Bühnenreifer Streit um Edgar Allan Poe

von 2. September 2009

(ens) Vergangenen Freitag hat das Musical „Edgar Allan Poe“ seine Premiere am Opernhaus in Halle (Saale) gefeiert. Doch Komponist und Autor Eric Woolfson war nicht da. In einem Gespräch mit HalleForum.de hatte er sich von der Aufführung distanziert, dies sei nicht sein Buch, was da auf die Bühne gebracht wurde. Regisseur Frank Alva Buecheler habe fast alles geändert.

Nun meldet sich der angegriffene Regisseur zu Wort, nimmt zu den Vorwürfen Stellung. Der Streit schein langsam selbst bühnenreif zu werden. „Ehrlich gesagt, ist es mir eigentlich lästig, zu den aberwitzigen Vorwürfen von Autor und Komponist Woolfson und seinen Adlaten Stellung zu nehmen“, so Buecheler. „Da aber seit Tagen das Telefon bei mir nicht still steht und alle wissen wollen, wie es wirklich war, berichte ich hier – ein für alle Mal.“

Möge sich jeder selbst eine Meinung bilden. HalleForum.de hat deshalb auf Seite 2 den kompletten Brief Buechelers unverfälscht online gestellt. Auf Seite 3 können Sie noch einmal das Interview mit Eric Woolfson nachlesen.

[pagebreak]

Stellungnahme Frank Alva Buecheler
November 2008, ich springe als Regisseur für die Uraufführung von POE in Berlin ein. Man hat sich vom bisherigen Regisseur getrennt. Ich höre die Musik, lese das Buch – das dramaturgisch schwächelt. Die mangelhafte Übersetzung wird vom Verlag Gallissas als Rohübersetzung entschuldigt. Ich äußere meine grundsätzlichen Ideen zur Umsetzung, mein Konzept findet Anklang, bei Woolfson, Verlegerin Migge und den Produzenten und dient sofort als Grundlage für die bereits stattfindenden Auditions, an denen Mr. Woolfson teilnimmt.

Im Dezember 2008 wird vom Verlag die überarbeitete Übersetzung präsentiert, sie unterscheidet sich nur marginal von der Rohfassung. Ich schreibe das so genannte „Regiebuch“. Es verzeichnet ganz genau meine szenischen Vorstellungen, korrigiert Übersetzungsfehler in den Dialogen, ergänzt Texte um wichtige Informationen, gibt den Figuren eine individuellere Sprache. Das Regiebuch wird vom Verlag entgegen genommen und ins Englische übersetzt.

12. und 13. Januar 2009: Zusammen mit dem Musikalischen Leiter Volker M. Plangg treffe ich in London Mr. Woolfson. Satz für Satz, Takt für Takt gehen wir das Regiebuch und das musikalische Material durch. Wünsche von Woolfson werden aufgenommen. Unser Wunsch, wenn schon mit dem Verweis aufs Alan Parsons Project geworben wird, doch einige der alten Nummern, die immer noch grooven, ins Stück aufzunehmen, wird von Woolfson mit der Erklärung abgelehnt, Alan Parson müsse zustimmen und sei nicht auffindbar. (Später erfahren wir aus Kollegenkreisen, dass Woolfson sich mit Parson verkracht habe.) Woolfson erteilt sein „general approval“ für mein Regiebuch. So soll das Stück inszeniert werden. So vertritt es Woolfson auch am 16. Januar bei der Pressekonferenz im Admiralspalast in Berlin. Ende Januar erklären die Berliner Produzenten die Insolvenz, drei Tage vor Probenbeginn. Mitte Februar erzählt Frank Langosch, Agent von Volker Plangg, dem Operndirektor
Joel Revelle in Halle von POE. Generalintendant Stiska hat von der Verlegerin Bettina Migge schon von dem Stück erfahren. Das Opernhaus Halle entschließt sich Mitte März, dass Stück zur Spielzeiteröffnung uraufzuführen – und zwar in meiner Fassung, so wie es das von Woolfson genehmigte Regiebuch vorsieht und auch in Berlin inszeniert werden sollte.

Vom Verlag wird Volker M. Plangg mit der Anfertigung der Arrangements beauftragt. Sie liegen rechtzeitig vor und werden angenommen und dem Opernhaus Halle zugestellt, ebenso wie die Textfassung meines Regiebuches.

Anfang Juni beginnen die Proben. Am 18. Juni besuchen Woolfson nebst Assistentin, Verlegerin Migge – die angibt, zum ersten Mal in ihrem Leben einer Theaterprobe zu beizuwohnen – und der Dramaturgische Mitarbeiter John Havu eine Probe in Halle. Alle zeigen sich angetan, ja begeistert vom Arbeitsstand. Vorgenommene Änderungen bei der Übersetzung eines Songs werden autorisiert.

