Politik muss Wort halten

von 5. August 2004

Nach der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan und erneut positiv ausgefallenen Prüfungen der Wirtschaftlichkeit des sieben Kilometer langen Schleusenkanals kann das Raumordnungsverfahren für das Projekt nun eröffnet werden. Es bedarf nur noch des Startschusses dafür ? und der muss von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe kommen. Stolpe hatte bereits im Dezember 2003 in einem Brief an seinen sachsen-anhaltischen Amtskollegen Karl-Heinz Daehre zugesichert, dass er nach Vorliegen der Ergebnisse einer erneuten Kosten-Nutzen-Analyse die entsprechende Entscheidung treffen werde: ?Bei Nachweis einer weiterhin gegebenen Wirtschaftlichkeit der Ausbaumaßnahme an der Saale werde ich die erforderlichen Aktivitäten zur Aufnahme des Raumordnungsverfahrens, über dessen Notwendigkeit Übereinstimmung mit Ihnen besteht, veranlassen?, so Stolpe in seinem Brief wörtlich. ?Alle Voraussetzungen für die Eröffnung des Raumordnungsverfahrens sind erfüllt?, stellt Manfred Sprinzek fest und fordert: ?Nun muss die Politik Wort halten!? Jede weitere Zeitverzögerung belaste die Unternehmen an der Saale, die seit Jahren auf die Nutzbarkeit der Wasserstraße warten. Rund 1,5 Millionen Tonnen jährlich ? das entspricht 60.000 Lkw-Ladungen ? würden die an der Saale ansässigen Firmen sofort aufs Binnenschiff verlagern, geht aus einem PLANCO-Gutachten hervor. Der VHdS ermittelte in seinen Erhebungen sogar ein Transportpotenzial von fast 2,7 Millionen Tonnen. Dazu kommen noch 1,1 Mio. t Transportpotential resultierend aus den statistisch ermittelten Getreidetransporten aus dem Wirtschaftsraum Hafen Halle, die bereits jetzt am Mittellandkanal umgeschlagen werden. Perspektivisch ist mit mehr als vier Millionen Tonnen Transportvolumen jährlich auf der Saale zu rechnen. Nach seinen herzlichen Glückwünschen ging Dr. Peter Jebe, Geschäftsführer des Werks Bernburg der Solvay Soda GmbH und Beiratsvorsitzender des VHdS auf die wirtschaftlichen Aspekte des bevorstehenden Saaleausbaus ein: ?Die Unternehmen an der Saale stehen in den Startlöchern?, so Jebe. So investierte zum Beispiel die Solvay Soda Deutschland GmbH 450 Millionen Euro in das 1991 übernommene Werk Bernburg einschließlich der infrastrukturellen Erschließung des 40 Hektar großen Betriebsgeländes und der Einrichtung einer Schiffsverladestelle an der Saale. Das Unternehmen mit derzeit 450 Beschäftigten würde von den 810.000 Produktionstonnen im Jahr rund 300.000 Tonnen Soda über die Saale zum Versand bringen, die zurzeit im kostenintensiven Vorlauf per Lkw zum Hafen Magdeburg gefahren werden müssen ? heute noch ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für Solvay. Die Nutzbarkeit der Saale brächte eine Kosteneinsparung 9,20 Euro je Tonne loses Schwersoda bei einem 1.200-Tonnen-Schiff ab Bernburg nach Antwerpen. Das Werk Bernburg der esco-european salt company GmbH würde 7,5 Millionen Euro in einen Saalehafen investieren, da die Frachtkosten bei einem Salzpreis von 30 bis 40 Euro je Tonne eine entscheidende Rolle bei der Konkurrenzfähigkeit zum Beispiel gegenüber dem Salzwerk Heilbronn am Neckar ausmachen. Die Schwenk Zement KG Bernburg will mit der Vollendung des Saaleausbaus nach den neuesten Angaben bis zu 300.000 Tonnen Zement im Jahr von der betriebseigenen Umschlagstelle versenden. Derzeit müssen wöchentlich 5.000 Tonnen Zement und Klinker im Lkw-Vorlauf nach Haldensleben transportiert und von dort per Schiff nach Antwerpen weitergeleitet werden ? auch hier könnten bei einem Direktversand mit dem Schiff ein Drittel Frachtkosten für den jetzt notwendigen LKW-Vorlauf gespart werden. ?Das alles sind nur Beispiele dafür, wie dringend die Wirtschaft Sachsen-Anhalts die Saale zur Verbesserung der infrastrukturellen Bedingungen braucht. Die Nutzbarkeit des Flusses vor der Haustür ist für viele Unternehmen unabdingbar, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben und damit Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen?, fasste Solvay-Geschäftsführer Jebe zusammen. Seit mittlerweile acht Jahren ist Manfred Sprinzek für den Verein tätig und hat sich in dieser Zeit einen Namen als unermüdlicher Kämpfer für die Binnenschifffahrt gemacht. Es gibt wohl kaum einen politischen Verantwortungsträger, der den hartnäckigen und sachlichen Streiter für die ganzjährige wirtschaftliche Schiffbarkeit der Saale nicht kennt. Nicht zuletzt durch sein Engagement konnte in den letzten Jahren ein politischer und gesellschaftlicher Konsens für die Vollendung des Saaleausbaus hergestellt werden. Die Aufnahme der Saale in den inzwischen rechtskräftigen Bundesverkehrswegeplan 2003 war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur wirtschaftlichen Schiffbarkeit; weitere waren die positiven Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie die Aufhebung des zweijährigen Baustopps an der Elbe am 7. Juli 2004. Folgerichtig muss nun die Eröffnung des Raumordnungsverfahrens für den Schleusenkanal Tornitz erfolgen. Der VHdS-Präsident unterstrich nachdrücklich: ?Die Saale ist lange genug Spielball der Politik gewesen. Nun sind endlich Taten gefragt!?. Seinen 65. Geburtstag jedenfalls möchte der sympathische Chemieingenieur auf einer Baustelle feiern ? nämlich die des Schleusenkanals Tornitz, der die Saale bis zur Elbmündung schiffbar macht. Pressemitteilung Verein zur Hebung der Saaleschifffahrt e.V.