Brief an den Baudezernenten

von 17. Februar 2005

Sehr geehrter Herr Doege,

die Ingenieurgesellschaft Halle mbH i.G. bzw. die mit an der Arbeit beteiligten halleschen Architekten und Fachplaner danken für die Möglichkeit, eine Vorlage zu oben genannten Vorhaben bei der Stadt Halle (Saale) einreichen zu dürfen.

Im Rahmen der Erarbeitung dieser Unterlage sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass wir zur erfolgreichen Umsetzung unserer Ziele die Vorbereitungen der Stadtverwaltung und den getroffenen Beschluss des Stadtrates zu einem Stadionneubau nicht außer acht lassen können.

Beschäftigt man sich intensiver mit den Problemen der Stadtentwicklung, im besonderen mit der Entwicklung der Spotstätten der Stadt Halle sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass die Standortfrage generell nicht abschließend geklärt ist und die zur Zeit in Vorbereitung befindliche EU-Ausschreibung sich nur auf zwei Standorte beschränkt und keine Alternativen zulässt. Anlass dieser Vorlage ist es Sie hiermit zu veranlassen, die europaweite Ausschreibung in der Hinsicht zu ergänzen, dass ein Alternativstandort möglich ist bzw. der Standort "Kurt-Wabbel-Stadion" generell mit in die Ausschreibung aufgenommen wird.

Wir haben dann die Absicht, mit dem Standort "Kurt-Wabbel-Stadion", uns mit halleschen Baufirmen, an der europaweiten Ausschreibung zu beteiligen.

Erlauben Sie uns nun, uns zu unserem Konzept zu äußern.
Mit unserem Konzept für den Standort "Kurt-Wabbel-Stadion" gehen wir von folgenden grundsätzlichen Überlegungen aus:

Der Neubau von Stadion und Mehrzweckhalle dient der Herstellung zeitgemäßer Sportstätten. In erster Linie für die Stadt und die Region – der Zusammenhang zu einem Olympiastandort Leipzig ist aus bekannten Gründen nicht mehr umsetzbar. Von daher sind Standortüberlegungen primär auf den Bezug zur Stadt zu fokussieren, während Überlegungen zu überregionalen Verkehrsanbindungen nunmehr wieder eine geringere Rolle spielen dürften.

Das vorgesehene Funktionsprogramm impliziert neben der Nutzung durch den HFC eine starke Mitnutzung des Komplexes durch viele weitere Sportvereine und Freizeitsportler. Auch aus dieser Sicht ist eine Lage in der Stadt mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr wünschenswert, die z.B. auch Familien, Kinder und Jugendliche einen leichten Zugang zum Sportkomplex ermöglichen. Zudem ist der Komplex als multifunktionales Zentrum mit vielen Funktionen gedacht, die auf das städtebauliche Umfeld ausstrahlen und damit auch die umliegenden Wohngebiete aufwerten sollen.

Allerorten ist heute von Stadtumbau und nachhaltigem Bauen, Ressourcenschonung und dergleichen die Rede. Im Zusammenhang mit der sichtbaren Schrumpfung der Stadt und ihrer angespannten finanziellen Situation ist der schonende Umgang mit den vorhandenen baulichen und infrastrukturellen Ressourcen zweifellos ein Gebot der Stunde. Die Nutzung und Erhaltung der vorhandenen Infrastruktur – Erschließung, Versorgung, öffentlicher Nahverkehr, die vorhandenen Funktionsverflechtungen – benachbarter Sportstätten und Trainingsanlagen – bis hin zur Anbindung des Freizeit- und Erholungsraumes Saaleaue sowie die Einbettung in die gewachsene städtebauliche Struktur der südlichen Innenstadt bilden ein komplexes Feld, das sicher Konflikte, aber auch wesentliche positive Entwicklungspotentiale aufweist.

Mit der Aufgabe des Komplexes Kurt-Wabel-Stadion würde die Stadt ein weiteres Stadtbild prägendes und zu ihrer Identität gehörendes Element verlieren. Mit unserem Konzept wollen wir diesem kulturellen Verfallsprozess den man derzeit auch an vielen anderen Stellen in der Stadt beobachten kann, bewusst entgegenwirken.