Der Operndirektor ersucht den Verlag, die Übersetzung zweier weiterer Songs gravierend zu korrigieren. Die Korrekturen fallen in der Folge unbefriedigend aus, Frau Migge gibt der Regie grünes Licht, hier ihrerseits erneut tätig zu werden, und bietet an, Änderungen beim Übersetzer Daniel Call durch zu setzen. Das Opernhaus Halle geht in die Sommerpause. Vier Wochen Proben sind bestens gelaufen, Solisten, Chor und Ballett sind höchst animiert über die Arbeit mit dem Regisseur und seinem Team. Die Stimmung ist bestens.

Am 10. August beginnen die Proben wieder. Woolfson kündigt sich für den 11. und 12. August an, „to check out the sound system“. Der Regisseur bittet Frau Migge, Woolfson zu erklären, dass die Arbeitsprozesse an einem städtischen Repertoire-Theater andere sind als bei kommerziellen Produktionen im anglo-amerikanischen Raum. Mit Sound (Mikroports usw.) wird bei POE erstmals am 21. August probiert werden. Frau Migge bricht ihren Urlaub ab, um sich in Halle um die Produktion zu kümmern, in der es, wie sie behauptet, drunter und drüber ginge. Diese Ansicht teilt keiner im Opernhaus, im Gegenteil. Die korrigierten Songtexte sollen nun laut Migge nicht mehr gesungen werden, erfahren dann aber doch die Duldung.

Woolfson kommt dann am 18. August ins Theater, im Gefolge Frau Migge, Herr Havu und Anwälte. Woolfson sieht eine Abendprobe auf der Hauptbühne, bei der es ausschließlich um die Klärung technischer und organisatorischer Abläufe geht, Szenen und Songs werden gesprungen, um mit der zur Verfügung stehenden Zeit auszukommen. Nach der Probe beschimpft Woolfson mich vor dem Theater. Er brüllt mich an, alles sei „shit, shit, shit“ und ich sei in „idiot“, ich möge es aber nicht persönlich nehmen. Er fordert die Umbesetzung von zwei tragenden Rollen und das Streichen weiterer Rollen. Ich solle musikalische Änderungen zurücknehmen – es hat aber keine gegeben und wenn, wären sie Sache des musikalischen Leiters… Außerdem, so Woolfson, habe seine ursprüngliche Textfassung, wie sie mir im November ausgehändigt worden sei, gespielt zu werden, ohne jegliche Änderungen. Ich entgegne, das sei eine völlig absurde Idee, wir seien 10 Tage vor der Premiere, und zudem habe er meine Regiefassung in jedem Detail gebilligt. Woolfson stellt das Ultimatum: ich könne mich bis zum nächsten Morgen 8 Uhr entschließen, die ursprüngliche Textfassung „zu inszenieren“ und die Umbesetzungen vorzunehmen, oder er würde die Aufführung verbieten lassen. Es sei an mir, adieu. – GMD Karl-Heinz Steffens erklärt am selben Abend, mit Woolfson noch mal sprechen und ihn zur Räson rufen zu wollen, wenn er aber einen Skandal haben wolle, solle er ihn haben. Das Theater stehe zu der Inszenierungsarbeit und sowieso zur künstlerischen Freiheit des Regisseurs, Eingriffe würden hier nicht vorgenommen, die Zensur sei abgeschafft…

Am 19. August schreibe ich morgens eine vertrauliche E-Mail an Verlegerin und Agentin Bettina Migge, die auch mich zwei Jahre lang vertreten hat. Ich schildere die Vorkommnisse des Vorabends und warne vor den völlig unrealistischen Vorstellungen des Komponisten. Ich nenne ihn in dem persönlichen Schreiben einen „Wahnsinnigen“ und „Irren“. Frau Migge gibt das Schreiben an Woolfson weiter. Ich beschließe, die Agentur Gallissas bei nächster Gelegenheit zu verlassen. Ich entschuldige mich bei Woolfson offiziell und gebe anwaltlich zu Protokoll, ihn nie wieder einen Wahnsinnigen und Irren zu nennen. (Er greift diese Vokabeln aber jüngst selber in seinen Presse-Attacken gegen mich wieder auf und zwingt mich so, wie hier, meine diesbezügliche Zurückhaltung aufzugeben.) Nun versuchen Woolfson und Co. die Kollegen des Regieteams gegeneinander aufzuwiegeln, das Ensemble gegen das Regieteam zu beeinflussen. Diese Versuche misslingen allesamt.

