Regierungserklärung: „Sportland Sachsen-Anhalt – Bilanz und Ausblick“

von 29. September 2017

Unter www.mi.sachsen-anhalt.de ist das Sportpolitische Grundsatzpapier „Sportland Sachsen-Anhalt 2020 – Bilanz und Ausblick“ veröffentlicht.

Anbei die Regierungserklärung „Sportland Sachsen-Anhalt – Bilanz und Ausblick“ im Wortlaut:

Kaum ein anderer Bereich unseres gesellschaftlichen Lebens schafft es wie der Sport, regelmäßig Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedenen Alters zusammenzubringen, sie gemeinsame Emotionen erleben und Erfolge sowie Niederlagen miteinander teilen zu lassen. Der organisierte Sport mit seinen knapp 3.150 Vereinen und über 341.000 Vereinsmitgliedern leistet in unserem Land wichtige Beiträge zur Integration und Inklusion. Er ist präventiv gegen Extremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit tätig. Und nicht zuletzt ist der Sport mit seinem Lizenzierungssystem ein wichtiger Bildungsträger.

Darüber hinaus trägt die regelmäßige Sportausübung zu einem gesunden Lebensstil bei. Und es sind die Erfolge unserer Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, die stolz machen, die zur Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger aus Sachsen-Anhalt mit ihrem Land beitragen.

Der Sport ist zugleich maßgeblicher Träger für ehrenamtliches Engagement. Er stellt jenen gesellschaftlichen Bereich dar, in dem der höchste Anteil ehrenamtlicher Arbeit geleistet wird. Jeden Tag engagieren sich in unseren Sportvereinen unzählige ehrenamtliche Übungsleiterinnen, Übungsleiter und Vorstandsmitglieder. Sie sind es, die das regelmäßige Training und ein vielfältiges Vereinsleben gestalten.

An den Wochenenden sind neben ihnen Hunderte Kampfrichterinnen und Schiedsrichter in den Sporthallen oder auf den Sportplätzen im Einsatz, um den Wettkampfbetrieb abzusichern. Ihnen allen, die mit ihrem Einsatz entscheidend dazu beitragen, dass Sachsen-Anhalt ein Sportland ist, spreche ich meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung aus.
Die Schaffung und Sicherung bestmöglicher Rahmenbedingungen für den organisierten Sport in unserem Land ist mir ein wichtiges Anliegen. Seit dem Jahr 2011 liegt die Sportförderung in den Händen des Ministeriums für Inneres und Sport. Seitdem sind jährlich mehr als 20 Millionen Euro an Landesmitteln in die Förderung des organisierten Sports in Sachsen-Anhalt geflossen. Mit diesen Geldern wurden zahlreiche Sportstätten neu gebaut oder saniert. Und es wurden die Sportstrukturen gefördert, damit sie die Sportarbeit in unserem Land umsetzen, begleiten und unterstützen können.

Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Sportfördergesetz war hierfür ein wesentlicher Meilenstein. Es gibt dem organisierten Sport Rechtssicherheit in Bezug auf die Nutzung kommunaler Sportanlagen. Und es gewährleistet eine verlässliche Förderung der Sportstrukturen.

Mit der im Sportfördergesetz festgeschriebenen Pauschalförderung für die mehr als 3.000 Sportvereine, die 14 Kreis- und Stadtsportbünde und 48 Landesfachverbände wurde eine unbürokratische und transparente Förderpraxis geschaffen. Sämtliche Daten, die für die Berechnung der finanziellen Unterstützung einer Sportorganisation nötig sind, werden beim Landessportbund erfasst und nach feststehenden Kriterien direkt in einen Förderbetrag umgesetzt. Je nach Leistung der Sportorganisationen fällt also die Höhe der Förderung aus. Das ist transparent und effektiv.

Die durchwachsenen Ergebnisse der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro und 2012 in London, aber auch die seit 2015 begonnene Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung des Bundes haben mich im Herbst 2016 bewogen, eine „Arbeitsgruppe Spitzensport“ ins Leben zu rufen. In dieser AG sollten notwendige Veränderungen in den Strukturen und in der Förderung des Spitzensports im Land Sachsen-Anhalt diskutiert und Festlegungen zu den erforderlichen Änderungen der Landesförderung getroffen werden.

