Sorgen um die “Marktwirtschaft”

von 13. Dezember 2011

Seit wenigen Tagen stehen Gerüste am Eckhaus Brüderstraße 7 / Kleine Steinstraße in der Innenstadt von Halle (Saale). Zudem wurde die Kleine Steinstraße gesperrt. Was ist das los? HalleForum.de hat bei der Stadtverwaltung nachgefragt. Der Eigentümer sei durch die Bauaufsicht aufgefordert worden, die hofseitige Außenwand des Baudenkmals zu sichern. Das sei bislang noch nicht passiert. “Es wurde lediglich durch den Eigentümer eine Tunnelrüstung und eine Vollsperrung vor dem Gebäude veranlasst”, so Stadtsprecherin Ria Steppan.

Sorgen um das Gebäude, vielen Hallensern auch als Marktwirtschaft bekannt, machte man sich auch bei Arbeitskreis Innenstadt. Denn das Haus wurde verkauft. Neuer Besitzer ist der Betreiber des nur wenige Meter entfernten Casinos. Ihm gehört nun der komplette westliche Straßenzug der Kleinen Steinstraße zwischen Brüderstraße und Großer Steinstraße. Ein großes, zusammenhängendes Baugebiet. Genau das ist auch die Befürchtung, die nun der AKI äußert. Denn dort hatte man schon Kontakt mit dem Eigentümer. Die Sekretärin teile aber immer mit, der Chef sei nicht da, hieß es vom AKI auf Nachfrage von HalleForum.de. Doch zumindest eine Aussage hat man von dort bekommen: der eigene Statiker des Eigentümers sehe akute Einsturzgefahr.

“Wir haben die Befürchtung, dass das Gebäude bewusst schlecht geredet werden soll”, hieß es vom AKI. Der Arbeitskreis Innenstadt hat deshalb jetzt ein rotes Fahrrad an der “Marktwirtschaft” aufgestellt, um auf die akute Bedrohung für dieses Denkmal hinzuweisen.

Der wichtige Renaissancebau Ecklage zur Kleinen Steinstraße stammt in großen Teilen aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundertm versehen mit markanten Alterungs- und Umbauspuren. Erster bekannter Besitzer des Grundstücks war Mitte des 16. Jahrhunderts Andreas Grundtmann, mit Christoph Hoffmann und Wolf Bausse folgten weitere angesehene Bürger und Amtsträger der Stadt. Am 4.1.1615 erwarb der Jurist Melchior Hoffmann das damals größere Anwesen für 1500 Gulden. Hoffmann war in der bewegten Zeit zwischen 1620 und 1660 Schultheiß in Halle. Als wichtiger stadtherrlicher Beamter hatte er im Dienste (mindestens) zweier magdeburgischer Administratoren (Christian Wilhelm von Brandenburg und August von Sachsen) bedeutende Amtsgeschäfte auszuführen, u.a. Teile der Gerichtsbarkeit. Derartige Rechtsakte wurden (bis 1669) im Haus des Schultheißen verrichtet, vermutlich hier in der Brüderstraße. Auf diesen speziellen Zusammenhang könnte auch das (später über dem Eingang angebrachte) Wappen hindeuten. Mit Carol Andreas Hoffmann und Christian Bieck folgten im späten 17. Jahrhundert weitere bedeutende Amtsträger als Besitzer; später war das Haus Wohnhaus und Gaststätte: 1863 „Schlüters Kaffeehaus“, ab 1876 „Restauration zum Markgrafen“, ab 1976 „Halberstädter Bierstuben“, von 1998 bis 2007 „Marktwirtschaft“.
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