Am 20. August sitzt Frau Migge, Woolfson, Havu und Karl-Heinz Freynik, ein Songschreiber und Freund Woolfsons, bei GMD Steffens, Generalintendant Stiska bittet mich dazu. Frau Migge verkündet coram publico, ich dürfe mich als aus ihrer Agentur rausgeschmissen betrachten, bekäme dies auch noch anwaltlich mitgeteilt. Sie fordert mich auf, die Regie nieder zu legen. Ich danke für den Rausschmiss aus der Agentur Gallissas, lehne das Niederlegen der Regie ab – warum sollte ich das tun, ich sei mit der hoch komplexen Arbeit noch nicht fertig, die Stimmung im Ensemble und bei allen Mitarbeitern sei glänzend, ich würde sie nicht im Stich lassen und den Angriffen von Komponist und Verlag schutzlos aussetzen. Geschäftsführer Stiska zeigt sich erfreut, dass ich meine Arbeit fortsetzen wolle. GMD Steffens bekräftigt den Standpunkt der Theaterleitung, die Zufriedenheit mit der Arbeit von Regie und Regieteam. Frau Migge, Woolfson und Gefolge verlassen die Unterredung mit der Ankündigung, die Aufführung mit allen juristischen Mitteln verhindern zu wollen. Geschäftsführer, GMD und Regisseur fragen sich, was die Motive für diese Aktion sein könnten – gesehen haben die Herrschaften, außer im Juni, bisher nur technische Proben.

Im Zusammenhang mit einem plötzlichen New York Besuch Anfang August von Migge und Havu werden uns Branchengerüchte zugetragen, nach denen Woolfson dort eine Produktion von POE angeboten worden sei – unter der Bedingung, es handle sich um eine Uraufführung. Es wäre zwar namenlos und unfasslich, macht aber das Gebaren von Woolfson plausibel: indem man auf den Regisseur einhaut, kann die Produktion zum Platzen gebracht werden, das Prädikat „Weltpremiere“ stünde wieder zur Verfügung. Sollte dies nicht gelingen, kann die Regie für eine mögliche negative Aufnahme verantwortlich gemacht werden, auf alle Fälle kann die Aufführung am Opernhaus Halle von Woolfson als „das war nicht das Stück, das ich geschrieben habe“ hingestellt werden.

Sollte es tatsächlich inhaltliche und formale Einwände geben – warum sind sie nicht im Juni geäußert worden? Warum hat man zu dieser Phase, als Änderungen noch möglich gewesen wären, nicht mit mir und dem Team gesprochen? Warum hat der Übersetzer nicht ein paar Proben besucht, um bei einer so wichtigen Uraufführung selber zu überprüfen, wie der deutsche Text funktioniert? Am Montagmorgen, 24. August, vier Tage vor der Premiere, erreicht die Theaterleitung ein Schreiben der Gallissas-Anwälte: es werden massive Änderungen verlangt, sonst würde die Premiere untersagt. GMD Steffens platzt der Kragen, er verlangt die Ausführung dieser Änderungen, um die Premiere nicht zu gefährden. Ich überlege kurz, die Regie nieder zu legen – was aber zu grenzenlosen Chaos führen und das Ensemble demoralisieren würde. Ich entscheide mich für Standhaftigkeit.

Es werden etwa 30 bis 40 Änderungen im Text und in der Inszenierung vorgenommen. Mein Regiekonzept ist damit zerstört. Meine Inszenierung von EDGAR ALLAN POE hat nie jemand gesehen. Nur ich konnte in den letzten Proben vor den technischen und Bühnenorchesterproben beobachten, wie der Ansatz aufgegangen wäre. Ein sehr eigenwilliger Rhythmus – wofür meine Inszenierungen bekannt sind -, kleine Verschiebungen und Verrückungen hätten sogar die ästhetisch spezielle Ausstattung in einer Weise relativiert und kontrastiert, dass etwas Besonderes entstanden
wäre. (Ausstatter Christoph Weyers hat sich menschlich in den ganzen Auseinandersetzungen
hervorragend benommen, wir sind ein Team geworden). Das wurde durch Woolfson, Verlag Gallissas und deren Anwälte kaputt gemacht. Aber gerettet habe ich die Motivation des Ensembles und den Willen aller Beteiligten, das Stück dem Publikum furios zu präsentieren.