Ich bin sehr froh, dass wir für die Mitarbeit in der „AG Spitzensport“ neben dem Landessportbund und dem Olympiastützpunkt auch zwei Sportpraktiker, nämlich den ehemaligen Schwimmweltmeister Paul Biedermann und den erfolgreichen Schwimmtrainer Bernd Berkhahn, gewinnen konnten.

Außerdem wirkten die beiden leistungssporttragenden Vereine, der SV Halle und der SC Magdeburg, in der AG mit. Da auch die Eliteschulen des Sports der Städte Halle und Magdeburg in den Blick genommen wurden, verstärkte seitens des Bildungsministeriums Frau Staatssekretärin Koch-Kupfer die Arbeitsgruppe.

Im Zeitraum vom 2. November 2016 bis zum 8. Juni 2017 fanden insgesamt sechs Sitzungen der Arbeitsgruppe statt. Die Ergebnisse dieser Beratungen werde ich im zweiten Teil meiner Regierungserklärung zusammenfassen.
Im Mittelpunkt des ersten Teils stehen der Breitensport, der Behinderten- und Rehabilitationssport sowie die Sportstättenentwicklung. Nicht zuletzt deshalb, weil es ohne einen gut aufgestellten Breitensport und die erforderliche Sportstätteninfrastruktur keinen erfolgreichen Leistungssport in Sachsen-Anhalt geben kann.

Die Weiterentwicklung des Breiten- und Gesundheitssports hat für mich einen hohen Stellenwert. Im Breitensport sind die meisten Sporttreibenden in Sachsen-Anhalt aktiv. Anders als beim Leistungssport wird im Breitensport nicht nach internationalen und nationalen sportlichen Höchstleistungen und Rekorden gestrebt. Die Freude an der Bewegung, Fitness- und Gesundheitsförderung sowie sozial-integrative Wirkungen des gemeinsamen Sporttreibens stehen im Vordergrund.

Maßstab für die Bereitstellung ausreichender Angebote im Breiten- und Gesundheitssport ist der Organisiertheitsgrad, das heißt die Anzahl der Vereinsmitglieder im Verhältnis zu den Einwohnern im Land. Hier konnte der LSB in den letzten Jahren trotz des Bevölkerungsrückganges in Sachsen-Anhalt einen stetigen Aufwärtstrend verzeichnen. Seit 2011 ist der Organisiertheitsgrad um 1,54 % gestiegen, damit sind mehr als 19.000 neue Mitglieder im LSB zu verzeichnen. Das ist ein großer Erfolg!

Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, die optimalen Förderinstrumente zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei der Förderung der Sportvereine beizubehalten und die Finanzierung der Kreis- und Stadtsportbünde als wichtige Partner des Breiten- und Gesundheitssports in der Region zu sichern.

Anliegen der Förderung des Breitensports durch das Land Sachsen-Anhalt ist es, die Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Sportvereinen so zu optimieren, dass möglichst viele Menschen hier ihre sportbezogenen Bedürfnisse befriedigen und eine sportliche Heimat finden können. Dafür ist die „Vereinspauschale“ das geeignete Instrument. So erhalten seit 2011 jährlich mind. 2.500 Sportvereine einen Zuschuss für ihre Sportarbeit. Unterstützt von ihren Kreis- und Stadtsportbünden können sie so gute Sportangebote für die Menschen in Sachsen-Anhalt unterbreiten. An dieser Erfolgsgeschichte halten wir fest.

Wir werden zugleich gute Rahmenbedingungen für den Behinderten- und Rehabilitationssport sichern. Menschen mit Behinderung benötigen vielfältige Hilfen, um ihren Alltag selbstbestimmt zu gestalten und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Der Behinderten- und Rehasport schafft hierfür zahlreiche Möglichkeiten. Neben körperlicher Ertüchtigung bietet Sport auch umfassende Lebenshilfe, da er nicht nur Ausgleich zum Beruf ist, sondern vielmehr auch soziale Betätigung schafft.

