immer Schauspieler, der zur Politik nicht schwieg. Er wurde gefragt und ließ sich gerne fragen. Im Tatort spielte er über viele Jahre den etwas kauzigen, bisweilen einschläfernden Kommissar Bruno Ehrlicher. Ehrlicher – das passte, denn ehrlich gerade heraus zu sein, das pflegte Sodann. An ihm konnten sich die Leute reiben, nicht zuletzt in Halle, wo man seinen Vertrag über 2005 hinaus nicht verlängerte.

Mit seinem Hund spazierend hatte man Sodann öfter an der Saale gesehen, nun „floh“ er nach Merseburg in das Exil gefallener Künstler aus Halle. Halles größter Maler, Willi Sitte, hatte es vorgemacht, als man in seiner Wahlheimat für ihn keinen angemessenen Ausstellungsplatz finden wollte. Sodann zog schließlich weiter. Nun ist die Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha, nach der Kulturinsel in Halle, sein zweites Lebenswerk. Er wohnt nun im Landkreis Meißen und ist damit quasi in seine sächsische Heimat zurückgekehrt. Rund vier Millionen Bücher aus der DDR hat er inzwischen eingesammelt und musste zuletzt auf die Bremse treten, weil die Lager überquellen. Mit der „Wende“ 1989/1990 hat er mit dem Sammeln angefangen. Damals wurden im Rausch der ideologischen Nivellierung des Ostens auf West-Niveau Abertausende Bücher einfach weggeworfen, vernichtet. Einige Menschen sahen darin ein bedenkliches Signal, schließlich waren in Deutschland schon einmal Bücher auf Haufen geworfen worden.

Sodann ist der prominenteste Hallenser, nach dem jüngst verstorbenen Hans-Dietrich Genscher. Zwei Ehen und vier Kinder sind seine private Bilanz.

Peter Sodann im Internet

http://www.petersodann.de

die DDR-Bibliothek in Sachsen

http://www.psb-staucha.de/index.php

Ernst Röhl verfasste ein Buch über das Kabarett „Rat der Spötter“, dem er, wie Sodann, einst angehörte: „Rat der Spötter: Das Kabarett des Peter Sodann“ (ISBN-10: 3378010622 oder ISBN-13: 978-3378010628). Leser des Buches auf Amazon schwärmten davon und vergaben fünf Sterne.