Protest gegen Pläne zur Streichung der kostenlosen Nutzung des ÖPNV für Schwerbehinderte

von 21. Juni 2004

Gerade Menschen mit Behinderungen, sind auf Hilfe bei Ihrer Mobilität angewiesen, um am Leben selbstbestimmt und nicht diskriminiert teilhaben zu können. Menschen mit Behinderungen sind durch ihre körperlichen, seelischen oder geistigen Beeinträchtigungen, verstärkt durch ihre Einkommenssituation (Leben von Sozialleistungen oder gering vergüteter beruflicher Tätigkeiten) einem besonderen psychischen, materiellen und finanziellen Druck im alltäglichen Leben sowie im Beruf ausgesetzt. Dieser wird durch Gesundheits- und Rentenreform noch zusätzlich verschärft. In der geplanten Streichung der Kostenbefreiung für Begleitpersonen für behinderte Menschen, die lebens-notwendig eine Begleitperson benötigen sehen wir auch eine erhebliche Benachteiligung und Diskriminierung Behinderter. Nach unserem Ermessen ist das ein Verstoß gegen das Grundgesetz Artikel 3 (?Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.?) und gegen das Behindertengleichstellungsgesetz. Dort heißt es in Artikel 1 § 1 ?Ziel dieses Gesetzes ist, die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Darum brauchen Menschen mit Behinderungen notwendig einen massiven bedarfsorientierten Ausbau von Nachteilsausgleichen (Nachteilsausgleichsgesetz) für Behinderte und nicht, den Abbau von Nachteilsausgleichen, wie das sich auch mit dem künftigen Sozialgesetzbuch XII ? dem früheren BSHG ? abzeichnet. Das Recht auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Freizügigkeit als Ausdruck von Freiheit und Demokratie muss für behinderte Menschen natürlich auch über den Heimatort hinausgehen. Die Beweglichkeit und den Horizont auf den Heimatort beschränken zu wollen, kann nur als inhumaner und weltfremder Gedanke, als Gedanke aus dem 19. Jahrhundert bezeichnet werden. Wir fordern die Bundesregierung und auch Landesregierungen eindringlichst auf, diese und ähnlich Pläne, die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einschränken, fallen zu lassen. Diesen Forderungen werden wir gemeinsam mit anderen Verbänden durch entsprechende Aktionen deutlich Nachdruck verleihen. Nicht mal ein halbes Jahr nach Beendigung des Europäischen Jahres für Menschen mit Behinderungen im Jahr 2003, in dem von Regierung, politischen Parteien uns auch z. T. von Wirtschaftsverbänden eine Vielzahl von heiligen Eiden zur Selbstbestimmung geschworen wurden, gilt offenbar wie so oft: schnell versprochen und noch schneller gebrochen. Dr. Jürgen Hildebrand Vorsitzender