Das Land fördert den Behinderten- und Rehabilitationssport, um mit den Möglichkeiten des Sports die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung, von chronisch Kranken und von Rehabilitanden zu verbessern. Auf diesem Gebiet sind besonders der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalt und der Gehörlosensportverband Sachsen-Anhalt mit ihren Mitgliedsvereinen tätig. Seit September 2013 ist zudem der Landesverband Special Olympics Sachsen-Anhalt aktiv, der sich dafür einsetzt, Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ein sportliches Leben zu ermöglichen. Ihnen gilt mein herzlicher Dank für ihre erfolgreiche Arbeit.

Wir werden auch die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Sport weiterhin fördern. So startete der LSB im September 2015 mit finanzieller Unterstützung des Landes das Projekt „Sport [&] Bewegung inklusiv“. Mit diesem Vorhaben soll der inklusive Prozess im organisierten Sport befördert und Vorurteile und Hindernisse gegenüber behinderten Menschen sollen abgebaut werden.

Wir werden auch künftig den Behindertenleistungssport umfassend unterstützen. Die gleichberechtigte Nutzung der Förderinstrumente des Leistungssports durch behinderte und nichtbehinderte Sportlerinnen und Sportler ist uns ein zentrales Anliegen. So wird seit dem Jahr 2015 die Individualförderung aus Landesmitteln an behinderte Leistungssportlerinnen und -sportler in derselben Höhe wie an nichtbehinderte Leistungssportler ausgereicht.

Außerdem erfolgt eine stärkere Einbindung des Behindertensports in Betreuungsleistungen des Olympiastützpunktes, z. B. bei der Sportmedizin, Physiotherapie oder Laufbahnberatung. Die behinderten Leistungssportler werden auch in die Planungen des Olympiastützpunktes zur dualen Karriere einbezogen.

Ein besonders wichtiges Anliegen ist mir die weitere Unterstützung des Sports bei der Wahrnehmung seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung. Neben der Sportarbeit findet in den Sportvereinen vielerorts auch Bildungs- und Erziehungsarbeit statt. Für neu in unser Land kommende Menschen sind Sportvereine oft erste Orte der Begegnung. Der LSB bekennt sich in seiner Satzung klar gegen Fremdenfeindlichkeit, politischen Extremismus, Gewalt, Gewaltverherrlichung und Homophobie. Zugleich sind die vielfältigen Sportangebote in Sachsen-Anhalt ohne ehrenamtliches Engagement undenkbar.

Wir werden deshalb die weitere Stärkung des ehrenamtlichen Engagements im Sport unterstützen. Es wird zunehmend schwieriger, insbesondere junge Menschen für die Übernahme eines Ehrenamtes im Sport zu motivieren. Ehrenamtliche Übungsleiterinnen und -leiter, Kampfrichterinnen und -richter oder Vereinsvorstände sind jedoch das Rückgrat des organisierten Sports.

Deshalb ist es mir wichtig, dass gute Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Arbeit im Sport des Landes Sachsen-Anhalt bestehen. Darüber hinaus werde ich auch künftig jährlich eine Ehrungsveranstaltung für ehrenamtlich Engagierte in den Kreis- und Stadtsportbünden durchführen, um deren Leistungen, stellvertretend für unzählige täglich im Sport ehrenamtlich engagierte Menschen, zu würdigen.

Einen großen Schwerpunkt lege ich darauf, die Integrationsarbeit der Sportvereine weiter zu stärken. Das Programm des LSB und seiner Strukturen „Willkommen im Sport des Landes Sachsen-Anhalt“, das mit Landesmitteln gefördert wird, hat seit dem Jahr 2015 einen wichtigen Beitrag zur Integration in den Sport geleistet. Unzählige interkulturelle Spiel- und Sportfeste, Willkommensturniere, Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz fanden statt und haben dazu beigetragen, die Teilhabe von Asylbewerbern und Flüchtlingen am Sport zu sichern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Wir werden das Programm des organisierten Sports, dessen wichtigster Bestandteil das bereits seit 1991 erfolgreich wirkende Bundesprojekt „Integration durch Sport“ ist, auch weiterhin mit Fördermitteln unterstützen.
Darüber hinaus erhalten die Kreis- und Stadtsportbünde seit Anfang August 2017 Landesmittel für eine halbe zusätzliche Stelle. Damit soll eine Anerkennung und Unterstützung ihres Engagements bei der Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern erfolgen. Der Fokus der Integrationsmaßnahmen wurde dabei auf die Teilhabe aller Menschen am Sport erweitert. Die integrativen Maßnahmen sollen sich auch auf sozial Benachteiligte und auf die Inklusion von Menschen mit Behinderungen beziehen.

