Neuer Anziehungspunkt im Musikviertel

von 28. November 2003

Das Museumsgebäude wurde vom Kölner Architekturbüro Kister/Scheithauer/Gross projektiert. Die Fassadengestaltung nimmt aus der Musik abgeleitete Intervallverhältnisse auf. Auf zwei Etagen des Gebäudes im “Musikviertel” am Händel-Haus ist nun etwa ein Drittel der Sammlung von über 700 Instrumenten zu sehen. Für das Händel-Hauses brachte die Neubebauung des Viertels die Lösung mancher Probleme. So konnte die Bibliothek zum Vorteil der Benutzer in die gemeinsame Musikbibliothek der Uni-Institute und der Musikbibliothek der Stadt umziehen. Im neuen Gebäude ist auch die Restaurierungswerkstatt des Hauses untergebracht, die vorher unter beengten räumlichen Bedingungen arbeiten musste. Im Dachgeschoss wird schon seit einigen Monaten die “Kinder- KLANGSTATT”, ein Raum für die museumspädagogische Arbeit genutzt. Zur Geschichte der Instrumentensammlung des Händel-Hauses Das 1937 im Geburtshaus Händels gegründete Musikmuseum konnte erst nach Abschluss notwendiger Bauarbeiten im Jahre 1948 eröffnet werden. Es wurden Sammlungen sowohl für das “Händel-Museum” als auch für das Themengebiet der regionalen Musikgeschichte angelegt. Die für die damalige Zeit moderne und in ihren Grundzügen noch heute gültige Konzeption sah nicht nur die Einrichtung einer “Gedenkstätte” vor, sondern strebte eine lebendige Einrichtung der Musikpflege an, in der gesammelt, bewahrt, geforscht, gelehrt, Musik ediert und schließlich auch aufgeführt werden sollte. Letzteres sollte unter dem seinerzeit neuen Gesichtspunkt historischer Aufführungspraxis geschehen. Für ein solches Vorhaben benötigte man selbstverständlich auch die Musikinstrumente der jeweiligen Zeit. Heute umfasst die Sammlung über 700 Instrumente, vorwiegend aus dem Bereich der europäischen Kunstmusik, von denen etwa 250 in der neuen Instrumenten-Ausstellung exponiert sind. Hier finden die Museumsstücke dank der eingebauten Klimaanlage und eines geeigneten Lichtschutzes auch optimale Standbedingungen. Zur Arbeit mit der Sammlung historischer Musikinstrumente Schon als die ersten Musikinstrumente in den dreißiger Jahren für das Händel-Haus gekauft wurden, beabsichtigte man, dass diese nicht nur zur “Illustration” einer Gedenkausstellung für Händel dienen sollten, zumal es auch gelang, Instrumente aus anderen Stilepochen zu erwerben. Angestrebt wurde eine Einheit von Sammeln, Bewahren, Erforschen und Präsentation. Seit fünf Jahrzehnten werden jährlich mehrere Konzertreihen veranstaltet, die auch das eigene historische Instrumentarium einbezogen. Bereits zu DDR-Zeiten war das Händel-Haus als Einrichtung kontinuierlicher Bemühungen um die historische Aufführungspraxis bekannt. Voraussetzung dafür war die konservatorische und restauratorische Betreuung der Instrumente. Nachdem man schon früh einen “Instrumentenpfleger” eingestellt hatte, machte die Restaurierungswerkstatt seit den sechziger Jahren von sich Reden. Seit dieser Zeit wurden wertvolle Cembali und Hammerflügel restauriert und zur Spielbarkeit gebracht (u. a. das wunderbare Ruckers-Cembalo aus dem Jahre 1599). Das historische Klangbild konnte in Konzerten präsentiert und auf Schallplatten bzw. CDs konserviert werden. In den ersten Jahrzehnten war man besonders dankbar, die Originalinstrumente hören zu können, weil damals noch keine Nachbauten und Kopien für den Konzertgebrauch verfügbar waren. Heute wird nicht mehr jedes Instrument zur Spielbarkeit restauriert. Die historische Substanz soll in jedem Falle möglichst original erhalten werden, damit sie Organologen als Forschungsobjekt zur Verfügung steht, vor allem aber von Instrumentenbauern nachgebaut werden kann. Gleichwohl müssen darüber hinaus alle Instrumente aufwändig restauratorisch betreut und für Konzerte vorbereitet werden. Die Arbeit an den wertvollen Stücken wird von einer Instrumentenkundlerin, die auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Sammlung verantwortlich ist, wissenschaftlich begleitet. Die Konzertplanung im Händel-Haus nahm vielfach abgeschlossene Restaurierungen