Japan, Atomkraft und Sachsen-Anhalts Parteien

von 14. März 2011

Die Ereignisse in Japan beschäftigen auch die Menschen und die Parteien in Sachsen-Anhalt. Am Montagabend gibt es um 18 Uhr auf dem Marktplatz in Halle (Saale) eine Anti-Atom-Mahnwache mit dem Titel "Fukushima ist überall – Atomausstieg jetzt!"

„Angesichts der tragischen Ereignisse in Japan gilt unser tiefes Mitgefühl den Betroffenen. Die sich abzeichnende atomare Katastrophe ist eine schreckliche Bedrohung für die Menschen in Japan, und angesichts der furchtbaren Folgen der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki ein erneutes Warnzeichen, das nicht übersehen werden darf. Die möglichen Folgen treffen nicht nur Japan selbst, sie bergen für viele weit über die japanischen Grenzen hinaus enorme Gefahren in sich, wie es auch die Katastrophe von Tschernobyl bewiesen hat“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Wulf Gallert. Deshalb könne es nur eine Konsequenz geben: „den schnellstmöglichen Atomausstieg. Es gibt keine sichere Atomenergie, Naturkatastrophen oder auch andere Ereignisse können im schlimmsten Fall immer wieder zu solchen Bedrohungen für die Menschen führen.“ Der Atomkompromiss zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken solle umgehend aufgekündigt werden, „alles andere wäre völlig unverantwortlich. Es geht jetzt um realistische Szenarien, den Betrieb der Atomkraftwerke schnell und sicher zu seinem Ende zu führen, und nicht um die Gewinnmaximierung für die großen Energiekonzerne.“ Gallert verweist auf einen Energieplan, den die Linken für das Land vorgelegt hätten, „die Nutzung von Atomenergie wird dort ohne Wenn und Aber abgelehnt, und das wird auch künftig so bleiben. All diejenigen, die in Deutschland an der Nutzung der Kernenergie festhalten, und das sind namentlich die CDU und die FDP, betreiben eine völlig verantwortungslose Politik – sie gehören abgewählt, und das bereits zur Landtagswahl am 20. März 2011. Da geht es nicht um Bundes- oder Landeskompetenzen, es geht um eine von atomaren Bedrohungen freie Zukunft, und für die zählt jede Stimme.“

Am Wochenende hat die SPD Sachsen-Anhalt gemeinsam mit dem Landesverband Erneuerbare Energien Sachsen-Anhalt und dem BUND Sachsen-Anhalt eine Erklärung verabschiedet, in der sie ihre Betroffenheit mit der dramatischen Naturkatastrophe in Japan zum Ausdruck bringen und den Opfern ihr Mitgefühl aussprechen.

Sie verwiesen in diesem Zusammenhang darauf, dass selbst in hochindustrialisierten Staaten mit höchstem Sicherheitsstandard keine vollkommene Sicherheit vor atomarer Gefährdung der Bevölkerung durch Atomkraftwerke gegeben sei. Atomare Katastrophen können in keinem Land ausgeschlossen werden, die Gefahr sei real. Daher müsse die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland rückgängig gemacht werden.

Die Unterzeichner fordern konkrete Maßnahmen einer neuen sachsen-anhaltischen Landesregierung. Dazu erklärt Katrin Budde, SPD-Landesvorsitzende: „Die neue Landesregierung muss erstens die Bundesregierung zur sofortigen konsequenten Überprüfung der Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke in Deutschland auffordern. Sie muss zweitens den geordneten Ausstieg aus der atomaren Energieversorgung gegenüber der Bundesregierung mit Nachdruck einfordern. Das ist im Sinne der meisten Menschen in unserem Land.“

Jens Bullerjahn, SPD-Spitzenkandidat, ergänzt: „Die neue Landesregierung muss alle Anstrengungen dafür unternehmen, den umweltverträglichen und nachhaltigen Umstieg auf Erneuerbare Energien zu vollziehen. Das ist die konkrete Alternative vom Atomstrom. Durch umweltfreundliche und risikolose Energie aus Erneuerbaren Energien wird atomarer Strom überflüssig.“

„Es sind schreckliche Bilder und Nachrichten, die uns aus Japan erreichen. Diese Katastrophe zeigt uns, dass der Mensch Natur und Technik niemals zu 100 Prozent beherrschen wird. Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei den Menschen in Japan, die Verwandte, Häuser, Hab und Gut verloren haben und die noch in Sorge um Vermisste und Verwundete sind“, erklärte der Spitzenkandidat der CDU Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff zu den aktuellen Entwicklungen in Japan. Gleichzeitig äußerte Haseloff sein Unverständnis über den Versuch einiger politischer Kräfte, die Opfer dieser schrecklichen Katastrophe für politische Zwecke zu instrumentalisieren. „Es ist unanständig, diese Katastrophe zu Wahlkampfzwecken zu missbrauchen. Stattdessen muss schnell eine sachliche, ernsthafte Diskussion zu den Konsequenzen in Deutschland geführt werden“, so Haseloff. Die Entscheidung der Laufzeitverlängerung bei Atomkraftwerken gehört, unabhängig von den schnellen Sicherheitskontrollen, auf den Prüfstand. Als Politiker, so Haseloff weiter, „müssen wir ernst nehmen, dass die Menschen in Deutschland Zweifel an der Laufzeitverlängerung haben.“ Der Christdemokrat macht damit auch deutlich, dass er sich Korrekturen zur Verkürzung der Laufzeiten vorstellen kann.
Sachsen-Anhalt nehme bei diesem Thema eine besondere Rolle ein. Zum einen stehe in Sachsen-Anhalt kein Atomkraftwerk und es gebe keine Endlager. Zum anderen sei Sachsen-Anhalt Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Das Energiekonzept des Landes sehe vor, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf über 20 Prozent zur verdreifachen. Damit versuche Sachsen-Anhalt den Weg von der Brückentechnologie Atomkraft hin zu erneuerbaren Energien seit Jahren zu beschleunigen. Die Frage der Stetigkeit in der Energieversorgung sei aber noch immer problematisch. „Diese Katastrophe zeigt uns in Deutschland, dass wir mehr als bisher versuchen müssen, erneuerbare Energien zu fördern und Speichertechnik zu entwickeln. Darüber hinaus werden wir aber auf absehbare Zeit ohne Stromerzeugung aus Kohle nicht auskommen“, so Haseloff.

Die Junge Union Sachsen-Anhalt zeigte sich gegenüber den Opfern der schrecklichen Naturkatastrophe und deren Folgen in Japan tief betroffen. „Die Familien und Freunde der vielen Toten und Verwundeten haben unser aufrichtigstes Mitgefühl“, so der Landesvorsitzende Sven Schulze. „Die Beziehung zwischen Deutschland und Japan ist traditionell sehr eng und in diesem Jahr wird auch das offizielle 150-jährige Jubiläum dieser Partnerschaft gefeiert. Daher unterstützen wir ausdrücklich die Angebote der Bundesregierung zur unmittelbaren Hilfe nach dieser Katastrophe, deren Ausmaß momentan noch nicht wirklich überschaubar ist. Den parteipolitischen Missbrauch der Opfer, die teilweise noch dringend auf ihre Rettung bzw. Hilfe warten, durch gewisse politische Kräfte empfinden wir als zynisch und menschenverachtend. Bevor voreilig Rückschlüsse und Konsequenzen für Deutschland gefordert werden, gilt es zuerst den Betroffenen zu helfen und dann die Hintergründe gründlich zu erforschen und erst dann entsprechende politische Entscheidungen zu treffen.“