Auf unsere Unterstützung kann der LSB auch weiterhin bei seiner Präventionsarbeit gegen Extremismus, Ausländerfeindlichkeit und Homophobie im Sport zählen. Bereits seit dem Jahr 2011 leistet das Projekt „Menschlichkeit und Toleranz im Sport“, kurz MuT, einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Sportvereine in Sachsen-Anhalt gegen extremistisches Gedankengut. Wesentliche Projektinhalte sind u. a. die Bildungsarbeit, der Aufbau eines Netzwerkes gegen Extremismus im Sport und einer Beratungs- und Unterstützungsstruktur. Daneben fanden zahlreiche Beratungen der Sportvereine vor Ort statt.

Im Zusammenhang mit den dramatisch angestiegenen Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015 und 2016 übernahm das MuT-Projekt zusätzliche Aufgaben. Neben den bisherigen Aufgaben werden verstärkt Bildungsangebote zur interkulturellen Kompetenz durchgeführt und die Möglichkeiten zur Intervention durch Beratung von Sportvereinen wurden erweitert. Die Landesmittel für das Projekt wurden deshalb erhöht.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Projekt des LSB, nämlich „STARK im Sport“, widmet sich den Themen Homophobie, Sexismus sowie Transphobie und damit einhergehend der Diskriminierung im Sport. Die Zielgruppe bilden Personen ab 12 Jahren. Jugendliche und Erwachsene aus allen Regionen Sachsen-Anhalts werden vorrangig in den Sportorganisationen angesprochen. Über Lehrvorträge und Workshops, die im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen angeboten werden, sollen die Sportakteure für die Thematik sensibilisiert und zur Selbstreflexion befähigt werden. Das Projekt ist deutschlandweit einmalig in Inhalt und Ausrichtung. Somit übernimmt das Projekt innerhalb der deutschen Sportlandschaft eine Vorreiterrolle. Das 2015 begonnene Projekt wird durch das Land finanziell unterstützt.
In Sachsen-Anhalt sind deutlich mehr Jungen und Männer als Mädchen und Frauen im Sport organisiert. Rund 60 % der Mitglieder in den Sportvereinen sind männlich und rund 40 % weiblich. Bei den derzeit tätigen lizenzierten Übungsleiterinnen im LSB entspricht der Anteil der Frauen mit rund 39 % ihrem Mitgliederanteil in den Sportvereinen. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass sich die Zahl der aktiven Sportlerinnen in den Sportvereinen seit 2011 um mehr als 13.000 Frauen und Mädchen erhöht hat.

Die Beteiligung von Frauen in Führungs- und damit auch an Entscheidungsgremien im Sport stellt sich noch deutlich dramatischer dar. In Vorstandspositionen sind lediglich rund 30 % der Frauen tätig, davon nur 15 % als Vorstandsvorsitzende. Deshalb hält das Land Fördermittel bereit, die für die Förderung innovativer Projekte zur Erhöhung des Mädchen- und Frauenanteils, aber auch zur besseren Beteiligung von Frauen in Führungsgremien eingesetzt werden können.

Die Schaffung und Erhaltung einer bedarfsgerechten Sportstätteninfrastruktur ist entscheidende Voraussetzung für das Sporttreiben aller Bevölkerungsgruppen. Die jährlich zur Verfügung stehenden Landesmittel für die Förderung des Sportstättenbaus können jedoch bei weitem nicht den bestehenden Bedarf beim Neubau oder der Sanierung von Sportstätten decken.

Ein besonders hoher Sanierungsstau besteht gegenwärtig bei Schwimmhallen und bei Kunstrasenplätzen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche finanzschwache Kommunen wegen des zu erbringenden Eigenanteils keine Förderung beantragen, so dass die vorliegenden Anträge nicht den tatsächlichen Bedarf widerspiegeln.