und auch Ankäufe von Instrumenten zum Anlass für einzelne Konzertreihen. Andererseits setzte man historisch geeignete Instrumente für Konzerte ein. Selbstverständlich stehen die historischen Instrumente auch für die Händel-Festspiele zur Verfügung. Einige Musiker des Händelfestspielorchesters spielen auf historischen Instrumenten des Händel-Hauses. Neben den Konzert- und Vortragsveranstaltungen werden Führungen und Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene angeboten. In der “Kinder-KLANGSTATT” des Museumsgebäudes werden zudem mit Kindern spielerisch musikalische Grundlagen erarbeitet und interessante akustische Experimente durchgeführt. Darüber hinaus steht die Instrumentensammlung auch den im Händel-Karree vereinten musikalischen Lehreinrichtungen zu Verfügung. Zur Finanzierung der Ausstellungsgestaltung Die neue Ausstellung wurde zum größten Teil von der Stadt Halle, dem Land Sachsen-Anhalt, der Bundesregierung und Lotto-Toto Sachsen-Anhalt finanziert. Als sich im Jahre 2000 abzeichnete, dass die Finanzierung der Gestaltung und Ausstattung der Ausstellung problematisch werden würde, rief der Freundes- und Förderkreis des Händel-Hauses zu Halle die Spendenaktion 2000plus ins Leben. Etwa 280 Spendenüberweisungen gingen in der Folgezeit ein. Insgesamt wurde ein Betrag von 38.000 Euro aufgebracht. Zusätzlich wurden Sachspenden getätigt. In der neuen Ausstellung wird eine Ehrentafel die Namen der Sponsoren und Spender größerer Beträge ausweisen. Rundgang durch die Ausstellung historischer Musikinstrumente Die von Christiane Rieche konzipierte Ausstellung bietet innerhalb eines historisch-chronologischen Ablaufs eine Folge systematischer Inhalte und ausgewählter Einzelthemen. Anknüpfend an die benachbarte Händel-Ausstellung, bilden Streich-, Zupf- und Blasinstrumente aus Händels Zeit den Auftakt. Der Besucher kann sich aber auch mittels eines über Lautsprecher realisierten akustischen Rundganges, der durch die gesamte Ausstellung führt und dabei zur besseren Orientierung Lichtregie einsetzt, speziell der Vielfalt der Tasteninstrumente zuwenden. Die beiden Ausstellungsebenen sind durch eine von oben einsehbare spätbarocke Orgel miteinander verbunden. Die zweite Etage zeigt Holz- und Blechblasinstrumente der musikalischen Klassik und Romantik, aber auch Musikautomaten und besondere Erfindungen im Musikinstrumentenbau. Modelle, historische Bücher, Noten und Grafiken sowie akustische Experimente, dargeboten während museumspädagogischer Veranstaltungen, ergänzen die Präsentation. Die Themen der Ausstellung werden per Begleitheft vorgestellt, das alle Ausstellungsobjekte auflistet und auch einen Lageplan enthält. Die spätbarocke Orgel von Johann Gottlieb Mauer Das größte Musikinstrument der Ausstellung, das auch in die Architektur des Neubaus einbezogen wurde, ist eine Orgel von 1770. Erbaut wurde sie von Johann Gottlieb Mauer für die evangelische Kirche in Tegkwitz bei Altenburg. Da das gesamte Areal von Tegkwitz in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zum Braunkohleabbaugebiet erklärt wurde, sah sich der damalige Pfarrer gezwungen, die Orgel 1978 zu verkaufen. Das Händel-Haus erwarb 1993 das leider nicht mehr vollständig erhaltene Instrument. Nach dreijähriger Wiederaufbauzeit in der Restaurierungswerkstatt, finanziell unterstützt durch die Stadt Halle, die Bundesrepublik Deutschland und das Land Sachsen-Anhalt, erklingt das Instrument in seiner ursprünglichen Disposition mit 9 Registern auf dem Manual und 3 Registern auf dem Pedal. Das Instrument kann im Ausstellungsbereich angespielt werden, ist aber auch für Konzerte einsetzbar, da es auf einer eigens gebauten Empore steht, deren Fenster sich zu der darunter liegenden dreigeschossigen Glashalle öffnen lassen. Für Besucher ist die Sammlung erstmals am Sonnabend, 29. November, in der Zeit von 9:30 bis 19:00 Uhr zugänglich. Um 15:00 Uhr wird zu einem Familienkonzert eingeladen. Eintritt wird an diesem Tag nicht erhoben. Das Musikinstrumentenmuseum ist montags bis sonntags in der Zeit von 9:30 bis 17:30 Uhr geöffnet.