Halle und die Hoffnungen in die Unternehmensbeteiligungen

von 1. Dezember 2011

Die Stadt Halle (Saale) ist reich. Reich an Beteiligungen. An ganzen 95 Unternehmen ist die Saalestadt beteiligt. Und genau diese Unternehmen sorgen dafür, dass es in der Stadt überhaupt noch voran geht. "Wir wollen zeigen, wie wir heute ohne Beteiligungen da stünden", begrüßte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados die nur spärlich erschienene Presse. Die Stadtverwaltung wollte darlegen, wie diee diversen Unternehmen die Saalestadt lebenswert machen. "Ohne unsere Beteiligungen würde unser Finanzdezernent Egbert Geier noch mehr graue Haare haben", sagte Szabados. Und ließ im Anschluss durch den Vorstand der BeteiligungsManagementAnstalt BMA Halle (Saale) Heinrich Lork darlegen, welche Effekte die diversen Firmen gebracht haben.

Im Jahr 2005 hatte die Stadt die BMA gegründet, um die Beteiligungen zu bündeln und auch Positives für den Haushalt tun zu lassen. Zwischen 2006 und 2010 sind immerhin 271,7 Millionen Euro durch die städtischen Unternehmen in die Stadtkasse geflossen. Einen dicken Batzen dazu hat der Verkauf der Anteile am Gaskonzern VNG gebracht. Auch die Wohnungsverkäufe und Gewinnausschüttungen der Wohnungsunternehmen HWG und GWG sorgten für etwas Inhalt in der Stadtkasse. "Wir sind reich – noch" hatte Lork deshalb sein Zahlenpapier umschrieben. Denn die Stadt ist durch das Landesverwaltungsamt zwar angehalten, aus ihren Beteiligungen Beiträge zur Haushaltskonsolidierung zu sehen. Doch auf der anderen Seite werden genau jene Einnahmen beim Finanzausgleichsgesetz (FAG) durch das Land wieder abgezogen. Für den städtischen Haushalt ein Nullsummenspiel, für die Unternehmen aber ein Substanzverlust.

Deshalb will Szabados auch die Notbremse ziehen. "Wir müssen uns überlegen, ob die Unternehmen noch an uns ausschütten sollten oder liebe Aufgaben übernehmen", so das Stadtoberhaupt. So könnte die HWG beispielsweise die städtischen Gebäude betreiben, die GWG die Brunnengalerie. Ganz gut funktioniert das schon im Stadtwerke-Konzern. So wurden die städtischen Bäder übernommen, der Betriebskostenzuschuss konnte so durch Synergieeffekte von 5 auf 3,5 Millionen Euro gesenkt werden. In die Holding wurde die Hallesche Verkehrs AG (HAVAG) mit eingebunden. Mit ihren Gewinnen zum Beispiel der EVH subventionieren die Stadtwerke damit den Straßenbahn- und Busbetrieb in Halle mit 23 Millionen Euro im Jahr. Geld, dass somit den städtischen Haushalt nicht belastet und zudem der Stadt auch mehr bringt als Ausschüttungen, die vom FAG abgezogen werden oder Steuern der Unternehmen, bei denen der Bund fast die Hälfte kassiert. Durch die spezielle Konstellation müssen die Stadtwerke keine Gewerbe- oder Körperschaftssteuern bezahlen, hob BMA-Chef Lork hervor. Doch Szabados sieht noch viel mehr Einsparpunkte. So könnte über die städtischen Unternehmen ein zentraler Einkauf organisiert werden. Das spart Personal in der Verwaltung und bringt größere Rabatte beim Großhandel. Auch eine Zusammenführung der Fuhrparks, schon lange im Gespräch, rückt nun in greifbare Nähe. Ebenso kann sich OB Szabados für die Zukunft vorstellen, dass die städtischen Wohnungsunternehmen die Grünflächenpflege von der Stadt übernehmen.

Doch abseits dieser Überlegungen hofft Szabados auch auf ein neues Finanzausgleichsgesetz, dass die unfaire Behandlung bei Ausschüttungen abschaffen soll. Ab 2013 soll das neue FAG gelten, dass der Landtag im kommenden Jahr berät. Für 2012 hofft das hallesche Stadtoberhaupt zudem auf eine Sonderregelung, damit nicht wieder Ausschüttungen abgezogen werden. Denn auch das stellte Szabados klar: GWG und HWG werden auch im kommenden Jahr wieder, so wie es im Haushaltskonsolidierungskonzept festgeschrieben steht, Geld aus ihren Gewinnen an die Stadt ausbezahlen. Warum nicht da schon der Wechsel zu ihrem angekündigten Programm: Übernahme von Aufgaben statt Ausschüttungen? "Das geht nicht von jetzt auf gleich", erklärte sie. Schließlich gehe es ja dabei auch um Mitarbeiterübergänge. Zudem müsse alles gut durchdacht sein und könne nicht von jetzt auf gleichs übers Knie gebrochen werden.

Im Raum sind außerdem weiterhin die 73 Millionen Euro, die der Verkauf der VNG-Anteile gebracht hat. Für Heinrich Lork übrigens keine Trennung, sondern das Finden eines neuen strategischen Partners. Immerhin erneuern die Stadtwerke derzeit mit VNG das Kraftwerk Trotha. Doch die Einnahme aus dem Verkauf soll in einem Zukunftsfond angelegt werden. Da gibt es allerdings noch einige Auseinandersetzungen mit dem Landesverwaltungsamt, dass die Gelder lieber im Haushaltsloch verschwinden sehen würde. Stattdessen sollen diese Gelder dem Willen der Stadt zufolge zur Ablösung von Krediten städtischer Gesellschaften eingesetzt werden, die mit hohen Zinszahlungen behaftet sind. So geht es um 11 Millionen Euro beim Bergzoo und 14 Millionen Euro bei der HAVAG. Auch im Stadtumbau sollen die VNG-Gelder zum Einsatz kommen beim Abriss von leerstehenden Schulen und Kitas beispielsweise. Denn auch die Kosten Geld durch Verkehrssicherungspflichten. Das könnte man sich künftig durch einen Abriss sparen und so wieder einen Ausgabeposten im Haushalt streichen. Laut Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann geht es um insgesamt 30 Objekte. 2,8 Millionen Euro sollen in den Abriss fließen.

Doch ist das nicht insgesamt alles zu viel für die Unternehmen? Können sie das noch schultern? Oberbürgermeisterin Szabados findet: ja. "Wir haben die Unternehmen sich ab 1990 erst einmal entwickeln lassen, damit sie eine gute Infrastruktur aufbauen konnten." Und auch nach der jetzigen Konsolidierungsphase stünden alle Beteiligungen noch vernünftig da. "Wir sind den Unternehmen nicht an die Substanz gegangen." Schließlich sind die Firmen auch ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor. Mehr als 6.600 Menschen haben hier einen Arbeitsplatz gefunden, 199 Millionen Euro wurden im letzten Jahr durch die Firmen investiert.

Eins bedeutet das Verschieben der Leistungen auf Beteiligungen aber auch: Stadträten werden Entscheidungsbefugnisse genommen. Denn im Rahmen der Etataufstellung hätten sie dann für diese Punkte überhaupt kein Mitspracherecht mehr. Die Unternehmen würden dies regeln, mit Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados oder ihren Beigeordneten als Aufsichtsratsvorsitzende.