Mehr Wirtschaft an Sachsen-Anhalts Schulen

von 30. Dezember 2010

Mehr Lebenswirklichkeit im Schulunterricht, das ist eine Forderung, die die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau aufstellt. Die IHK hatte eine Studie zu “Wirtschaftswissen und Unternehmerbild in Schulen” erstellen lassen. Dazu wurden Lehrpläne und Schulbücher unter die Lupe genommen. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren seien zwar positive Ansätze erkennbar, doch Handlungsbedarf sei weiterhin gegeben, hieß es am Mittwoch im Rahmen der Vorstellung der Studienergebnisse. So werde zwar insgesamt ein positives Unternehmerbild gezeichnet, im Arbeits- und Verbraucherrecht jedoch eher kritisch.

“Wir müssen die ökonomische Bildung vor allem in den Sekundarschulen stärken”, erklärte IHK-Präsidentin Carola Schaar. Von dort werde schließlich der Nachwuchs rekrutiert. Sie stellte aber auch klar, dass man nicht mehr Zeit im Lehrplan wolle. “Die Stundenpläne sind ohnehin schon überfrachtet”, so Schaar. Stattdessen solle wirtschaftliches Wissen fachübergreifend vermittelt werden, auch zum Beispiel im Chemieunterricht. “Der Unterricht muss auf die Lebenswirklichkeit vorbereiten”, erklärte die IHK-Präsidentin. So sollten den Schülern auch Informationen über Aktien oder zu Versicherungs- und Bankgeschäften vermittelt werden.

Auch Schulbücher sollten, so Schaar, mehr auf die Realität Bezug nehmen. Sie plädierte dafür, jeweils die regionale Wirtschaftsstruktur abzubilden. So könnten die Schüler schon im Unterricht erfahren, was es für Unternehmen in der Region gibt. Denn vielfach würden die Jugendlichen nur die großen Player kennen, nicht aber die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Auch mit der Vielzahl der Berufe, der unzähligen Verzweigungen beispielsweise bei kaufmännischen Berufen, gebe es Probleme. Schaar sprach sich für eine Übersichtlichkeit der Berufsbilder aus.

Kritik übte Schaar daran, dass viele Jugendliche Regeln des sozialen Zusammenlebens nicht mehr pflegen. Der scheidende IHK-Geschäftsführer Peter Heimann sieht vor allem die Familie in der Pflicht. “Was in den ersten drei Jahren falsch gemacht wird, lässt sich in keiner Schule reparieren.”

Wichtig ist es für die IHK aber auch, dass sich Lehrer mehr mit der Wirtschaft beschäftigen. Dazu stiftet sich mit anderen gewerblichen Kammern in Sachsen-Anhalt die Professur „Wirtschaft und ihre Didaktik“ an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die ab Herbst 2011 ihre Arbeit aufnehmen sollen. Ziel ist es, den Absolventen konkretes Wissen über Wirtschaftsstrukturen und wirtschaftliches Handeln beizubringen. Dieses sollen sie nicht nur an Schüler, sondern auch an Lehrerkollegen weitergeben. Denn laut IHK-Chef Heimann kenne der deutsche Bildungsbürger nur eine schöne gute Welt und keine wirtschaftliche Realität.