Studenten diskutieren mit Minister

von 17. Juni 2009

(ens) Mehr Geld für Bildung, mehr Professoren … eine ganze Reihe an Forderungen haben die Studenten bei ihren Bildungsstreiks aufgestellt. Auch in Halle (Saale) befinden sich hunderte Studenten seit Montag im Ausstand, halten unter anderem Institute besetzt und haben ein Bildungscamp auf den Uniplatz eingerichtet. Nachdem am Montag Uni-Rektor Wulf Diepenbrock den Studenten Rede und Antwort stand, war am Dienstag Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz zu Gast im Löwengebäude. Konkrete Lösungen gab es am Ende nicht. Viel mehr konnte man den Eindruck gewinnen, als ob es vielen Teilnehmern nur darum ging, bei jemandem ihren Frust abzuladen. Für viele der angesprochenen Probleme hätten an der Stelle wohl eher die Bundesregierung und Sachsen-Anhalts Finanzminister stehen müssen. Einige Studenten waren leider darauf bedacht, den Minister persönlich anzugreifen oder ihm Aussagen im Mund herumzudrehen, was sicher auch eine Lösungsfindung erschwerte. Und so appellierte

Im Mittelpunkt der Kritik von Studenten standen Finanzkürzungen, der Bologna-Prozess mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, die Stellenausstattung an der Uni. Studenten der Orientalistik äußerten sich gegen diese Art der Diskussion. Ein runder Tisch sei Schwachsinn. Sie verlasen deshalb nur kurz ihre Forderungen und verschwanden wieder: Rücknahme aller Stellensperren, Rektor und Dekane sollten den Druck auf die Politik erhöhen. Kritisiert wurde auch, dass Basisunterricht nur mit Lehraufträgen durchgeführt werde. „Das ist illegal“, so ein Student.

In der anschließenden Diskussion gingen die Studenten gleich auf die von Finanzminister Jens Bullerjahn angedrohten Kürzungen ein, 12 Millionen Euro weniger soll demnach die Uni Halle bekommen. „Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung sind der Schlüssel für individuelle Lebenschancen und Motor für die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft. Da hervorragend ausgebildete Menschen entscheidend sind für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft und die Sicherung des Wohlstandes der Gesellschaft, müssen wir in Deutschland unsere Bildungsanstrengungen weiter verstärken“ – mit diesem Zitat von Kultusminister Olbertz begann die rund dreistündige Diskussionsrunde. Könne diese Aussage mit Blick auf die geplanten Kürzungen überhaupt weiter gelten? Olbertz machte deutlich, dass es sich bei den Kürzungsplänen nur um Vorstellungen des Finanzministers handelt. „Es sind noch keine Beschlüsse gefasst.“ Ob es tatsächlich zu Kürzungen kommt, werde Gegenstand harter Verhandlungen. „Die Sparauflagen können wir unmöglich bei der Bildung erzielen“, machte Olbertz seine Position deutlich. Der Minister wies aber auch auf die finanzielle Situation des Landes hin. Es könne eben nicht mehr Geld ausgegeben werden als da ist. Man stehe vor der Situation, ob man die Gelder in die Bildung steckt und zum Beispiel dem Sozialministerium wegnimmt oder dem Wirtschaftsministerium für die Finanzierung notwendiger Investitionen entzieht. Im kommenden Jahr werde es aber definitiv keine Kürzungen geben, versprach der Minister. Schließlich gebe es zwischen Land und Uni eine Zielvereinbarung zur Finanzierung. „Und Vertrag ist Vertrag. Daran halten wir uns ganz strikt.“ Selbst eine kontinuierliche Steigerung wegen Tariferhöhungen sei enthalten. Gefährlich werde es dann ab 2011, wenn die neuen Zielvereinbarungen gelten. Doch er werde weiterhin um eine gute finanzielle Ausstattung der Universitäten kämpfen, so Olbertz.

Gegenstand der Diskussion war auch der von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigte Bildungsfond. „Wo ist denn das Geld“, fragte eine Studentin und sprach die ihrer Meinung nach notorische Unterfinanzierung an. Argumente, die Olbertz verstehen kann. „Ich wüsste auch gern, wo die Gelder bleiben.“ Olbertz’ Verweise auf die Geldknappheit versuchten einige Diskutanten in Richtung der Einführung einer Vermögenssteuer zu lenken, kritisierten die Umverteilung der Gelder von unten nach oben. Genau dafür ist aber Olbertz sicher nicht der richtige Ansprechpartner. Und so erklärte er nur, diese Forderungen könne er durchaus verstehen. „Ich bin aber kein Volkswirt oder Finanzexperte.“

Mehrere Studenten bemängelten auch auferlegte Kürzungen in einzelnen Fakultäten um teilweise 40 Prozent und die unterschiedliche Ausstattung der Institute. „Ich disponiere nicht, das macht die Uni“, bemerkte Olbertz. Das Verteilungsproblem der Gelder innerhalb der Hochschule müsse die Uni selbst lösen, sie habe die Budgethochheit. Diese könne auch gar nicht beim Ministerium liegen. „Sonst müsste für jedes fehlende Netzteil ein Antrag im Ministerium gestellt werden.“

Angesprochen wurden natürlich auch der Bologna-Prozess und die Umstellung auf Master und Bachelor. Die Umsetzung sei an vielen Stellen nicht so gelaufen, wie gewünscht, so Olbertz. Gerade in den Geisteswissenschaften seien Diplom und Magister eine gute Lösung gewesen. Nach der Umstellung seien vielfach die Studiengänge einfach halbiert und als Bachelor ausgegeben worden. Studenten bemängelten vor allem die auf drei Jahre festgelegte Studiendauer beim Bachelor, dadurch seien viele Studenten überlastet. „Wir sind überfordert und müssen zu viel leisten“, meinte eine junge Frau.

Ein weiteres Thema war die bei den Ländern liegende Bildungshoheit. Olbertz verteidigte den Föderalismus, forderte aber dessen Modernisierung. Der Föderalismus sei die Quelle der kulturellen Vielfalt in Deutschland. Er habe Angst vor einem monströsen Zentralstaat und erinnert an DDR-Zeiten, als von der Volksbildungsministerin Margot Honecker bis in die Uni hinein dirigiert wurde. Ansonsten verteidigte Olbertz den Konzentrationsprozess der Fächer und damit einhergehende Abschaffung einzelner Studiengänge an den Unis, Sachsen-Anhalt könne als kleines Land nicht alles überall bieten und müsse daher Schwerpunkte setzen. Als interessante Idee nahm Olbertz den Vorschlag zur Einsetzung eines studentischen Prorektors aus. Hingegen stellte er sich gegen eine Drittelparität in Gremien von Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studenten.