Sachsen-Anhalt und der Fachkräftemangel

von 16. Dezember 2009

Wirtschaftsminister Reiner Haseloff hat am Mittwoch im Freunhofer-Institut in Halle (Saale) die Ergebnisse der Fachkräftebedarfsanalyse vorgestellt. Demnach werden es vor allem kleine und mittlere Unternehmen im Land in den kommenden Jahren erheblich schwerer haben, ihren Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken. In einigen Branchen wie etwa der Chemie- und Kunststoffindustrie wird der Arbeitskräftebedarf die Zahl der Ausbildungsabsolventen mittelfristig sogar deutlich übersteigen. Dennoch sei von einem flächendeckenden Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt zumindest bis zum Jahr 2016 nicht auszugehen.

Unter anderem sinkt die Zahl der Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, bis zum Jahr 2016 voraussichtlich um 13 Prozent (-155.000) auf 1,07 Millionen. Auch die Zahl der Schulabgänger, also der Fachkräfte von morgen, wird sich weiter reduzieren, von rund 18.700 in diesem Jahr auf ca. 16.960 in 2016 (-9,3%). Haseloff sagte: „Dadurch wird auf der einen Seite die Fachkräftesicherung für heimische Unternehmen deutlich erschwert. Auf der anderen Seite erhöhen sich die Beschäftigungschancen von gut qualifizierten Arbeitskräften im Land.“

Laut Prognose werden sich im Jahr 2016 Arbeitsplatzangebot und -nachfrage im Land rein rechnerisch ungefähr die Waage halten. So stehen voraussichtlich 750.000 Personen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur Verfügung. Gleichzeitig gibt es – je nach Rechenmodell – zwischen 710.000 und 785.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.

Aufgabe müsse es nun laut Haseloff sein, das für einige Branchen vorausgesagte Fachkräfteproblem soweit wie möglich zu entschärfen. “Mit dem Fachkräfteportal PFIFF haben wir einen wichtigen Schritt gemacht, um die Zahl der Auspendler langfristig zu reduzieren.“ So arbeiteten im Jahr 2008 fast 140.000 Sachsen-Anhalter in anderen Bundesländern. Lediglich 55.000 Menschen kamen zum Arbeiten ins Land. Zudem könne das Potential an erwerbsfähigen Menschen durch die steigende Arbeitnehmerfreizügigkeit oder zielgerichtete Zuwanderung erhöht werden. „Außerdem müssen wir es schaffen, die so genannte stille Reserve des Arbeitsmarktes – also Teilzeitbeschäftigte oder Vorruheständler – stärker als bislang zu aktivieren. Auch die Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters muss ein Thema sein. Derzeit ist nicht einmal jeder dritte Einwohner zwischen 60 und 65 Jahren erwerbstätig. Deshalb sollten sich die Unternehmen klar machen, dass sie angesichts des zurückgehenden Erwerbspersonenpotentials stärker als bisher auf die Erfahrungen älterer Arbeitnehmer setzen müssen“, betonte Haseloff.

Auf die Anliegen der Wirtschaft reagiert, hat bereits die Hochschule Merseburg. Als mögliche Antwort auf den erwarteten Engpass an Ausbildungsabsolventen im Bereich Chemie/Kunststoffe stellte der Merseburger Prorektor für Forschung, Wissenstransfer und Existenzgründung, Prof. Dr. Jörg Kirbs, gemeinsam mit dem Sprecher des Clusters Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland, Dr. Christoph Mühlhaus, den neuen Bachelor-Studiengang „Kunststofftechnik“ vor. Dieser soll ab Herbst 2010 starten und dem zunehmenden Bedarf an ingenieurtechnischen Führungskräften und Spezialisten Rechnung tragen.