Wir, die Verfasser des vorliegenden Konzeptes und auch die Stadt selbst sollten sich ihrer eigenen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kraft besinnen. Aus diesem Grunde wurde ein Planungs- und Managementteam aus hiesigen Fachkräften mit umfangreichen Erfahrungen und Ortskenntnissen zusammengestellt. Mit dem Bewusstsein für die eigene Stadt einen Beitrag zu deren weiteren Entwicklung zu leisten, setzt nicht nur zusätzliche Kräften, Engagement und Verantwortungsbewußtsein frei, sondern fördert auch die Identitätsbezug der Bürger zu Ihrer Stadt.

Unsere betriebswirtschaftlichen Berechnungen gehen davon aus, dass die Ausschreibungsunterlagen auch für die Standorte "Hufeisensee" und "Halle-Neustadt" sicherstellen, dass durch die Stadtverwaltung die Grundlage geschaffen werden, dass die Objekte in der Vollkostenrechnung ohne Betreiberzuschüsse auskommen und das sich die Objekte auf städtischen Grundstücken befinden.

Wir sind uns der Probleme, die der Standort Kurt-Wabel-Stadion für den geplanten Neubau aufwirft, bewusst. Diese Probleme halten wir jedoch für lösbar. Den Zeitraum der EU-Ausschreibung werden wir nutzen, unser Konzept entsprechen zu vertiefen und zu präzisieren und tragfähige Lösungen für die kritischen Aspekte des Standortes zu entwickeln.

Mit unserem Konzept verfolgen wir folgende funktionelle Lösung:

Das vorhandene Kurt-Wabbel-Stadion wird durch einen Neubau mit 20.000 Sitzplätzen und Überdachung ersetzt, unter Einbeziehung der vorhandenen Stadioneinfassung (Denkmalschutz) mit seinen Zugängen und Marathontor.
Komplettiert wird das Stadion durch eine Mehrzwecksport- und Konzerthalle mit 4.000 Sitzplätzen und Tiefgarage mit ca. 250 Stellplätzen die durch ein gemeinsames Erschließungselement verknüpft werden. Beide Gebäudekomplexe beinhalten alle erforderlichen Funktionsflächen und technische Ausstattung die zum Betreiben auf höchstem Niveau notwendig sind und werden mit umfangreichen Nutzungsflächen für Verkaufs- und Dienstleistungseinrichtungen ergänzt, die im besonderen vom umliegenden Wohnumfeld täglich genutzt werden können.

Ein Parkhaus an diesem Standort mit ca. 1250 Stellplätzen sichert den normalen ruhenden Verkehr für die tägliche Nutzung bis hin für Veranstaltungen in der Mehrzwecksport- und Konzerthalle. Für die Verkehrslösung bei einer Stadionnutzung mit 20.000 Besuchern, in naher Zukunft kaum erreichbar, bedarf es wie bereits erwähnt noch weiterer Betrachtungen. Grundsätzlich ist auch dieses Problem an diesem Standort lösbar. Die allgemeine verkehrstechnische Erschließung des Komplexes ist gesichert.
Es ist vorgesehen den Grünraum vom Pestalozzipark über das ehemalige Bad "Gesundbrunnen" bis hin zum Sportdreieck zu verknüpfen, aufzuwerten und mit Sport- und Spieleinrichtungen zu ergänzen.
Der Betreiber dieser Investition wird Sportveranstaltungen in vielfältiger Art mit dem HFC als Hauptverein, Konzerte, Betriebs- und Tanzveranstaltungen organisieren. Es werden keine Ausstellungen oder Messen veranstaltet. Das Veranstaltungskonzept sieht eine enge Verknüpfung mit den benachbarten Einrichtungen, wie Sportkomplex Robert-Koch-Strasse, Kanusportanlage Böllberger Weg etc. vor. Kooperationen mit den Einrichtungen Leichtathletikhalle "Brandberge" und Eissporthalle sind vorgesehen, ebenso die enge Zusammenarbeit mit allen halleschen Sportvereinen. Entsprechende Vorgespräche wurden geführt.
Dieser Komplex wird nicht als autarkes Element oder Fremdkörper in ein Stadtgefüge betrachtet, sondern als integrierendes und ergänzendes Funktionselement in ein gewachsenes Stadtgebilde mit hoher städtischer Bedeutung.

Wir betonen die städtebauliche und funktionelle Vernetzung des neu entstehenden Sport- und Freizeitkomplexes mit der vorhandenen Stadtstruktur die an dem Standort "Kurt-Wabbel-Stadion" möglich sind deshalb so energisch, weil dies eine Investition in erster Linie für die halleschen Bürger sein soll, Synergieeffekte für das ganze Umfeld ausgelöst werden und somit ein Belebung der Stadt eintritt und weil nur unter solchen Bedingungen eine wirtschaftliche Betreibung eines solchen Komplexes möglich ist.

