„Mit Leichtigkeit Kind sein“

von 1. August 2012

Kann die heutige junge Generation noch „Mit Leichtigkeit Kind sein“?Einfach mal eine entspannte Erholungspause während eines Arbeitstages oder ausspannen von der Alltagshektik, das ist nicht nur ein Bedürfnis von uns Erwachsenen. Auch die achtjährige Yara wünscht sich oft eine erholsame Pause und erstmal Ruhe nach einem anstrengenden Schultag, um wieder Energie zu tanken. Hat sie diese Möglichkeit nicht, ist sie unruhig und nervös, kann sich in der Schule kaum konzentrieren oder hat häufiger Bauchschmerzen. Kinder brauchen ausreichend Ruhe, Erholungs- und Rückzugsmöglich-keiten, um einen Ausgleich zu haben, ihren natürlichen Schutz wieder zu finden und ihre Kräfte neu zu mobilisieren. Die Kinder in der Kita Angersdorf und im Hort „Weingärten“ Halle erleben seit November 2011 einmal wöchentlich, wie es sich anfühlt, mit geschlossenen Augen und ganz in Gedanken versunken plötzlich auf einem Zauberteppich durch die Lüfte zu fliegen, an einem weichen Sandstrand zu liegen oder ein Feenland zu besuchen und dabei zu entspannen. Mit Phantasiereisen üben sie sich in ihrer Vorstellungskraft, horchen in sich hinein, gewinnen an Stärke und Selbstsicherheit. Auch mit anderen gezielten Übungen entdecken die Kinder die positiven Qualitäten von Stille und werden sensibilisiert für alle Sinneseindrücke, die im Trubel des Alltags häufig untergehen. Sie lernen loszulassen, abzuschalten und mal ganz in Ruhe nur bei sich zu sein. Der Wechsel zwischen toben, und behutsam innehalten trägt wesentlich dazu bei, dass die Kinder Aktivität und Ruhe bewusster wahrnehmen. Langfristig verfügen sie damit über mehr Selbstkontrolle und eine bessere Balance zwischen Bewegung und Entspannung. Der Entspannungskurs für Kinder wird von Dr. Kati Dürrenfeld, Diplomsportlehrerin und Leiterin des Instituts Dr. Dürrenfeld durchgeführt und ist nur ein Teil der vielfältigen Aktivitäten, welche auch im Rahmen des Projektes „Mit Leichtigkeit Kind sein“ angeboten werden. Das Projekt wird in Kooperation u.a. mit dem Kultusministerium Sachsen-Anhalt, der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg, dem Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. sowie zahlreichen Akteuren des Gesundheitssektors initiiert. Ab Januar 2013 soll es zunächst in Kitas, Horten und Schulen der Region Halle umgesetzt werden. Mit dem Projekt werden alle interessierten Einrichtungen dabei unterstützt, Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer gesunden Einrichtung zu erkennen und gezielt zu gestalten. Über-greifendes Ziel ist die nachhaltige Förderung der psychischen Gesundheit, Steigerung der Stressresistenz und Bewältigungsressourcen unserer Kinder einerseits, und die der Erzieher, Lehrer und Eltern andererseits. Im Fokus stehen dabei im Sinne einer salutogenetischen Perspektive vor allem die Stärkung von Entwicklungsressourcen, Kompetenzorientierung und Befähigung zur Selbstbestimmung und Selbständigkeit. Hintergrund der Projektidee ist die Sorge um die gesundheitliche Verfassung unserer Kinder, vor allem das seelische Befinden betreffend. Diese Thematik ist in den letzten Jahren  immer mehr zum öffentlichen Thema geworden. „Ob der Philipp heute still wohl bei Tische sitzen will?“, so heißt es schon in der Geschichte vom Zappelphilipp. „Er gaukelt und schaukelt, er rappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her.