Debatten ums Geld

von 23. Juni 2011

Keine neuen Schulden aufnehmen, ein löbliches Vorhaben. Doch um das Wie ist ein heftiger Streit in der Landespolitik in Sachsen-Anhalt entbrannt. Denn diverse Privatisierungen stehen auf dem Programm, so vom Landesweingut und dem Landesgestüt. Außerdem gibt es weniger Geld für die einzelnen Ressorts.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Wulf Gallert, sagte, die Regierung werde nicht müde, “schmerzhafte Einschnitte im Interesse der Haushaltskonsolidierung anzukündigen, die letztlich auch die Zukunftsfähigkeit des Landes beschädigen.” Gallert nennt in diesem Zusammenhang Pläne der Bundesregierung zu Steuersenkungen “verantwortungslos”. “Wenn Herr Haseloff dies heute ebenso sieht, bleibt nur zu hoffen, dass er diese Meinung auch dann vertritt, wenn es darauf ankommt: Nämlich in den Gremien seiner Bundespartei und im Bundesrat.”

Heftig in der Kritik steht vor allem Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD). Selbst innerhalb seiner eigenen Partei brodelte es. Nun nimmt die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Katrin Budde den Minister in Schutz. “Die Kritik am Finanzminister ist nicht gerechtfertigt. Auch Jens Bullerjahn ist nicht in der Lage, Geld zu drucken”, stellt Budde klar. “Wenn wir uns im Ziel, keine neuen Schulden aufnehmen zu wollen, einig sind, werden wir an der Konsolidierung nicht vorbei kommen. Im Übrigen ist es Aufgabe der gesamten Landesregierung – und nicht des Finanzministers allein – einen Vorschlag für einen Haushalt zu machen. Hier ist Teamplay gefragt.” Laut Budde wolle man zudem zu einer sachlichen Diskussion zurückkehren und nicht anfangen, Themen gegeneinander auszuspielen. Allerdings sei für die SPD klar: “An der im Koalitionsvertrag vereinbarten Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten werden wir nicht rütteln. Investitionen in Bildung sind Zukunftsinvestitionen. Bildungspolitik ist deshalb Wirtschaftspolitik. Ich bin zuversichtlich, dass es bei den Beratungen im Parlament gelingt, einen ausgewogenen Haushalt zu verabschieden – mit Bildungspolitik und Wirtschaftsförderung.“

Die Grünen befürchten indes, dass bei der Frauenförderung gekürzt wird. Im neuen Haushalt gibt es für alle Landesministerien Ausgabeobergrenzen, was für den Bereich der Frauenförderung dramatische Auswirkungen haben könnte. “Kürzungen an dieser Stelle sind für uns nicht hinnehmbar,“ so die gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Cornelia Lüddemann. Frauenzentren, Interventionsstellen, Beratungsstellen für Opfer sexueller Gewalt seien nach wie vor unverzichtbar, um angstfreies Leben für Frauen zu garantieren, über Frauenrechte aufzuklären und an der Perspektivgestaltung junger Frauen in Sachsen-Anhalt zu arbeiten. Zudem würde mit dem Landesfrauenrat die strukturelle Basis für themenübergreifende Frauenarbeit und ein wichtiger Partner für die Landesregierung bei der Umsetzung der Frauenquote weg fallen. „Der Frauenbereich wurde in der Vergangenheit sehr stark gekürzt. Hier geht es um ganz oder gar nicht. Wir werden daher auch im Landtag für den Erhalt einer ausreichend finanzierten Frauen- und Gleichstellungspolitik kämpfen“, so Lüddemann abschließend.

Ein Sparziel könnten aber auch Kitas und Schulen sein. Davor warnt der hallesche CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Keindorf. „Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Motivation von Schülerinnen und Schülern, einen qualifizierten Abschluss zu erlangen und dem unmittelbaren Lernumfeld.” Seinen Worten zufolge gehören dazu auch helle, freundliche Unterrichtsräume und moderne Schulgebäude. “Bei der Grundbildung und frühzeitigen, systematischen Berufsorientierung in der Schule besteht Handlungsbedarf. Die Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit die Sicherung von Fachkräften im Land gelingen kann.“ Verwundert zeigt sich Keindorf, zugleich Präsident der Handwerkskammer Halle, über die Äußerungen des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Ulrich Thomas. Dieser hatte einen Widerspruch zwischen langfristiger Wirtschaftsförderung und Aufträgen für das Handwerk hergestellt. „Ein wirtschaftspolitischer Sprecher sollte wissen, dass auch Gebäudesanierungen Investitionen sind und gerade Bauinvestitionen langfristig positive Auswirkungen z.B. auf Beschäftigung haben. Das Handwerk hat auch in der Krise dem Standort Sachsen-Anhalt die Treue gehalten. Es kann nicht sein, dass es jetzt bewusst von der Investitionsförderung ausgeschlossen wird“, so Keindorf abschließend.

Die FDP, im neuen Landtag nicht mehr vertreten, greift indes Ministerpräsident Reiner Haseloff wegen dessen Ablehnung von Steuersenkungen an. „Sein Amt scheint seine Wahrnehmung getrübt zu haben, er verkennt inzwischen Realitäten. Steuersenkungen sind keine Geschenke. Den Menschen wird schlicht weniger abgenommen“, erklärte Veit Wolpert, Landesvorsitzender der FDP in Sachsen-Anhalt. Die derzeitige wirtschaftliche Lage ermögliche es erstmals über Steuererleichterungen nicht nur nachzudenken. Es sei zudem ein Irrglaube, dass Steuersenkungen zu weniger Einnahmen führen. „Das Gegenteil ist der Fall. Steuersenkungen schaffen Spielräume für privaten Konsum. Die Konjunktur wird gestärkt und Arbeitsplätze werden geschaffen. Diese wiederum entlastet die Sozialkassen“, so Wolpert. Der Liberale forderte die Bundesregierung auf, im gleichen Atemzug auch die kalte Progression im Steuerrecht endlich zu beseitigen. „Ein Lohnanstieg darf nicht zu Mehrbelastungen führen. Diese Unsinnigkeit im Deutschen Steuerrecht muss endlich beseitigt werden.“