So tragisch die Situation für die betroffenen Gebiete durch das Hochwasser im Jahr 2013 auch war; für die Sportstätteninfrastruktur des Landes Sachsen-Anhalt war dies ein großer Gewinn. Die betroffenen Kommunen und Sportvereine konnten zur Beseitigung der Schäden an Sportstätten Fördermittel aus dem Aufbauhilfefonds, in den Mittel des Bundes und der Länder eingezahlt wurden, beantragen. Von den in Sachsen-Anhalt gestellten 219 Anträgen wurden 199 Anträge mit einem Volumen von insgesamt 98,9 Mio. Euro bewilligt. Mit diesen Mitteln wurden und werden bis heute zahlreiche moderne Sportstätten geschaffen.

Auf der Basis einer Ist-Analyse zur Sportstättensituation in Sachsen-Anhalt, die bis zum Jahresende 2018 durch den LSB erfolgen soll, werden wir ein demografiefestes Konzept zum zukünftigen Bedarf und zur künftigen Schwerpunktsetzung im Sportstättenbau erarbeiten. Dieses Konzept soll eine wesentliche Entscheidungshilfe für künftige Förderungen des Landes im Bereich des Sportstättenbaus sein.

Angesichts des aufgezeigten Bedarfs an Sportstättenförderung macht es mich besonders stolz, dass es uns gelungen ist, in der aktuellen Förderperiode erstmals Mittel des Europäischen Landwirtschaftsfonds, kurz ELER und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, kurz EFRE, für die Sportstättenförderung zu nutzen. Im ELER werden im Rahmen der Dorfentwicklung für den Neubau und die Sanierung und im EFRE für die energetische Sanierung von Sportstätten EU-Mittel bereitgestellt. Schon jetzt wird deutlich, dass das Antragsvolumen, die zur Verfügung stehenden Mittel weit überschreiten wird.

Wir haben in diesem Jahr zudem eine Neufassung der Richtlinie zum Sportstättenbau vorgenommen, die in Kürze veröffentlicht werden soll. In der neuen Richtlinie werden sowohl die aktuellen haushalterischen Entwicklungen der Sportstättenbauförderung über das Finanzausgleichsgesetz als auch die beihilfenrelevanten Erfordernisse im Bereich der Förderung von Sportstättenbaumaßnahmen geregelt.

Und nun komme ich zum Leistungssport. Die von mir eingangs erwähnte AG Spitzensport hat eine Ist-Analyse der Situation im Leistungssport des Landes Sachsen-Anhalt vorgenommen und unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Bundesreform des Leistungssports und der Spitzensportförderung Vorschläge zur weiteren Entwicklung des Leistungssports entwickelt. Damit wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, die unseren Spitzensportlerinnen und -sportlern gute Chancen für eine erfolgreiche Teilnahme an den Olympischen und Paralympischen Spielen im Sommer 2020 in Tokio und darüber hinaus eröffnen.

So werden wir den Nachwuchsleistungssport durch die dauerhafte Implementierung der Talentsichtung weiter stärken. Mit der flächendeckenden verbindlichen Einführung des sportmotorischen Tests EMOTIKON zum Schuljahr 2016/17 an allen Grund- und einigen Förderschulen des Landes Sachsen-Anhalt konnte ein wichtiger Schritt für die Talentsichtung gegangen werden. Auf Grundlage der Testergebnisse und von Empfehlungen der Sportlehrkräfte werden durch den LSB die besonders talentierten Kinder zu den Sachsen-Anhalt-Spielen eingeladen.

Diese Spiele, die in Verantwortung des LSB stattfinden, geben dem organisierten Sport gute Möglichkeiten, geeignete Jungen und Mädchen zu entdecken und diese für eine leistungssportliche Entwicklung zu empfehlen. In sogenannten Talentgruppen erfolgt für diese Kinder im 4. Schuljahrgang eine spezielle außerunterrichtliche Förderung durch erfahrene Übungsleiterinnen und Übungsleiter. Daran anschließend steht im Idealfall mit dem 5. Schuljahrgang die Aufnahme an einer Eliteschule des Sports in Halle und Magdeburg. Die ersten Ergebnisse dieses im Jahr 2015 begonnenen Prozesses sind so vielversprechend, dass wir die Zuschüsse an den LSB zur Durchführung der Sachsen-Anhalt-Spiele und zur Förderung von Talentgruppen fortsetzen und bei Bedarf weiter erhöhen.

