GEW-Kritik: zu alte Lehrer, zu viel Unterrichtsausfall

von 15. März 2012

 Dramatische Zahlen hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW präsentiert. Demnach wurden im vergangenen Schuljahr in Sachsen-Anhalt eine Million Schulstunden und damit jede zehnte Unterrichtsstunde nicht planmäßig erteilt. Mit 7 Prozent am wenigsten betroffen sind die Grundschulen, während an Gesamtschulen und Förderschulen 12% ausfallen oder Vertretungsunterrichtung erteilt werden muss.  „Die von Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit immer wieder eingeforderte Qualität schulischer Bildung in Sachsen-Anhalt ist durch den zunehmenden Unterrichtsausfall in allen Schulformen gefährdet“, erklärte der Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft, Thomas Lippmann. Zum Problem wird aber auch die Überalterung. Gerade einmal 1.102 Pädagogen sind jünger als 40 Jahre. 14.416 Lehrer sind dagegen zwischen 40 und 64. Noch bis zum Schuljahr 1998 habe es laut GEW es eine ausgewogene Altersverteilung zwischen den unter 45jährigen und den über 45jährigen Lehrkräften gegeben. In den letzten 13 Jahren habe sich diese Altersverteilung dramatisch geändert.  Je älter die Lehrer, desto größer ist die Gefahr krankheitsbedingter Ausfälle. Allein der Anteil langzeiterkrankter Lehrkräfte habe sich in den letzten sieben Jahren mehr als verdoppelt. Die Gewerkschaft erwartet eine weitere dramatische Zuspitzung und fordert deshalb deutlich mehr Neueinstellungen.  „Es ist bereits fünf nach zwölf. Die Versäumnisse der letzten Jahre werden nicht mehr vollständig auszubügeln sein“, sagte Matthias Höhn, Landesvorsitzender der Linken. Er fordert angesichts der GEW-Zahlen von der Landesregierung klare Aussagen, welche Auswirkungen die vorgesehene Entwicklung der Personalzahlen im Personalentwicklungskonzept auf das Schulnetz, die Unterrichtsversorgung, die Qualität und den Umfang der Bildungsangebote haben wird und welche „bearfsmindernden Maßnahmen“ sie plant. Daneben soll die Kapazität der Staatlichen Seminare erhöht werden. Auch sollen die Einstellungsmöglichkeiten erweitert werden. „Es darf nicht mehr hingenommen werden, dass gut ausgebildete junge Lehrkräfte dem Land den Rücken kehren, weil sie hier an den Schulen keine Arbeit finden“, so Höhn.  „Es gibt einfach nicht genügend Personalreserven. Mit ihrem Personalkonzept spart die Landesregierung die Schulen kaputt. Hier wird auf Kante genäht“,  erklärte die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion Claudia Dalbert. Mit Blick auf den weiteren geplanten Stellenabbau im Personalentwicklungskonzept sagte Dalbert: „Ich weiß nicht, wie das gerade bei den Schulen funktionieren soll. Viele Lehrerinnen und Lehrer gehen wegen der großen Belastung lieber früher in Rente, und wenn da niemand nachrückt, kommt es zu dem beanstandeten Unterrichtsausfall“, so Dalbert.  Sachsen-Anhalts Kultusministerium mildert die Zahlen dagegen ab. Von insgesamt knapp 11,3 Millionen Unterrichtsstunden seien im Schuljahr 2010/11 etwa 202.000 Stunden ausgefallen. „Sicherlich ist der Ausfall durch Erkrankung von Lehrern dabei der größte Posten, aber wir konnten durch Vertretungen in den meisten Fällen den Unterricht sicherstellen“, so Kultusstaatssekretär Dr. Jan Hofmann. „Trotzdem ist ein Unterrichtsausfall nicht immer vermeidbar, vor allem, wenn der Vertretungsfall kurzfristig und überraschend eintritt. Wirklich wichtig ist, dass möglichst wenige dieser Stunden ausfallen.“ Hofmann sieht Sachsen-Anhalt dabei gut aufgestellt. „Mit der Quote von 1,8 Prozent liegt Sachsen-Anhalt beim Unterrichtsausfall auf einem sehr niedrigen Niveau“, so Hofmann weiter. Ein Grund dafür sei  die überdurchschnittlich gute Unterrichtsversorgung von 105,2 Prozent an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen. Damit könne in den meisten Fällen eine Vertretung sichergestellt werden. Auch den Vorwurf, sich nicht um die Gesundheit der Pädagogen zu kümmern, weist das Ministerium zurück. So lege man ein besonderes Augenmerk auf Präventionsmaßnahmen zur Gesunderhaltung und Lehrer. „Das Kultusministerium nimmt die gesundheitlichen Belastungen im Leh¬rerberuf sehr ernst und bietet verschiedene Maßnahmen zur Linderung dieser Belastungen an“, erklärt Kultusstaatssekretär Dr. Jan Hofmann. Dazu gehören die arbeitsmedizinische Betreuung genauso wie Fortbildungsseminare zu den Themen Gewalt an Schulen, Mobbing, Stress und Burn Out.