Wiederentdeckte Kirche! – Bedeutende Funde bei archäologischen Ausgrabungen

von 28. Mai 2020

Bei archäologischen Untersuchungen durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt [LDA] wurde der verschollene Standort der Kirche des Klosters Neuwerk identifiziert.

Im vergangenen Jahr wurden auf dem Gelände des Botanischen Gartens in Halle, unmittelbar gegenüber dem Rivehaus auf einer Fläche von 475 m² bedeutende Funde und Grabstätten entdeckt. Der freigelegte Teil gehörte ursprünglich zum Friedhof der Laurentiusgemeinde.
Noch umfangreicher, so das LDA ist die Grabungsfläche am Bauplatz des Herbariums. In diesem Bereich auf einer Fläche von 400 m² wurden bei den Untersuchungen Besiedlungsspuren bis in die späte Bronzezeit/frühe Eisenzeit entdeckt.

Auf dem Areal der wiederentdeckten Klosterkirche Neuwerk, in der Nordwest-Ecke des Grabungsabschnittes tauchten unter Abbruchschichten aus dem 16. Jahrhundert einzelne Steine eines Fundamentes eines großen Kirchenbaus auf. Sie konnten zweifelsfrei als die letzten verbliebenen Spuren der Kirche des Klosters Neuwerk identifiziert werden. Zur Beschreibung der Kirche selbst, die bislang nach ihrer Lage eher in der Nähe der Saale vermutet wurde, war bisher wenig bekannt. Nach einer Siegeldarstellung kann man von einer viertürmigen romanischen Kirche ausgehen, mit Portal und rundbogigen Fenstern. In Chroniken werden Kapellen und mehrere Altären beschrieben. Nach Einschätzung des Landesarchäologen Prof. Harald Meller kann von einer bedeutenden und wichtigen Kirche in dieser Zeit und Region sprechen.

Nach der historischen Bedeutung des Klosters Neuwerk, das bis zu seinem Niedergang in der Reformationszeit das mächtigste Kloster im Süden des Erzbistums Magdeburg war, wird durch das LDA die Wiederentdeckung des Kirchenstandortes als bauarchäologische Sensation von mehr als stadtgeschichtlicher Relevanz bewertet.

An den beiden Standorten wurden insgesamt 583 Befunde freigelegt und ca. 30.000 Funde geborgen, darunter Keramiken, Metallgegenstände, Brakteaten [dünne Metallmünzen] mit der Darstellung des Herzogs Bernhard von Sachsen-Wittenberg, um 1183-1212 bzw. ein Denar [Münznominal] aus der Markgrafschaft Brandenburg, um 1365-1368. Außerdem wurden mehrere Grabstätten freigelegt mit 117 Bestattungen von Männern, Frauen und Kindern. Beigelegt waren Eisenobjekte, Münzen und ein zusammengefaltetes Bleitäfelchen mit Inschrift. Die Bestattungen erfolgten in Nadelholzsärgen oder mit einfachen Leichentüchern, so Grabungsleiter Dirk Blaschta M.A. vom LDA.

Eine abschließende Bewertung der archäologischen Ausgrabungen und der Befunde wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.