Ein politisches Leben

von 21. Januar 2012

Vor drei Jahren, am 11. Januar 2009, starb die Friedens- und Anti-Atomaktivistin Erika Dress, die mit ihrem mütterlichen Verantwortungsgefühl für viele zum Vorbild wurde. Im hallischen Hasenverlag erschien nun zu ihrem dritten Todestag eine Biografie unter dem Titel „Erika Dress (geborene von Winterfeld) – Ein politischer Lebensweg 1935 bis 2009“. Die reich illustrierte und mit vielen Dokumenten versehene Publikation ist als Band 4 der EDITION Zeitgeschichte(n) herausgegeben worden.

Die Theologin und Autorin Edda Ahrberg (Jg. 1954) hat im Gespräch mit zahlreichen Zeitzeugen von Erika Dress, mit deren Kindern, dem früheren Ehemann und vor allem mit Weggefährten und Mitstreitern ein realistisches Bild dieser sanften und doch so mutigen Frau entworfen. Dabei werden die einzelnen Lebensstationen detailliert nachgezeichnet.

Erika Dress wurde 1935 in Breslau als Tochter der Familie von Winterfeld geboren, die dort ein schlesisches Gut bewirtschaftete. Nach der entbehrungsreichen Flucht ließ sich die Familie in Schleswig-Holstein nieder. Später studierte Dress in Kiel und Westberlin Medizin, wo sie mit Ostdeutschen bereits über die Wiedervereinigung diskutierte. Das brachte der Westdeutschen 1958 eine achtmonatige Stasi-Untersuchungshaft im „Roten Ochsen“ von Halle ein. Trotz dieser Erfahrung kam sie nach dem Staatsexamen in die DDR und lebte ab 1975 in Stendal.

Neben ihrem beruflichen ärztlichen Engagement war sie eine der Initiatoren des „Friedenskreises“ und der „Energiewende-Gruppe“ in der Altmark, die nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl mit zivilem Ungehorsam und gewaltfreien Aktionen gegen den Bau des geplanten Atomkraftwerkes bei Stendal demonstrierte.

Ab Juli 1989 organisierte Erika Dress mit Freunden die Friedensgebete in Stendal. Wenig später gehörte sie zu den Erstunterzeichnern des Gründungsaufrufes des NEUEN FORUMs. Selbst „Zuführungen“, Vernehmungen und Ordnungsstrafen konnten sie nicht abschrecken. Dress wurde zur treibenden Kraft des Aufbruchs in der Altmark. Aber auch nach der Wende gab sie den Kampf nicht auf. Der Kampf gegen die Nutzung der Atomenergie blieb ihr bestimmendes Thema. Und so musste sie auch im wiedervereinigten Deutschland Gerichtsverhandlungen über sich ergehen lassen und Haftstrafen absitzen.

Anhand von zahlreichen Dokumenten, Selbstzeugnissen, Verhörprotokollen, Stasi-Akten, Briefen und Gesprächsaufzeichnungen bringt uns die Autorin eine aufrechte Frau mit universalen Ideen näher und wirft dabei auch einen kritischen Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte der letzten fünfzig Jahre.

(Manfred Orlick)

Edda Ahrberg: „Erika Dress (geborene von Winterfeld) – Ein politisches Leben“, Hasenverlag Halle/Saale 2012, 10,00 €, 224 S., ISBN 978-3-939468-67-7