Am Dienstag, 25. August, vor der abendlichen Bühnenorchesterprobe muss auf anwaltliche Intervention dem Ensemble vom Operndirektor der Autor Karl-Heinz Freynik als mir durch den Komponisten zur Seite gestellten Berater vorgestellt werden. Ich lade Herrn Freynik ein, nach der Probe mit den Solisten zu sprechen und an meiner Kritik teilzunehmen. Herr Freynik schlägt vor, Poes Gegenspieler Paar Griswold und Reynolds als Laurel & Hardy zu inszenieren. Dieser und andere Vorschläge Freyniks stoßen bei den Solisten auf Kopfschütteln und völlige Ablehnung. Nach eineinhalb Stunden entschuldigt sich Freynik hektisch und verlässt die Runde.

Mittwoch, 26. August, nach der abendlichen Hauptprobe sagt Freynik, dass seine Vorschläge doch vieles schon viel besser gemacht hätten – in der Tat wurde keiner aufgegriffen – und hinterlässt einen handschriftlichen Zettel mit Kritik, am nächsten Tag ist er nicht da. Woolfson hat das Theater seit Tagen nicht betreten, er hat nicht ein einiziges Mal das Ensemble begrüßt, sondern allenfalls übellaunig blickend im Rang Platz genommen. Zur Pressekonferenz am 27. August, dem Generalprobentag, erscheint er nicht.

Etwa eineinhalb Stunden vor der Generalprobe erscheint Herr Freynik, begleitet von GMD Steffens, der mir schonend zwei weitere Änderungen abringt, die Woolfson fordere. Bei Erfüllung wäre der bereit, ins Theater zu kommen und auch das Ensemble zu begrüßen. Wir machen diese Änderungen. Woolfson kommt nicht. Auch nicht zur Premiere.

Stattdessen denunziert Woolfson in geschäftsschädigender Weise die Produktion, schreckt nicht vor der Verbreitung von Lügen zurück und die Intendanz des Opernhauses anzugreifen oder der Regie völlig abwegig zu unterstellen, sie habe „masturbierende Frauen auf die Bühne gestellt“, „erigierte Penisse“ und „Schwulenparties“ inszeniert. (Nichts lag mir ferner – allerdings, wenn der Geschichte dienlich, wäre dagegen gar nichts zu sagen, außer dass man’s halt schon hundertmal gesehen hat.) Der homophobe Woolfson will mich damit persönlich treffen, verkennt aber, dass ich seit langem nicht verhehle, potenziell beide Hälften der Menschheit lieben zu können. Kann Woolfson denn nur sich selbst lieben? Nicht mit anderen Künstlern zusammen arbeiten? Oder ihre Arbeit auch nur anerkennen?…

Doch die Aufführung von EDGAR ALLAN POE erntet vom Publikum am Premierenabend einen grandiosen Orkan aus Applaus und Bravos. Dem Opernhaus Halle ist eine überaus respektable Musical-Produktion gelungen, für die ein Komponist dankbar sein dürfte…

[pagebreak]

Interview Eric Woolfson
Am Freitagabend wurde im Opernhaus in Halle (Saale) groß die Weltpremiere des Musicals “Edgar Allan Poe” gefeiert. Doch die Hauptperson fehlte. Der Komponist Eric Woolfson, von dem Buch und Musik stammen, blieb der Uraufführung fern. Dabei weilte der 64jährige bereits mehrere Tage in Halle. Doch Woolfson, der über 50 Millionen Platten unter anderem mit dem Alan Parson Project verkauft hat, ist mit der Inszenierung von Regisseur Frank Buecheler keinesfalls einverstanden, distanziert sich gar von der Produktion. “Das ist nicht das Stück, was ich geschrieben habe”, so Woolfson im Gespräch mit HalleForum.de. Während im Opernhaus 600 Premierengäste der Uraufführung beiwohnten, passte Woolfson auf seine anderthalbjährige Enkeltochter auf. Lediglich der Rest seiner Familie war bei der Premiere mit dabei. Auf der anschließenden Premierenfeier ließ sich Woolfson dann doch kurz blicken.

Doch was macht den 64jährigen Musiker so wütend? Eigentlich wollte er sich mit dem Musical einen Lebenstraum erfüllen. Immerhin beschäftigt er sich seit gut 40 Jahren mit den Texten des Ausnahmeliteraten Edgar Allan Poe und wollte dessen Leben detailgetreu auf der Bühne wiedergeben. “Im Vertrag steht, dass ich bei größeren Änderungen am Drehbuch informiert werde”, so Woolfson. Bei einem Besuch in Halle vor wenigen Wochen habe er dann das Gerücht gehört, dass Poe in dem Musical zum Schwulen gemacht werden solle. Penispumpen und sogar homoerotische Partys seien in dem Stück vorgesehen gewesen, schimpfte Woolfson über die Uminszenierung von Buecheler. Erst über die Kostümausstattung habe er dazu nähere Informationen erhalten. “Es gab dazu nichts auf Papier.”

