Umweltzone kommt am 1. September – OB sauer auf Land

von 16. Mai 2011

Die Stadt Halle (Saale) bekommt zum 1. September definitiv eine Umweltzone. Darüber informierte Christian Beckert, Ministerialrat im Landesumweltministerium, am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs. „Die Stinker unter den Autos müssen aus den Innenstädten verschwinden. Wenn andere Mittel nicht zur Verfügung stehen, dann durch die Schaffung einer Umweltzone.“ Zunächst dürften nur Autos mit gelber und grüner Plakette einfahren. Ab 1. Januar 2013 soll die Umweltzone, die weite Teile der halleschen Innenstadt umfasst, verschärft werden und nur noch die Einfahrt für Autos mit grüner Plakette erlauben.

Laut Beckert bringe die im Bau befindliche Osttangente durchaus eine Entlastung für die Stadt. Deshalb soll nach Inbetriebnahme auch die Paracelsusstraße in die Umweltzone aufgenommen werden. Auch die A 143 könnte seinen Worten zufolge etwas Entlastung bringen. Mit einer Umweltzone sei nicht mehr mit Überschreitungen der Feinstaub-Grenzwerte zu rechnen. Beim Stickstoffdioxid erreiche man dies erst nach Fertigstellung der Osttangente. Auch Dorothee Saar von der Deutschen Umwelthilfe ist fest von der Wirksamkeit überzeugt, dies hätten Werte aus Berlin bewiesen, wo der Rußanteil deutlich gesenkt werden konnte.

Der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Dietmar Weihrich (Grüne) kritisierte in diesem Zusammenhang die Stadtverwaltung. Diese habe noch immer keine Gelder für die Ausschilderung der Umweltzone im Haushalt eingestellt. „Obwohl wir es in den Haushaltsberatungen angemahnt haben.“ 100.000 Euro sollen die Hinweisschilder wohl maximal kosten, dabei orientiert man sich an Magdeburg. Das Land machte jedoch deutlich, dass Halle wegen der Überschreitungen der Grenzwerte an Maßnahmen nicht vorbeikommt. So sei der Tagesmittelwert von 50 µg/m³ PM10 (Feinstaub) an der Messstelle in der Paracelsusstraße bereits 38 Mal überschritten worden, erlaubt seien für das ganze Jahr 35. Im Jahr 2010 wurde zudem der für Stickstoffdioxid erlaubte Jahresmittelwert von 40 µg/m³ um fast 50 Prozent überschritten. Dabei wirke NO2 ähnlich wie Chlor ätzend auf den menschlichen Organismus, erläuterte Christian Beckert.

Er machte auch noch einmal klar, dass auf die Stadt von Seiten der EU Strafzahlungen in Höhe von 15.000 bis zu 900.000 Euro am Tag zu rollen, sollte sich Halle weiterhin weigern die Umweltzone einzuführen und damit Maßnahmen zum Schutz der Bürger zu ergreifen. Angesichts der finanziellen Situation der Stadt ein großes Druckmittel. Sollte die Stadt sich weiterhin weigern, werde man als Ersatzvornahme die Schilder selbst aufstellen, drohte der Vertreter des Umweltministeriums.

„Die Stadt soll endlich ihre Blockadehaltung aufgeben“, machte der Grünen-Politiker Dietmar Weihrich deutlich. „Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados muss endlich anfangen, die Feinstaub und NO2-Problematik ernst zu nehmen und die Gesundheit der Hallenser zu schützen. Da sie es augenscheinlich nicht schafft, konkrete Alternativen zur Luftverbesserung umzusetzen, muss die Umweltzone schnellstmöglich eingeführt werden." Zwar rede die Stadt immer wieder, lasse jedoch Taten vermissen. Die Förderung des Radverkehrs sei ungenügend, ein vor acht Jahren im Stadtrat beschlossenes Fahrradparkhaus sei bis heute nicht realisiert. Auch beim Öffentlichen Nahverkehr als Alternative zum Auto habe die Stadt gekürzt, den Takt von zehn auf 15 Minuten verringert. Angesichts weiterer Stellenstreichungen sei mit weiteren ÖPNV-Kürzungen zu rechnen. „Die HAVAG dient als Sparkuh der Stadtverwaltung“, so Weihrich. Auch das Jobticket sei im Sande verlaufen. Michael Schmiedel vom Verkehrsclub Deutschland erläuterte, Ziel müsse es sein, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, „damit weniger Autos in die Stadt fahren. Wir brauchen eine größere Verlagerung auf ÖPNV und Rad.“ Schmiedel wies noch einmal auf das VCD-Verkehrskonzept hin, in dem für die Innenstadt maximal Tempo 30 gefordert wird.

Ziemlich sauer reagierte Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados auf den Vorstoß von Umweltministerium und Umweltverbänden. "Ein bisschen merkwürdig ist das schon. Das ist nicht der richtige Weg", sagte sie gegenüber HalleForum.de. Es gehöre sich, dass es vorher Abstimmungen mit der Stadt gebe und kein Alleingang gemacht werde. Laut Umweltministerium bekommt die Stadt in den nächsten Tagen Post vom Land mit dem Bescheid zur Einführung. Dann habe die Stadt vier Wochen Zeit zu antworten.

Für die Einfahrt in die Umweltzone sind Plaketten nötig. Diese kosten fünf Euro. „Das ist kein Betrag, der jemanden in den Ruin treibt“, so Christian Beckert vom Umweltministerium. Rußende Autos ohne grüne Plakette können über eine Ausnahmegenehmigung auch weiterhin in die Umweltzone einfahren. Hier ist geplant, die Ausnahmegenehmigungen für Halle und Magdeburg jeweils gegenseitig in den Städten anzuerkennen. In den vergangenen Wochen lag der sogenannte Luftreinhalteplan, der auch die Einführung der Umweltzone vorsieht, in der Stadtverwaltung aus. Gerade einmal 20 Einwände dagegen hätten vorgelegen.