Wieder Abriss in Heide Nord

von 24. August 2010

Es sind nun schon 20 Jahre seit dem Mauerfall vergangen, aber bei der HWG in Heide-Nord scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Wohnungen im Bestand der HWG in Heide-Nord entsprechen nach wie vor der Qualität aus DDR-Zeiten. Auch durch das Streichen der Hausflure wird die Wohnqualität nicht besser, wenn die einzelnen Wohnungen unverändert bleiben. Dabei kann durch Sanierung aus einem Plattenbau die Wohnqualität erheblich verbessert werden, was die GWG in Halle-Neustadt im Oleanderweg vorgeführt hat. Hier standen die Mieter bei der Vergabe Schlange, um eine der begehrten Wohnung zu erhalten.
Die HWG verfolgt unter dessen eine andere Strategie. Nimmt man sich die Zeit, um einen Spaziergang durch Heide-Nord zu machen, dann erkennt man sofort, welche Häuser im Bestand der HWG sind. Alle Häuser, die saniert wurden, strahlen in neuen freundlichen Farben und gehören nicht der HWG (siehe Bilder). Hier haben die Wohnungsgenossenschaften (WG Frohe Zukunft und WG Freiheit) gute Arbeit geleistet, was sich in der Vermietung der Wohnungen niederschlägt. In den sanierten Wohnungen gibt es kaum Leerstand. Vereinzelt ist mangels Fahrstuhl die eine oder andere Wohnung in der obersten Etage frei. Dagegen wirken die Häuser des städtischen Wohnungsunternehmens HWG, als ob die Zeit seit 20 Jahren stehen geblieben ist und immer noch der DDR-Alltag herrscht. Demgegenüber zeigt die GWG, dass es auch anders geht, in dem man seine Häuser saniert und dadurch eine fast 100%ige Vermietung erreicht. Wer will denn 20 Jahre nach dem Mauerfall noch in einer unsanierten Wohnung leben, geschweige denn in
eine solche ziehen?

Wirft man einen Blick in das Stadtentwicklungskonzept der Stadt Halle (Saale), dann lässt sich die Strategie der HWG erkennen. Hier heißt es: „Die Potenziale des Stadtteils Heide-Nord sind vorrangig die landschaftsräumlich attraktive Lage am äußersten nordwestlichen Stadtrand in fußläufiger Entfernung zum Landschaftsschutzgebiet der Dölauer Heide“ und weiterhin „Ausgehend von den genannten Potenzialen könnte es mit der Umsetzung eines Modellprojekts für den Bau von Eigenheimen auf Abrissflächen in dem hochwertigen Landschaftsraum im Nordwesten der Stadt Halle gelingen, Heide-Nord ein neues Wohnungssegment hinzuzufügen, den Wohnstandort zu stabilisieren und einen Prozess der Transformation der Wohnungsangebote einzuleiten.“

Nun erschließt uns auch Sinn und Zweck des „Nichtstuns“ der HWG. Die Häuser müssen weg, um Platz für Eigenheime zu schaffen. Denn „Transformation“ ist nur ein Therasaurus für Abriss. Voraussetzung für eine Abrissgenehmigung ist jedoch zunächst der Auszug der Mieter. Und Experte für die sogenannte „Entmietung“ ist zumindest in Heide-Nord die HWG. Es stellt sich nun die Frage, wie wird man schnellstmöglich Mieter los? Ganz einfach, es wird an und in den Häusern nichts getan, um die Wohnqualität und dadurch letztendlich auch den Wert der Immobilie zu steigern. Reparaturen werden notdürftig durchgeführt. Im Ergebnis dessen, kehren jedes Jahr Mieter der HWG den Rücken, was keinem zu verdenken ist, denn wer will nach 20 Jahren Mauerfall nicht dem alten DDR-Flair entfliehen. Dagegen ist die Vermietungsquote in sanierten Häusern weitaus höher, was die GWG in Halle-Neustadt und die Wohnungsgenossenschaften in Heide-Nord bewiesen haben. Es gibt in den neuen Bundesländern mehrere Beispiele, wie
man die sogenannten Plattenbauten so sanieren kann, dass durch Änderung der Flächen und Reduzierung der Etagen die Wohnqualität durch neue Wohnraumstrukturen und Schaffung von Dachterrassen verbessert und daraus schlussfolgernd die Vermietungsquote erheblich steigern kann. Die HWG hat lediglich 2 Eingänge in der Grashalmstraße vor 13 Jahren gezwungenermaßen sanieren müssen, weil es sich um Betriebswohnungen handelte, die nach Übergabe an die HWG unvermietbar waren. Diese beiden Eingänge sind seit der Innensanierung der Wohnungen zu 100% vermietet, was der HWG zu denken geben sollte.