Das Finanzierungkonzept geht von folgenden Grundsätzen aus:
Zusammenfassung mit einer max. Gesamtinvestition von 40 Mill. Euro:

– Fördermittel für Neubauten, 9.00 Mio. Euro
– Private Finanzmittel,10.00 Mio. Euro
– Finanzmittel der Mieter/Produktlieferer, 2.50 Mio. Euro
– Zuweisungen der Stadt /Entfall von laufenden Betriebskosten, 1.50 Mio. Euro
– Einmalvorverkauf der 500 VIP Plätze, 2.00 Mio. Euro
– Reingewinn aus Veranstaltungen während der Baumaßnahme 2.50 Mio. Euro
– Vermarktung der Namensrechte ev. getrennt je Objekt 4.00 Mio. Euro
– private Spenden 1.50 Mio. Euro
– Finanzmittel von Vereinen/Organisationen/Partnern 2.00 Mio. Euro
– Kreditaufnahme plus/minus 5.00 Mio. Euro
– das keine Finanzmittel in Deutschland vorhanden sind, wenn ein innovatives Konzept vorliegt, für das es sich lohnt, dass wir alle mal wieder gemeinsam in eine Richtung schauen, können wir nicht bestätigen. Es kommen täglich neue Ideen und Initiativen dazu, insbesondere von jungen Leuten und wir bitten auch die Stadt Halle um Mithilfe

Das detailierte Konzept mit den entsprechenden schriftlichen Zusagen über die Finanzmittel wird Bestandteil unseres Angebotes.

Wir möchten jedoch betonen, dass zur Umsetzung eines solchen Vorhabens nicht vorrangig das Finanzierungs- sondern das Betreiberkonzept im Zusammenhang mit der architektonischen und städtebaulichen Lösung entscheidend für den Erfolg ist.
Diese Unterlage werden wir ebenfalls in detaillierter Form als Bestandteil unseres Angebotes einreichen.

Unsere Vorstellungen sind, für das Vorhaben eine Besitzer-, Finanzierungs-, Betreibungsgesellschaft zu gründen, deren ein Aufsichtsrat insbesondere unter Mitwirkung der Stadt Halle übergeordnet ist.
Diese Gesellschaft ist ein marktwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen und wird ca. 100 Arbeitsplätze selbst schaffen, wird aber mit hoher Transparenz und gemeinorientiert arbeiten und wirtschaften.
Das gesamte Risiko obliegt somit dieser Gesellschaft, die mit erheblichen privaten Mitteln unsererseits arbeiten wird.

Eine enge und kooperative Zusammenarbeit mit allen in der Vorbereitung Beteiligten betrachtet der Investor als Grundvoraussetzung für das Gelingen eines solchen Vorhabens, dies versichern wir auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den späteren Nutzern und Bewohnern der Stadt Halle.

Abschließend möchten wir Sie nochmals bitten zu veranlassen, dass die europaweite Ausschreibung aus genannten Gründen und Argumenten um den Standort "Kurt-Wabbel-Stadion" erweitert wird. Gutachten und Pläne zum Standort liegen der Stadt Halle vor. Somit müssen wir in konstruktiver Zusammenarbeit den argumentativen und gutachterlichen Gegenbeweis zum Standort bringen und der Vergabeausschuss kann und wird entscheiden, welcher Investor, mit welchem Standort, der Zuschlag erteilt wird.

Wir bedanken uns für Ihre Bemühungen. Bei weiterem Informationsbedarf stehen wir Ihnen gern zu Verfügung. Ein Gespräch mit Ihnen am 16.02.05, wo wir unser Konzept und Anliegen vortragen wollten, ist nun leider nicht zustande gekommen, was wir bedauern. Dieses Gespräch kann und sollte nachgeholt werden und könnte zur weiteren konstruktiven Klärung der Problemstellung dienen. Unsere Bereitschaft liegt vor.
Wir bitten Sie, die entsprechenden Fachgremien der Stadt Halle, insbesondere den Beigeordneten für Planen und Bauen, Herrn Pollak und natürlich unsere Oberbürgermeisterin, Frau Häusler von unserer Unterlage zu unterrichten.

Halle, den 16.02.2005

Dipl.-Ing. (FH) Lutz Gebauer
Geschäftsführer IngenieurGesellschaft Halle (Saale) mbH i.G.
(Gesellschaft wurde eigens für dieses Vorhaben gegründet)