Internetpranger für Sextäter?

von 9. August 2010

Sommerzeit ist die Zeit für Hinterbänkler aus dem Bundestag. Ins Gespräch gebracht wird derzeit aus Reihen von CDU und CSU ein “Internet-Pranger” für Sexualstraftäter. So soll jeder Bescheid wissen, ob neben ihm ein verurteilter Sextäter wohnt.

„Ein Internet-Pranger ist eine staatliche Bankrotterklärung”, sagt Sachsen-Anhalts Innenminister Hövelmann. “Entweder der Staat schätzt ein, dass ein Straftäter nach Verbüßung seiner Strafe die Chance hat, ein normales Leben ohne neue Straffälligkeit zu führen – dann darf diese Chance nicht durch Anprangerung zerstört werden. Oder der Staat sieht eine anhaltende Gefahr für die Mitmenschen – dann muss er den Mann weiter einsperren. Eine Privatisierung des Sicherheitsrisikos darf es nicht geben.“ Hövelmann appellierte an die Bundesregierung, schnellstmöglich einen Gesetzentwurf zur Regelung der Sicherungsverwahrung vorzulegen, der einen wirksamen Schutz der Bevölkerung sicherstellt und dem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gerecht wird.

Gegen einen Pranger ist auch der stellvertretende Vorsitzende und rechtspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Holger Stahlknecht. „Eine öffentliche Bekanntgabe des Aufenthaltsortes entlassener – immer noch gefährlicher Straftäter – geht sowohl am Ziel des Opferschutzes der Bevölkerung als auch an der rechtsstaatlichen Fürsorgepflicht gegenüber dem Straftäter vorbei”, sagte er. Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt fordere hingegen die Schaffung einer bundeseinheitlichen Rechtsgrundlage, die eine Unterbringung von als gefährlich eingestuften Straftätern weiterhin ermögliche. “Öffentliches anprangern oder der Einsatz von Fußfesseln, was keine Straftaten verhindern, sondern gegebenenfalls nur die Koordinaten des Aufenthaltsortes zeigen wird, gehen am Ziel und Zweck einer rechtsstaatlich auszugestaltenden Sicherungsverwahrung vorbei.“

“Mit dem geplanten Internet-Pranger würde der Selbstjustiz mittels moderner Technik Vorschub geleistet, erforderliche Resozialisierungsmaßnahmen geraten damit immer mehr in den Hintergrund”, meinen die innen- und rechtspolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Gudrun Tiedge sowie die Sprecherin für Strafvollzug, Eva von Angern. Aus Sicht der Linken sei es unverantwortlich, “die wahrlich ernstzunehmenden Sorgen der Menschen derart populistisch zu missbrauchen.” Durch das Einstellen persönlicher Daten von entlassenen Straftätern entferne man sich immer weiter von den Grundsätzen des Rechtsstaates. Auch alle Vorhaben, die zu einer Verschärfung der Sicherungsverwahrung führen, lehne man generell ab.