Im Stadtentwicklungskonzept und scheinbar auch bei der HWG, stellt man sich die Frage nach dem Grund der vielen Mietkündigungen überhaupt nicht. Deshalb hat vermutlich auch ein Mieter den Werbeslogan der HWG etwas verändert, denn an einem Haus stand geschrieben „Schöner wohnen können Sie wo anders“.

Liest man das Stadtentwicklungskonzept weiter, dann könnte man sich die Frage stellen, ob man durch die Entmietung auch Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger durch finanzstarke Eigenheimbauer ersetzen will.
„Der Bevölkerungsanteil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger ist im Stadtviertel seit Ende der 90er Jahre überdurchschnittlich hoch und im Unterschied zu den annähernd stabilen Zahlen der Gesamtstadt weiter steigend. Während 1999 17,3 % der Bewohner von Heide-Nord/Blumenau arbeitslos oder/(und) Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) waren, stieg dieser Anteil bis 2004 stark auf 23,2 %. Die Summierung beider Indikatoren wirkt jedoch leicht überhöhend, da einige Arbeitslose ergänzend Sozialhilfe bezogen haben (Mehrfachzählung). Dagegen liegt der Ausländeranteil mit 2,1 % (2005) unter dem Durchschnitt der Gesamtstadt von 4 %.“

Der Argumentation seitens der HWG, dass die verbliebenen Mieter aus den Häusern müssen, um die Häuser abreißen zu können, weil die HWG bei Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde, kann man unter diesen Tatsachen nicht nachvollziehen. Warum aber viele Mieter ausziehen, vermag die HWG nicht ergründen zu wollen, da sie ansonsten zu dem Schluss kommen würde, dass nur durch Sanierung (Umbau der Flächen, Reduzierung der Etagen etc.) die Objekte vermietbar sind und dadurch eine Rentabilität erreicht werden würde. Darüber hinaus könnte die HWG auch selbst neue Häuser bauen und diese vermieten.
Fraglich ist es sowieso, dass auf Grund knapper Haushaltskassen für Abriss auch noch Fördermittel ausgegeben werden müssen. So schlecht, kann es dem Land dann wohl doch nicht gehen, wie uns immer eingeredet werden soll.

Die HWG ist in keinster Weise daran interessiert, den Vermietungsstand in Heide-Nord zu halten oder sogar zu erhöhen. Sie verfolgt vielmehr eigene Interessen, in dem sie durch „Nichtstun“ die Mieter los werden will, damit sie dann die Grundstücke teuer „verschachern“ kann. Und das Konzept der HWG scheint aufzugehen. Was die Oberbürgermeisterin als Aufsichtsratsvorsitzende der HWG dabei für eine Rolle spielt, mag ich nicht zu ergründen. Allerdings wohnt sie gleich neben Heide-Nord in Lettin und blickt auf Heide-Nord.

Die HWG sollte ihre Strategie schleunigst überdenken. Sie könnte zum Beispiel einen Plattenbau grundlegend, wie oben beispielhaft beschrieben, sanieren und dann auf die Vermietungsquote sehen. Das eine Sanierung etwas bringt, erkennt man, in dem man die Wohnungen der Genossenschaften in Heide-Nord betrachtet. Da findet man kaum eine leere Wohnung. Bei der HWG kehrt sich dieses Bild leider ins Gegenteil.
Die nächsten 5 Jahre wird sich zeigen, in welche Richtung die Strategie geht, Abriss –Verzeihung, das nennt sich ja Transformation bzw. Umstrukturierung. Und durch Abriss der letzten 5 Plattenbauten ist zumindest der „Umstrukturierungsbereich mit vorrangiger Priorität“ abgeschlossen. Aber ein weitaus größerer Bereich von Heide-Nord, der als „Umstrukturierungsbereich ohne vorrangige Priorität“ lässt viele Mieter der HWG in Ungewissheit, was aus ihrem geliebten Heide-Nord werden soll.