Mit dem im Jahr 2015 begonnenen Modellversuch „Pädagogisches Leitungssportpersonal“, kurz PLP, wurden zusätzliche Trainerkapazitäten an den Eliteschulen geschaffen. Dadurch konnte die Zahl der Leistungssportschülerinnen und -schüler, der sogenannten L-Schüler, an den Sportschulen deutlich erhöht werden. Durch den Einsatz des PLP wurde zugleich eine Qualitätsverbesserung der sportlich vielseitigen Betreuung der Schülerinnen und Schüler im gesamten Prozess der Talentförderung erreicht. Deshalb werden wir ab dem Haushaltsjahr 2020 die Überführung des PLP in eine gesicherte Förderung des LSB (mit 8 zusätzlichen Stellen im Trainerpool) anstreben.

Um zukünftig genügend Kapazität für die Aufnahme von L-Schülern an die Eliteschulen zu haben, ist vorgesehen, dass alle in Klasse 5 eingeschulten, sportlich talentierten Kinder, das sind die sogenannten T-Schüler, eine zweijährige Probezeit durchlaufen, nach der entschieden wird, ob ein Verbleib an der Eliteschule möglich ist oder eine Umschulung an eine andere Schule erfolgt.

Um mehr Freiräume für das Training der L-Schüler zu erreichen, wird das Bildungsministerium die Möglichkeit prüfen, ob der allgemeine Sportunterricht für diese Schülerinnen und Schüler künftig gemeinsam von Sportlehrkräften und Trainern gegeben werden kann und somit Inhalte des Trainings eingebaut werden können.

Meine Damen und Herren, zum Verbundsystem Schule und Sport gehören auch die vom LSB über einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Landesmitteln betriebenen Internate und Mensen. An den Internaten finden gegenwärtig mit Unterstützung des Landes umfassende Renovierungsarbeiten statt, die den dort lebenden jungen Sportlerinnen und Sportlern verbesserte Wohnbedingungen ermöglichen.

Die AG Spitzensport hat eingeschätzt, dass mit dem Trainerpool des Landessportbundes ein erfolgversprechendes Instrument für die Steuerung des Gesamtprozesses Leistungssport von der Talentsichtung bis zum Hochleistungstraining geschaffen wurde. Entscheidend sind die stringente Führung der Trainerinnen und Trainer durch den LSB und die umfassende Einbeziehung der Partner, sowohl hinsichtlich ihrer Rechte als auch ihrer Pflichten. Mit der speziellen Dienstbeauftragung sowie der Rahmenvereinbarung zwischen dem LSB, dem OSP, den Landesfachverbänden der Schwerpunktsportarten und den beiden leistungssporttragenden Vereinen wurden hierfür geeignete Grundlagen geschaffen. Auf Impuls des Sportministeriums erfolgte eine Aktualisierung dieser Steuerungsinstrumente, die nunmehr konsequent umgesetzt werden sollen.

Zur Weiterentwicklung der Qualität des Trainerpools und zur Gewinnung von Top-Trainern soll in den nächsten Jahren ein „Attraktivitätsprogramm“ für den Trainerpool umgesetzt werden. Vorgesehen ist hier z. B., dass neben der bereits praktizierten Zahlung von Abfindungen zur Verjüngung des Trainerpools künftig im Einzelfall auch Abfindungen bei Erfolglosigkeit von Trainerinnen und Trainern gezahlt werden können und eine „Überlappung“ bei Neueinstellungen möglich ist. Außerdem streben wir an, ab dem Haushaltjahr 2019 eine Erhöhung der Landesmittel für den Trainerpool herbeizuführen, damit im Einzelfall bessere Einstiegsgehälter gezahlt werden können.

Bei der Analyse des Olympiazyklus 2013 bis 2016 hat sich herausgestellt, dass die Trainerinnen und Trainer, die zugleich auch Stützpunktleiterinnen oder -leiter sind, durch Verwaltungsaufgaben in der Entwicklung und Betreuung ihrer Athleten beeinträchtigt wurden. Der organisatorische und administrative Aufwand betrug annähernd 50 Prozent ihrer Wochenarbeitsstunden. Eine effektive Abstimmung und Kommunikation, z. B. über gemeinsame Trainingslager und die Steuerung der Trainingsprozesse, aber auch die Verbindung zum jeweiligen Spitzenfachverband wurden nicht systematisch und effizient umgesetzt.