Es folgten Probenbesuche, die Woolfson endgültig aus der Haut fahren ließen. “Da war alles falsch.” So sollte Mendelssohns Hochzeitsmarsch im Stück aufgeführt werden. Zudem seien fünf weitere Rollen hinzugekommen, die im Buch überhaupt nicht vorkommen. Auch drei streitende Poes hat Regisseur Buecheler eingefügt. Doch einen ganzen Durchlauf des Stückes bekam Woolfson weiterhin nicht zu sehen. “Sie haben ihre Planungen versteckt.“ Also wurden Krisentreffen einberufen. Selbst Rolf Stiska, Geschäftsführer der Kultur GmbH, habe ihm gegenüber erklärt, die Proben nie gesehen zu haben, so Woolfson im Gespräch mit HalleForum.de.

Auch ein Gespräch mit Regisseur Buecheler stand an. “Ich habe versucht ihn zu überzeugen, zurück zum Inhalt des Buches zu kommen”, erklärte Woolfson. Doch was folgte war eine E-Mail an den Gallissas-Verlag von Bettina Migge, die von Woolfson mit den Aufführungsrechten beauftragt worden. Darin habe sich Buecheler über ihn beschwert und als ”Wahnsinnigen” und “Spinner” tituliert, weiß Woolfson zu berichten. “Der Brief ist eine Unverschämtheit.” Immerhin folgte ein offizielles Entschuldigungsschreiben.

Der Graben zwischen den beiden Kontrahenten jedoch wurde immer tiefer und weiter. Woolfsons Forderung deshalb: der Regisseur muss ausgewechselt werden, worauf sich wiederum die Kultur GmbH nicht einließ. Zudem forderte Woolfson Änderung am Skript, hatte zahlreiche Wünsche eingereicht. Das jedoch habe Geschäftsführer Rolf Stiska abgelehnt. Die Premiere rückte immer näher, auch eine Gefährdung der Weltpremiere konnte nicht mehr ausgeschlossen werden, hatte doch Woolfson bereits Anwälte kontaktiert. Die Weltpremiere abzusagen – durchaus im Bereich des möglichen. Er habe dies jedoch nicht gemacht, um Halle damit zu schützen. Schließlich schaue die ganze Welt auf Halle. Und der Makel des Scheiterns wäre nicht auf Regisseur und Management gefallen, sondern eben auf Halle. Dabei ist Woolfson eigentlich stolz darauf, dass die Weltpremiere “seines” Stückes in Halle sein sollte. Schließlich ist Händel sein Lieblingskomponist.

Ursprünglich sollte die Weltpremiere im Admiralspalast in Berlin sein, auch dort mit Frank Buecheler als Regisseur. Doch dort hätte man vielleicht genauer hingeschaut, mutmaßte Woolfson. Eine deutliche Kritik am Management der halleschen Kultur GmbH. “Ich kann es immer noch nicht glauben, dass Stiska das nicht gesehen hat.” Woolfson stellte sogleich die Verbindung zum Seemann Admiral Nelson her, der im Gefecht keine Signalflaggen gesehen hat – weil er das Fernrohr ans blinde Auge gehalten hatte

Und einen kleinen Teilerfolg konnte Woolfson doch noch feiern. Einige Passagen konnten noch umgeschrieben werden. Woolfson hatte dazu den bekannten Drehbuchautoren Karl-Heinz Freynick (Phantom der Oper) als neue Regisseur vorgeschlagen. Doch das lehnte die Oper ab. Lediglich als Berater wurde Freynick akzeptiert. Wohl auch nur widerspenstig, um die Premiere nicht zu gefährden. “Durch Freynick konnte noch viel verbessert werden, aber es war längst nicht alles in Ordnung.” Übrigens ist das keine Kritik an den Musikern und Schauspielern. “Der Cast war gut”, so Woolfson. An Stadt (Als Gesellschafter) und Mitarbeiter des Opernhauses gerichtet sagte der Musiker, sie sollten einen strengeren Blick werfen, was die Geschäftsführung in dem tollen Opernhaus macht.

Bereits zur Pressekonferenz mit regionaler und nationaler Presse am Donnerstag war Woolfson abwesend. “Ich wollte keinen Ärger machen, deshalb bin ich besser nicht hingegangen.”

Woolfsons Fazit: “es wurde die Chance verpasst, etwas international wirklich tolles zu machen.” Er habe ein Familienstück gewollt, Buecheler hingegen habe masturbierende Frauen auf die Bühne geholt …