Uni Halle bekommt Bundesförderung für Medikamentenforschung

von 27. Oktober 2011

Die meisten Medikamente nehmen wir in Form von Tabletten zu uns. Zuvor haben beschichtete Tabletten oder Dragees eine lange Reihe von Produktionsschritten durchlaufen, da sie bislang erst nach der Herstellung beschichtet werden. Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) entwickeln jetzt ein Verfahren, das die Beschichtung in den Herstellungsprozess integrieren und dadurch Zeit, Kosten und Materialien sparen soll. Mit 750.000 Euro wird das Projekt "in situ coating" für drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

An Keksen und Süßigkeiten, die ähnlich beschichtet sind wie "Smarties", wollen die Wissenschaftler das Verfahren in Zusammenarbeit mit einem Mentor aus der Industrie zunächst testen. "In situ coating soll dann aber vielseitig einsetzbar sein – zum Beispiel in der Pharmazie oder zur Herstellung von Düngemitteln", sagt Projektleiterin Sandra Petersen vom Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik der MLU. Welche Stoffe bei der Herstellung denkbar sind, werden drei Doktoranden im Team erforschen.

"In situ" heißt "vor Ort" und beschreibt die entscheidende Innovation im Herstellungsprozess: "Die Tablette wird in einem Schritt – am selben Ort – geformt und beschichtet. Das Stoffgemisch wird so gesteuert gekühlt, dass es von außen nach innen zur Kristallisation kommt", erläutert Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Ulrich. Gemeinsam mit dem Verfahrenstechniker Dr. Torsten Stelzer und Moritz Bradler vom Gründernetzwerk Univations hatte Ulrich beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Projektantrag gestellt. Vor Kurzem wurde das Vorhaben in der Förderlinie "Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung" bewilligt.

"Das neue Verfahren mischt die Stoffe quasi selbst und setzt sie beschichtet zusammen. Dadurch benötigen wir weniger Anlagen und sparen Zeit, Kosten und Material", erklärt Stelzer. Bislang wird zunächst das Pulver hergestellt, granuliert oder kristallisiert, dann werden die einzelnen Tabletten gepresst und erst im Anschluss beschichtet und getrocknet. Die einzelnen Verfahrensschritte beim "in situ coating" funktionieren bereits. "Für uns liegt die Herausforderung jetzt darin, diese Schritte in einen Gesamtablauf zu übertragen und zu perfektionieren", sagt Torsten Stelzer.

Bis zum Frühjahr 2012 will das Team aus Pharmazeuten, Verfahrenstechnikern und Physikern verschiedene Modellsysteme entwickeln und damit erste Nahrungsmittel herstellen. Koordiniert wird das Vorhaben von der Apothekerin Sandra Petersen. In zwei Jahren wird das BMBF über die Fortführung des Projekts entscheiden.