Deshalb werden über ein Landesprojekt ab 1. Januar 2018 (zunächst bis zum Jahresende 2020) vier hauptamtliche Stützpunktleiter in den vier Schwerpunktsportarten Kanurennsport, Leichtathletik, Rudern und Schwimmen eingestellt. Das Land Sachsen-Anhalt will mit der Schaffung der Stützpunktleiterstellen die Arbeitsbedingungen innerhalb der Schwerpunktsportarten deutlich optimieren. Dies entspricht auch der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen stärkeren Ausrichtung der Sportförderung auf die Schwerpunktsportarten.

Durch die auf Bundesebene begonnene Reform des Leistungssports und der Spitzensportförderung müssen wir davon ausgehen, dass ab dem Jahr 2018 eine deutliche Verringerung der Trainingsstättenfinanzierung des Bundes im Zusammenhang mit der Aberkennung von Bundesstützpunkten und Doppelstandorten für Bundesstützpunkte in Sachsen-Anhalt erfolgen wird. Hier ist mit einer Kürzungssumme zwischen 100.000 und 150.000 Euro zu rechnen.

Da die Sportstätten jedoch weiterhin dem Nachwuchsleistungssport zur Verfügung gestellt werden, müssen die Städte Magdeburg und Halle diese Sportstätten auch künftig vorhalten. Deshalb planen wir, dass das Land ab dem Jahr 2019 ein Drittel der voraussichtlichen Kürzungssumme übernehmen wird, wenn die Kommunen sowie der Sport ebenfalls jeweils ein Drittel bereitstellen.

Um erfolgreiche Spitzensportlerinnen und Spitzensportler im Land zu halten, müssen wir schrittweise noch bessere Möglichkeiten der dualen Karriere entwickeln. Deshalb planen wir, eine flexible Profilquote für Leistungssportler an Universitäten und Hochschulen des Landes zu schaffen, indem bei zulassungsbeschränkten Studiengängen eine Quote für sie vorgehalten wird. Damit kann die Vereinbarkeit von Spitzensport und Studium gestärkt werden.

Zur Verbesserung der finanziellen Situation von studierenden Leistungssportlern ist die Einführung eines „Sportstipendiums“ vorgesehen. Hierfür sollen ab dem Jahr 2019 zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich 72.000 Euro bereitgestellt werden. Damit könnten bis zu 15 Sportlerinnen und Sportler mit monatlich 400 Euro unterstützt werden. Außerdem werden wir prüfen, ob eine reine Sportförderklasse in der Landespolizei eingerichtet werden kann.
In einem jährlichen Treffen zwischen Olympiastützpunkt, Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer sollen künftig Einzelfälle zur Bereitstellung von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen für Leistungssportlerinnen und -sportler besprochen werden.

Nicht zuletzt kann die Ausrichtung hochrangiger Wettkämpfe einen großen Beitrag dazu leisten, dass das Land Sachsen-Anhalt auf nationaler und internationaler Ebene stärker wahrgenommen wird. Wir werden deshalb verstärkt darauf hinwirken, dass herausragende sportliche Wettkämpfe in Sachsen-Anhalt stattfinden können. Erstmals im Jahr 2017 wurden hierfür zusätzliche Mittel in den Landeshaushalt eingestellt. Die Mittel dienen den Kommunen sowie den Sportstrukturen zur Durchführung von hochkarätigen Sportveranstaltungen in Sachsen-Anhalt, wie z. B. Welt- und Europameisterschaften oder Deutsche Meisterschaften. Wir erwarten, dass sich die Akquise und Unterstützung von solchen Spitzensportveranstaltungen, die eine hohe internationale Strahlkraft haben, zugleich positiv auf das wirtschaftliche und touristische Wachstum des Landes auswirken.

Das Sportland Sachsen-Anhalt ist auf einem guten Weg. Wir haben gemeinsam mit dem Landessportbund viel für den Sport in unserem Land erreicht. Und, ich denke auch, dass das deutlich geworden ist, wir haben auch noch eine Menge vor.