Spendensammlung per Internet funktioniert

von 2. Januar 2012

(dpa) Einen Film oder ein Buch mit Spenden finanzieren – kann das funktionieren? «Crowdfunding» heißt das Schlagwort dafür. Dabei spendet eine beliebig große Masse, englisch crowd, über spezielle Webseiten im Internet Geld, damit Projekte verwirklicht werden können, wie der Kommunikationswissenschaftler Martin Welker von der Universität Leipzig erklärt. In Deutschland stehe «Crowdfunding» noch am Anfang. Für Aufsehen sorgte es nun beim geplanten Kinofilm zur TV-Serie «Stromberg». Binnen einer Woche haben Fans die eine Million Euro zusammengebracht, die der Produzent zur Realisierung des Streifens haben wollte.

«Wie sich ,Crowdfunding' in den nächsten Jahren entwickelt, kann aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden», meint der Leipziger Professor. Bislang hätten sich nur wenige Web-Seiten professionell auf das Geldeinsammeln für Projekte spezialisiert. Es sei aber eine Möglichkeit, Dinge zu realisieren, für die es weder staatliche Förderung noch einen Bankkredit gebe. Zumindest bei Kunstprojekten sowie in der Musik- und Filmindustrie gebe es diese neue Form der Finanzierung schon.

«65 Projekten haben wir bisher geholfen und insgesamt etwa 30 000 Euro von Spendern eingesammelt», sagt die Mitgesellschafterin der «Crowdfunding»-Webseite «visionbakery.de», Janine Scharf. Die Wittenbergerin ist seit einem Jahr dabei. Auf ihrer Internetseite wird für ein breites Spektrum an Ideen Geld eingeworben – von der Fassadengestaltung eines Clubs, der Finanzierung eines Festivals bis zur Produktion eines Kinderbuches. «Zu uns kommen Bands, die ihre CD produzieren wollen, aber auch junge Journalisten, die Geld für ein neues Zeitungsmagazin benötigen», sagt die Politikwissenschaftlerin.

«Aber mit der Beschreibung der Projektidee und der Einstellung auf einer Crowdfunding-Plattform ist es nicht getan», erklärt die 26-Jährige. «Crowdfunding» bedeute für die Macher viel Arbeit. Sie müssen alle Möglichkeiten der Kommunikation nutzen, also auch selbst viele Leute aus ihrem persönlichen Umfeld ansprechen, viele E-Mails schreiben und für ihre Idee auch in sozialen Netzwerken wie Facebook Werbung machen.

«Für uns war eines der erfolgreichsten Projekte die Finanzierung eines Handbuchs zum Thema Mundraub. Rund 5500 Euro kamen in knapp zwei Monaten zusammen, 16 Prozent mehr als erwartet», erzählt Scharf. In dem Buch seien deutschlandweit die Standorte «herrenloser» Obstbäume im öffentlichen Raum aufgelistet, deren Obst jeder Bürger kostenlos ernten kann, was auch Mundraub genannt werde.

Wer spendet, bekommt auch etwas dafür. Eine Schülerin etwa, die Geld für ein eigenes Fotostudio braucht, bietet als Gegenleistung ein Foto. Wer den Neubau eines Kindergartens in Leipzig unterstützt, erhält bei einer Spende von 5 Euro selbst gestaltete Postkarten, bei 150 Euro darf er im Neubau Kindergeburtstag feiern. Wer die Ausbildung zweier Hebammen in Guatemala mitfinanzierte, wurde ab einem Beitrag von 300 Euro mit einem Brunch belohnt.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Sachsen-Anhalt ist auf europäischer Ebene ein Programm in Vorbereitung, das Kredite für Kreative über einen Garantie-Fonds absichern soll. «Ergänzend dazu kann ,Crowdfunding', unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden Internetplattformen seriös sind, eine interessante Möglichkeit zur Finanzierung von Projekten aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sein», sagt Ministeriumssprecher Robin Baake. Eine direkte finanzielle Unterstützung entsprechender Plattformen durch das Land gebe es allerdings nicht – und sei derzeit auch nicht in Planung.

Hintergrund: Seite 2
[pagebreak]
Als «Crowdfunding» wird seit etwa fünf Jahren in Deutschland eine Art der Geldbeschaffung über das Internet bezeichnet. Eine anonyme Masse von Menschen, englisch crowd, finanziert mit relativ kleinen Einzelbeträgen Projekte, Produkte oder die Umsetzung von Geschäftsideen. Meist wird über spezielle Internetseiten zum «Crowdfunding» aufgerufen. Dort sind viele Projekte erklärt. Die Interessenten sehen auch, was bislang für das jeweilige Projekt gespendet wurde.

Schwerpunkte sind künstlerische und kreative Projekte aus den Bereichen Kunst, Mode, Musik, Film, Events, und Journalismus. Für seine Spende erhält der «Crowdfunder» eine Gegenleistung, das kann ein ideeller Wert, wie eine Urkunde oder Namensnennung sein, aber auch Sachleistungen und Geld sind möglich.