Rezeption von Videospielen: Können Games auch Kulturgut sein?

von 1. November 2017

Intermediale Bezüge zur Literatur und zum Film

Filme, Musik, Literatur – viele Medien, aus denen Videospiele ihren Stoff beziehen, werden seit Langem in den Feuilletons der deutschen Zeitungen besprochen. Von Videospielen hingegen liest man selten bis gar nicht. Dabei sind die Stoffe oftmals die gleichen: Werden die Verfilmungen von Tolkiens Herr der Ringe lang und breit in den Zeitungen besprochen, fällt zu Spielen wie „Der Herr der Ringe Online“ kaum ein Wort jenseits der Fachpresse. Doch dieser Umstand scheint sich allmählich zu ändern: Auf dem diesjährigen Internationalen Literaturfestival Berlin wurde unter dem Titel „Der Weg des digitalen Spiels ins Feuilleton – Literarisches Quartett“ über die Relevanz von Games für das Feuilleton diskutiert. Im Blickpunkt standen die intermedialen Bezüge und die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Adaption von Literatur in digitale Spielewelten.

Stiftungen, Preise und Museen: Videospiele auf dem Weg zum Kulturgut

Darüber hinaus gibt es in jüngster Vergangenheit noch weitere Anzeichen einer Trendwende: Medial am präsentesten war die Eröffnung der Gamescom 2017 in Köln durch Angela Merkel: „Das brauchen wir, das fördern wir“, zitiert Zeit Online sie. Wie solche Förderungen im Einzelnen aussehen sollen, wurde hingegen offen gelassen. In der Vergangenheit gab es zumindest erste Ansätze: So existiert bereits seit 2012 die Stiftung „Digitale Spielekultur“, die sich unter anderem für die kulturellen Möglichkeiten von digitalen Spielen einsetzt. Seit 2013 betreibt die Stiftung etwa das Awardbüro des Deutschen Computerspielpreises. Zudem wurden seit 2017 Mittel vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages bereitgestellt, um in Kooperation mit der Stiftung die weltgrößte Sammlung von Computer- und Videospielen in Berlin zu realisieren: „Der Deutsche Bundestag unterstreicht mit seiner Unterstützung die große Bedeutung der Bewahrung dieses kulturellen Erbes auch mit Blick auf den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stiftung „Digitale Spielekultur“. Darüber hinaus hat sich in Berlin seit einigen Jahren auch das Computerspielmuseum als regelrechter Publikumsmagnet entwickelt. Dort wird die Geschichte des Mediums vermittelt. Besucher können sogar selbst zum Controller greifen und vergangene Videospielepochen erleben.

Spielekultur abseits des Mainstreams auch aus Halle

Berlin avanciert damit immer mehr zum Zentrum der deutschen Videospielekultur. Doch auch in Halle wird abseits des Mainstreams digitales Kulturgut produziert: Die junge und innovative Spieleschmiede „Rat King Entertainment“ von Jana Reinhardt und Friedrich Hanisch entwickelt seit 2011 eher ungewöhnliche Spiele, die stark auf Design und Atmosphäre setzen. Auf der Gamescom 2017 waren die Entwickler mit ihrer neuesten Kreation „Behind Stars and Under Hills“ vertreten. Das Spiel befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium, doch schon der Teaser lässt eine innovative Mischung aus Dungeon-Crawler und Adventuregame erahnen. 2015 konnte Rat King Entertainment sogar den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie Bestes Jugendspiel gewinnen. Es bleibt spannend, ob die jungen Independent-Entwickler aus Halle auch mit „Behind Stars and Under Hills“ so erfolgreich sein werden. Sicher ist: Schon jetzt stehen Jana Reinhardt und Friedrich Hanisch für innovative Videospielkultur aus Halle.