Halle, der ewige Ranking-Verlierer

von 27. November 2015

Unter 69 genannten Städte ist Halle letzter unter den ostdeutschen und insgesamt auf Platz 62. Sachsen-Anhalt steht insgesamt schlecht da, aber Magdeburg schafft es „immerhin“ auf Rang 53, Chemnitz auf 52, Rostock auf 48, Erfurt auf 44, Leipzig auf 40, Dresden auf 28, Potsdam auf 20, Jena auf 14 und Halles Partnerstadt Karlsruhe auf Platz 10.

Halle an der Saale ist gegenüber 2014 wieder abgesackt. Bei den schon 2012 aufgezeigten Schwächen ist es weitgehend geblieben: hohe Quote an Schülern ohne Abschluss, hohe Schuldenrate, schwache Einkommen, Überalterung der Bevölkerung, Risiken bei der Kriminalitätsbelastung. Beim Niveauranking zählte Halle schon 2013 zu den Verlierern. Als das Münchner Nachrichten-Magazin „Focus“ im Jahr 2011 seine Leser abstimmen ließ, war das Ergebnis für Halle ebenso ernüchternd. Zwar schnitt WiWo-Ranking-Spitzenreiter München am schlechtesten ab, aber Halle kam bei 81 Städten nur auf Platz 60. Spitzenreiter im Osten war Dresden. Über Karlsruhe schreiben die Tester: „Zwar verliert die badische Stadt einen Rang gegenüber dem Vorjahr, kann sich aber dank ihrer wirtschaftliche Stärke unter den zehn besten deutschen Städten behaupten. Nur 4,6 von 100 Einwohnern bezogen 2014 Arbeitslosengeld II, Rang elf von 69 in der Bundesrepublik. Besonders viele Arbeitsplätze gibt es im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen, 33,6 Prozent der Beschäftigten verdienen hier ihr Geld (Rang 9). Auch der Immobilienmarkt entwickelt sich prächtig, bei der Nachfrage nach Eigentumswohnungen schafft es die Stadt sogar auf den zweiten Platz.“ Schwächen des Rankings zeigen sich zum Beispiel bei der Bewertung von Wolfsburg. Die Einschätzung, das Volkswagen Wolfsburg fit für die Zukunft macht, muss vor dem Hintergrund des Abgasskandals mit Fragezeichen versehen werden. Die Stärke des Standortes ist zugleich seine Schwäche, denn Wolfsburg hängt hochgradig vom Wohl und Wehe nur eines Industrieunternehmens ab. Zu den hochgejubelten Automobil-Monokulturstädten gehören auch Ingolstadt und Stuttgart. Inwieweit Einwanderung zum Wohlstand beitragen kann oder eben nicht, zeigen die großen Unterschiede zwischen Bayern und insbesondere der Landeshauptstadt München und dem Ruhrgebiet.

Auch beim „Fahrradklimatest 2014“ des Fahrradclubs ADFC machte Karlsruhe vor wie es geht und belegte Platz 2 hinter der Studentenstadt Münster. Halle (Saale) kam auf 33 von 39 und war damit schlechteste ostdeutsche Stadt. Zu beklagen waren vor allem Komfort und Sicherheit. Halles Nachbarstadt Leipzig schaffte es hingegen in die Top Ten (9), wie Rostock (10). 2013 veröffentlichte die Zeitschrift Men’s Health die Rangliste der Städte mit der höchsten Frauensterberate. Gleicht man diese mit anderen Rankings ab, scheint sich die Annahme zu bestätigen, dass die allgemeinen Lebensbedingungen unmittelbar auf die Lebensdauer wirken. Halle kam auf den achten Platz mit der überdurchschnittlichen Sterberate von 126 Frauen auf 10.000 Einwohner. Im Jahre 2004 konnte Halle nicht einmal mit dem Wetter punkten. Denn in einer EU-Statistik war Halle die Stadt mit den meisten Regentagen (266) noch vor den eigentlichen Verdächtigen in England, Schottland und Irland.

Derweil zeigen die Vergleiche immer wieder auch, dass keine Behauptung absurd genug ist, um nicht für ein Ranking genutzt zu werden. Auffällig nur, dass Halle, wie man es auch dreht, immer wieder zu den Verlierern gehört. Forderte der umstrittene Sachsen-Anhalt-Slogan „Wir stehen früher auf“ schon zu der Widerrede heraus, ob Frühaufstehen positiv ist, scheint eine 2013 publizierte Schrift über die Faulsten und die Fleißigsten wie Wasser auf die Mühlen der Skeptiker. Gerald Hörhan, Investmentbanker, Mathematiker und Autor aus Österreich, ermittelte damals mit Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln das Ranking von 50 deutschen Städten, was in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ als „populärwissenschaftlicher Unsinn“ diskutiert wurde. Ergebnis: Halle kam auf Platz vier und lag damit noch vor der auf Platz fünf gesetzten deutschen „Faulheits-Hochburg“ Berlin. Die fleißigsten Ostdeutschen kamen demnach aus Dresden (Platz 37). Herangezogen hatte Hörhan Daten über Bruttoinlandsprodukt, verfügbares Einkommen, Arbeitsunfähigkeitstage je Einwohner, die Zahl der privaten Schuldner und der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss.

Städte-Rangliste 2015 der „Wirtschaftswoche“

http://www.wiwo.de/politik/deutschland/staedteranking-2015-das-sind-die-besten-staedte-deutschlands/12632482.html

Das sind die besten Städte Deutschlands

Warum läuft in NRW so viel schief – und warum geht es dem Süden Deutschlands immer besser? Der große Städtetest von WirtschaftsWoche und Immobilienscout24 analysiert die Stärken und Schwächen aller deutschen Großstädte.

Weitere Informationen…

Städte-Rangliste der Leser des Focus von 2011

http://www.focus.de/immobilien/kaufen/staedte-ranking-wo-lebt-es-sich-am-besten_aid_399530.html

ADFC-Fahrradklima-Test 2014 (Pdf-Datei)

http://www.adfc.de/files/2/35/499/553/ADFC-Fahrradklima-Test_2014_Staedteranking.pdf

umstrittenes Ranking über die Faulen und die Fleißigen in Deutschland

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/inoffizielles-staedte-ranking-faul-oder-foul-12639679.html