Kulturelle Identität im Zeitalter der Globalisierung

von 8. März 2011

Am 11. März um 19.30 Uhr findet im Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen das Forum „Kulturelle Identität im Zeitalter der Globalisierung – Nostalgie oder Fundament?“ statt.

Der angesehene Philosoph Prof. Johannes Heinrichs wird als Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Vereins Deutsche Sprache e.V. (VDS) im Impulsreferat seine Gedanken zur kulturellen Identität erläutern. Er denkt beispielsweise darüber nach, wie das Kulturproblem „Muttersprache und Weltsprache“ tiefer und auf breiterer Front angegangen werden könnte. Für ihn gibt es nicht nur ein Menschenrecht auf Muttersprache, sondern ein „jus culturae“, ein territoriales Recht der gewachsenen sprachlichen Kulturgemeinschaften. Anschließend möchte Prof. Heinrichs mit den Gästen über Thesen zur kulturellen Identität in unserer modernen Gesellschaft diskutieren. Moderiert wird die Veranstaltung von Robert Stephan, Inhaber der Galerie KunstLandschaft in Halle (Saale) und Mitglied im VDS. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei.

Für Prof. Heinrichs ist die Erhaltung und kreative Weiterentwicklung der deutschen Sprache das größte und wichtigste nationale Kulturprojekt Deutschlands. Er vertritt die These, dass sie das kostbarste Kulturgut, das Medium des Zusammenhalts einer Nation und ihrer Identität ist. „Bei der Aufgabe der Sprachpflege für unsere Muttersprache – wie für alle gewachsenen Muttersprachen – handelt es sich nicht um eine fachphilologische Aufgabe im Sinne der Pflege eines Denkmals, sondern um eine ausgesprochen sprachpolitische Aufgabe, um den erstrangigen Teil aller Kulturpolitik“, so Prof. Heinrichs. Die gemeinsame Sprache transportiert für ihn den Geist der geschichtlichen Zusammengehörigkeit aller Deutschen. Dabei ist die berechtigte Abwehr unnötiger modischer Wortanleihen nur die Arbeit an den Symptomen. Auf dieser Grundlage ergründete Prof. Heinrichs die kulturellen und kulturpolitischen Ursachen für die sprachliche Hörigkeit und entwickelte daraus Leitlinien der kulturellen Identität.

Prof. Heinrichs wurde 1942 geboren und trat 1962 in den Jesuitenorden ein. Schon als Student, der Philosophievorlesungen in Latein hörte, fragte er sich, ob man in einer fremden Sprache tatsächlich lebendig philosophieren könne. Im Ergebnis dieser Überlegungen reifte die Erkenntnis, dass echtes und kreatives Denken nur in der Muttersprache möglich ist. Zwischen Philosophie- und Theologieausbildung promovierte Heinrichs an der Universität Bonn. Im Nebenfach studierte er Sprachpsychologie und Neue Deutsche Literatur. Um der Freiheit des Denkens willen verließ er 1978 den Orden, worauf ihm die Tore zu deutschen Universitäten versperrt blieben, er nur gastweise Professuren wahrnehmen konnte und unter Pseudonym veröffentlichte. 1998 erhielt er als Nachfolge des DDR-Dissidenten Rudolf Bahro bis 2003 eine Gastprofessur für Sozialökologie an der Humboldt-Universität. Heute arbeitet Prof. Heinrichs als freier Schriftsteller.