“, eine Situation, die auch bei unseren Kindern heute immer häufiger zu beobachten ist. Die Unbeschwertheit, die natürliche Fähigkeit zur Ruhe und Besinnung und das Vertrauen auf die eigenen Kräfte als Teil des Kindseins, scheinen heute nicht mehr unbedingt selbstverständlich zu sein. Der Alltag unserer Kinder ist häufig geprägt von Reizüberflutung, ständigen Aktivitäten und immer weniger Ruhe- und Erholungsphasen. Auch wenn der überwiegende Teil unserer Kinder noch sorgenfrei und gesund aufwächst, so zeigen laut des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (2007) des Robert-Koch-Instituts bereits 21,9% aller Kinder psychische Auffälligkeiten. Vor allem sozial benachteiligte Kinder weisen zunehmend Un-ruhe und Aufmerksamkeitsstörungen, Symptome von Angst oder depressiven Verstim-mungen, aggressives Verhalten und auch psychosomatische Beschwerden auf. Die Tendenz ist nach Aussagen von Experten weiter steigend. Wir alle d.h. in erster Linie Eltern und Familie, aber auch die Gesellschaft, Politik sowie die Erziehungs- und Bildungseinsrichtungen müssen diese Thematik aufgreifen und sind in der Verantwortung, unsere Kinder in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützten. Denn seelisch gesund zu sein, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine unbeschwerte und ungestörte Kinderentwicklung. Dahingehend besteht nach wie vor Bedarf an gezielten Lösungen und Handlungsansätzen zur Prävention psychischer Beeinträchtigungen sowie für eine nachhaltige Förderung von Ressourcen und Fähigkeiten, die eine psychisch stabile und souveräne Lebensführung unserer Kinder gewährleisten.  Dieses Anliegen hat sich das ’Institut Dr. Dürrenfeld – Gesundheit aktiv erleben’ zum Ziel gemacht und bietet mit dem Projekt „Mit Leichtigkeit Kind sein“ ein ein umfassendes Konzept mit vielfältigen Angeboten und Maßnahmen. Neben den bereits erwähnten Kinder-kursen sind themenspezifische Fortbildungen für Erzieher und Lehrer weitere zentrale Schwerpunkte des Projektes. Diese thematisieren u.a. den Zusammenhang zwischen Stressentstehung und Gesundheit und vermitteln Strategien und Übungen, die mit nur wenig Aufwand vor allem im Unterrichtsalltag aber auch im privaten Alltag zur Vorbeugung und Bewältigung von Stress und Krisen eingesetzt werden können. Erste Veranstaltungen dazu fanden im April 2012 in der Lessinggrundschule und der Perver Grundschule Salzwedel statt. Das positive Feedback seitens der LehrerInnen zeigt, dass die Veranstaltungen wesentlich dazu beigetragen konnten, die Motivation und Begeisterung dafür zu wecken, Techniken und Übungen zu Entspannung und Ausgleich in den Schul-alltag zu integrieren. Laut der LehrerInnen, die gezielte Übungen nun im Unterricht einsetzen, sind bereits erste Erfolge deutlich spürbar.    Fachgerechte Prozessbegleitung und Beratung durch das Team des Instituts Dr. Dürrenfeld, eine aktive Einbindung der Eltern und eine systematische Erfolgskontrolle sind ebenso Inhalt des Projektes und sichert entscheidend die Nachhaltigkeit. Umfassende Handreichungen für Lehrer und Erzieher sowie abgeleitete Handlungsstrategien ermög-lichen eine langfristige und weiterführende Umsetzung in den Projekt- und auch anderen Einrichtungen. Das Projekt „Mit Leichtigkeit Kind sein“ leistet mit seinen umfassenden Angeboten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Förderung der psychischen Gesundheit unserer Kinder, Pädagogen und Eltern. Darüber hinaus sichert es langfristig die Erziehungs- und Bildungsqualität und trägt somit entscheidend zur Förderung einer leistungsfähigen, gebildeten und psychisch stabilen Gesellschaft bei, die unsere Wirtschaftkraft von morgen stärkt.