Silberhöhe: jeder 10. ein Trinker?

von 13. August 2010

Am Donnerstag hat sich der Ordnungsausschuss mit der Trinker-Problematik in Halle beschäftigt. Anlass ist ein Bericht der Stadtverwaltung über Freitrinkerstandorte. Die Linken hatten diesen gefordert, weil es vermehrt zu Beschwerden von Anwohnern über Lärmbelästigung, Müll und aggressives Betteln gibt.

Doch wie groß ist das Problem in Halle tatsächlich? Aussagen dazu enthält der Bericht nicht. Wie viele sogenannte Freitrinker es gibt, bleibt damit offen. „Hat die Zahl der Trinker zugenommen“, wollte Grünen-Stadtrat Oliver Paulsen explizit wissen. Laut Uwe Weiske vom Jugendamt, das sich über den Streetwork-Bereich um die Problematik kümmert, gehe man von stagnierenden Zahlen aber einem konstanten Problem aus.

Das kann Hans-Jürgen Schiller von der Bürgerinitiative Silberhöhe und als sachkundiger Einwohner für „Die Linke“ im Ausschuss nicht nachvollziehen. Seinen Berechnungen zufolge sei ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. 1994 habe er noch rund 50 Freitrinker in der Silberhöhe gezählt, sagte Schiller gegenüber HalleForum.de. Heute zählen seinen Worten zufolge 200 der 13.000 Einwohner zu den sogenannten Freitrinkern. Hinzu kommen rund 1.000 Menschen, die zu Hause übermäßig trinken. Damit ist jeder zehnte Einwohner der Silberhöhe ein Alkoholiker. Die Zunahme sei vor allem darauf zurückzuführen, dass sich viele der Betroffenen keinen Kneipenbesuch leisten können und sich deshalb ihr Bier im Supermarkt holen und davor trinken. Wie Schiller sagte, gebe es zudem immer mehr jüngere Trinker. Diese hätten dieses Verhalten so von den Erwachsenen übernommen, ihre Eltern nie arbeiten sehen. Dass man die Trinker vom Alkohol wegbringt, glaubt Schiller nicht. Er plädiert stattdessen, ähnlich wie in Kiel, für „Trinker-Räume“, in denen den der mitgebrachte Alkohol getrunken werden kann und die Betroffenen ihre sozialen Kontakte pflegen können. Damit sei zwar das Trinkerproblem nicht aus dem Weg, wohl aber würde das Problem der Verschmutzung eingedämmt und das Sicherheitsgefühl normaler Bürger gestärkt. Aus Kostengründen hatte die Stadt in der vergangenen Woche diesen Schritt abgelehnt. Schiller will jetzt mit seinen in der Silberhöhe gesammelten Erfahrungen – er hatte direkt den persönlichen Kontakt mit Trinkern gesucht – bei einem Treffen mit Ordnungsdezernent Bernd Wiegand erläutern. Dann will er auch von zehn weiteren Trinkerstandorten berichten, die die Stadtverwaltung in ihrem Bericht nicht aufgeführt hat. Neben dem Gesundheitszentrum seien dies unter anderem die Hanoier und Freyburger Straße, Bülow-Kaufhalle, Theodor-Weber-Straße, die Springbrunnenanlage und der Bereich Elsteraue.

Verwunderung herrschte im Ausschuss darüber, dass die Zahl der Ordnungswidrigkeitsanzeigen von 152 im Jahr 2008 auf nur noch drei im Jahr 2009 zurückgegangen ist. Dezernent Wiegand führt das auf die verstärkten Kontrollen auf dem Marktplatz zurück. Dort habe es vor zwei Jahren noch verstärkte Beschwerde und häufige Einsätze gegeben. Dies sei im letzten Jahr weggefallen. Swen Knöchel (Linke) warf der Verwaltung daraufhin vor, nur selektiv gegen die Trinkerproblematik vorzugehen. „Das Problem betrifft aber ganz Halle“, sagte er.

Hier finden Sie eine Karte mit allen bekannten Trinkerstandorten. Fehlt einer? Dann Mail an info@halleforum.de.